Was beinhaltet das neue deutsche Staatsangehörigkeitsrecht?

Einbürgerung in Deutschland
AA / HaberTürk, DW

Das neue deutsche Staatsangehörigkeitsrecht wurde im Bundestag verabschiedet. Wir haben die Änderungen des neuen Gesetzes, das voraussichtlich im April in Kraft tritt, zusammengestellt.

Der von der deutschen Regierungskoalition vorbereitete Gesetzentwurf zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts wurde am 19.01.24 im Bundestag verabschiedet. Das Gesetz soll den Übergang zur deutschen Staatsbürgerschaft erleichtern und die doppelte Staatsbürgerschaft grundsätzlich ermöglichen.

Andererseits soll die Einbürgerung für diejenigen erschwert werden, die ihren Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können oder sich nicht zu den freiheitlich-demokratischen Grundwerten Deutschlands bekennen.

Das neue deutsche Staatsangehörigkeitsrecht beinhaltet:

Einbürgerungsfrist

Ausländer, die seit langem in Deutschland leben und die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen wollen, müssen nicht mehr acht, sondern nur noch fünf Jahre in Deutschland gelebt haben. Für diejenigen, die sich durch einen „besonderen Integrationserfolg“ auszeichnen, kann diese Frist auf drei Jahre verkürzt werden.

Um als Integrationserfolg zu gelten, müssen Ausländer die deutsche Sprache gut beherrschen, sich ehrenamtlich zum Wohle der Gemeinschaft engagieren oder herausragende Leistungen in der Schule oder im Beruf vorweisen.

Doppelte Staatsbürgerschaft

Bisher galt, von einigen Ausnahmen abgesehen, die Regel, dass jemand, der die deutsche Staatsangehörigkeit erwarb, seine frühere Staatsangehörigkeit aufgeben musste. Mit dem neuen Gesetz wird es grundsätzlich möglich, mehr als eine Staatsangehörigkeit zu besitzen.

In einem Satz des Gesetzentwurfs wird betont, dass viele Zuwanderer ihre frühere Staatsangehörigkeit nicht aufgeben können, weil sie oder ihre Familie emotional mit ihrem Herkunftsland verbunden sind.

Staatsangehörigkeit von Kinder

In Deutschland geborene Kinder von Ausländern werden künftig ohne weitere Voraussetzungen deutsche Staatsbürger, wenn mindestens ein Elternteil seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland lebt. In der bisherigen Fassung des Gesetzes musste mindestens ein Elternteil seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben.

Mit der Neufassung des Gesetzes wird sichergestellt, dass in Deutschland geborene und eingebürgerte Kinder grundsätzlich auch die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern unbefristet erhalten.

Treue zur Verfassung der Bundesrepublik Deutschland

Der Grundsatz der Verfassungstreue, der bisher von den Eingebürgerten verlangt wurde, wird in der neuen Fassung des Gesetzes weiter präzisiert. In diesem Zusammenhang wird betont, dass „antisemitische, rassistische, geschlechts- oder sexualfeindliche Einstellungen und menschenverachtendes Verhalten“ mit dem die Menschenwürde garantierenden Artikel des Grundgesetzes unvereinbar sind.

Der Schutz des jüdischen Lebens

Im Zuge der israelfeindlichen und antisemitischen Demonstrationen in Deutschland nach dem Hamas-Anschlag auf Israel wurde ein neuer Artikel in den Gesetzestext aufgenommen. Darin heißt es, dass diejenigen, die die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben wollen, sich „zu der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands für den Schutz jüdischen Lebens, insbesondere aufgrund der nationalsozialistischen Unrechtsherrschaft und ihrer Folgen“ bekennen müssen.

Mit Blick auf die russische Aggression gegen die Ukraine wird zudem das „Verbot der Führung eines Angriffskrieges“ betont, und wer sich dem widersetzt, kann nicht die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen.

Sprachkenntnisse nach dem neuen deutschen Staatsangehörigkeitsrecht

Bei der Einbürgerung sind in der Neufassung des Gesetzes auch besondere Erleichterungen für „Gastarbeiter“ und deren Angehörige vorgesehen, die schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben. So werden ältere Zuwanderer, die die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wollen, nicht auf ihre Deutschkenntnisse geprüft.

Diese Personen werden auch vom Einbürgerungstest befreit. Ziel ist es, die lebenslangen Bemühungen älterer Migranten für Deutschland zu würdigen.

Verpflichtung zum Lebensunterhalt

Die Neufassung des Staatsangehörigkeitsgesetzes sieht vor, dass diejenigen, die die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wollen, grundsätzlich für sich und ihre unterhaltsberechtigten Familienangehörigen sorgen müssen. Ausgenommen von dieser Verpflichtung sind diejenigen, die vor 1974 als „Gastarbeiter“ nach Westdeutschland gekommen sind, sowie Vertragsarbeiter, die aus dem Ausland nach Ostdeutschland gekommen sind.

Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit

Auch die bisherige Fassung des Staatsangehörigkeitsgesetzes sah in § 35 vor, dass die durch Täuschung oder falsche Angaben erworbene deutsche Staatsangehörigkeit innerhalb von 10 Jahren entzogen werden konnte. Der neue Text sieht die Rücknahme der Staatsangehörigkeit auch für den Fall vor, dass Bekenntnisse zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht eingehalten werden.

Öffentlichen Einbürgerungszeremonie

Das neue Gesetz sieht auch vor, dass der Person, der die deutsche Staatsangehörigkeit verliehen wurde, die entsprechende Urkunde in einer öffentlichen Zeremonie überreicht werden muss.

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums leben in Deutschland rund 12 Millionen Ausländerinnen und Ausländer. Davon leben etwa 5,3 Millionen seit mindestens zehn Jahren in Deutschland. Die Neufassung des Gesetzes soll im April in Kraft treten.