Wahlen in der Türkei: Mehr als nur ein Regierungswechsel

Kandidaten Türkei-Wahl
Hurriyet / DHA

Bei den Türkei-Wahlen wird am 14. Mai 2023 ein neues Parlament und ein neuer Präsident gewählt. Die Stimmabgabe im Ausland hat am 27. April begonnen. Alle Informationen sind hier zu finden.

Nach 20 Jahren an der Macht ist der amtierende Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, nicht der klare Favorit. Laut Medienberichten liegt sein Wahlbündnis in verschiedenen Umfragen hinter der Opposition.

Präsident Erdoğan regiert die Türkei seit mehr als 20 Jahren. Zum ersten Mal geht er nicht als Favorit in die Wahl.

Wer sind seine Rivalen, wie sieht das politische System der Türkei aus, welche Wahlbündnisse gibt es, wie viele Menschen sind wahlberechtigt und wie viele Stimmen braucht der Wahlsieger?

Das politische System der Türkei

Die Türkische Republik wurde laut Verfassung 1923 als parlamentarische Demokratie gegründet. Erdoğans Regierungspartei AKP hat 2017 mit Unterstützung der MHP die Verfassung geändert.

Mit den Wahlen 2018 führten sie das Präsidialsystem ein. Seitdem ist der Präsident Staatsoberhaupt des Landes und Regierungschef zu gleich. Das Amt des Premierministers wurde abgeschafft.

Der Präsident wird direkt vom Volk für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt und verfügt nach dem neuen System über weitreichende Befugnisse. Er ernennt und entlässt Minister und hohe Beamte nach seinem Ermessen und leitet das Kabinett.

Die vom Präsidenten ernannten Minister können ihrerseits die Gouverneure und die Vertreter des Staates in den Provinzen und in den Verwaltungsbezirken ernennen.

Das türkische Staatsoberhaupt ist auch befugt, Präsidialdekrete zu erlassen und Posten in der Justiz und in einigen Ressorts wie Finanzen, Bildung und Geheimdienst zu besetzen.

Die Kandidaten der Türkei-Wahl für das Präsidentenamt

Bei den Präsidentschaftswahlen stehen vier Kandidaten zur Wahl. Sie sind:

Kemal Kılıçdaroğlu (74)

Muharrem Ince (58)

Recep Tayyip Erdoğan (69)

Sinan Ogan (55)

Der amtierende Präsident Erdoğan und sein wichtigster Herausforderer Kemal Kılıçdaroğlu, der Kandidat des größten Oppositionsbündnisses, liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Viele Umfragen sehen Kılıçdaroğlu in Führung.

Die Zustimmungswerte der beiden anderen Kandidaten schwanken zwischen 2 und 6 Prozent. Ihre Kandidaturen dürften eher dazu führen, dass die Präsidentschaft erst in einer Stichwahl entschieden wird.

Muharrem Ince war Erdoğans Herausforderer bei der letzten Wahl im Jahr 2018. Sinan Ogan ist Kandidat eines Rechtsaußenbündnisses und ehemaliges Mitglied der ultranationalistischen Partei MHP.

Türkei-Wahl 2023: Die Bündnisse

Bündnis „Volksallianz“: Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP), Milliyetçi Hareket Partisi (MHP), Büyük Birlik Partisi (BBP), Yeniden Refah Partisi (YRP)

Bündnis „Sechser-Gruppe“: Cumhuriyet Halk Partisi (CHP), İyi Parti (İyi), Demokrasi ve Atılım Partisi (Deva), Gelecek Partisi (GP), Demokrat Parti (DP), Saadet Partisi (SP)

Wie viele Menschen sind wahlberechtigt in der Türkei?

Nach offiziellen Angaben sind bei den Wahlen am 14. Mai mehr als 64,1 Millionen Menschen wahlberechtigt. Davon leben mehr als 3,4 Millionen im Ausland. Damit ist die Auslandsbevölkerung die viertgrößte Gruppe nach den großen türkischen Metropolen Istanbul, Ankara und Izmir.

Die Stimmabgabe im Ausland hat am 27. April begonnen.

Bei den Wahlen im Jahr 2018 lag die Wahlbeteiligung in der Türkei selbst bei mehr als 86 %. Bei den Wählerinnen und Wähler im Ausland lag die Wahlbeteiligung bei rund 50 Prozent. Erdoğan wurde im ersten Wahlgang mit 53 % der Stimmen zum Präsidenten gewählt, sein Wahlbündnis erhielt knapp 54 % der in der Türkei abgegebenen gültigen Stimmen. Bei den ausländischen Wählerinnen und Wählern waren beide Parteien erfolgreicher und erreichten in dieser Gruppe einen Anteil von über 60 %.

Auch 167.000 Syrer sind nach Angaben der türkischen Wahlbehörde (Yüksek Seçim Kurulu) bei den bevorstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen wahlberechtigt. Gleiches gilt für 23.000 Menschen aus Afghanistan, 21.000 aus dem Iran, 16.000 aus dem Irak und 6.000 aus Libyen.

Mit Ausnahme der pro-kurdischen HDP treten alle politischen Parteien mit dem Wahlversprechen an, die Flüchtlinge so schnell wie möglich zurückzuschicken.

Wie viele Stimmen braucht der Wahlsieger?

Bei den türkischen Präsidentenwahlen am 14. Mai muss ein Kandidat im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen.

Ist dies nicht der Fall, kommt es zwei Wochen nach dem ersten Wahlgang zu einer Stichwahl zwischen den beiden stärksten Kandidaten.