Beleidigung des Türkentums

Aysun Kayaci, ein in der Türkei bekanntes Model, sorgte früher mit ihren unzähligen Affären mit Fußballern und Filmproduzenten für Schlagzeilen. Seit einigen Tagen hat sich das Blatt gewendet. Aysun Kayaci ist dieses Mal Diskussionsthema Nummer eins, weil sie sich mehrere Anzeigen wegen Volksverhetzung eingehandelt hat.

Die 29-Jährige bezeichnete in der NTV-Sendung "Haydi Gel Bizimle Ol", die sie mit drei weiteren Damen moderiert, AKP-Wähler als „Fußvolk“. Aus ihrer Abneigung gegen die regierende AKP und ihre Wähler machte die bekennende Kemalistin keinen Hehl. Sie äußerte in der Talkshow, dass 47 Prozent der türkischen Bevölkerung „Fußvolk“ seien. Das Fußvolk habe die AKP an die Macht gebracht. „Warum“, aber fragte Kayaci, „ist die Wählerstimme eines Hirten in den Bergen, der keine Steuern zahlt, genauso viel wert wie meine?“

Seit dieser verbalen Entgleisung hat sich das Model nicht nur Erdogans AKP zum Feind gemacht, sondern auch die Hirten, Bauern und Bürgervereine des Landes. Laut türkischen Pressemeldungen sollen gegen Aysun Kayaci mehrere Anzeigen wegen Verletzung der Verfassung, Beleidigung des Volkes, Beleidigung des Türkentums und Beleidigung des Hirtentums vorliegen.

Wegen Beleidigung des Türkentums muss sich außerdem die Moderatorin Müjde Ar verantworten. Sie hat Aysun Kayaci beigepflichtet und geäußert, dass die Bewohner der osttürkischen Stadt Adiyaman noch in Höhlen leben würden.

Beide Frauen werden nach Paragraf 301 des türkischen Strafgesetzbuches zur Verantwortung gezogen. Laut dem umstrittenen „Türkentum“-Paragrafen ist die Aufhetzung des Volkes zum Hass sowie die Beleidigung des Türkentums mit bis zu drei Jahren Haft strafbar.

Der Paragraf 301 ist seit knapp drei Jahren in Kraft. Mehr als 1000 Menschen wurden bereits wegen Beleidigung des Türkentums angeklagt. Zu den prominentesten Personen gehören Orhan Pamuk, Elif Safak, der getötete Journalist Hrant Dink und die Menschenrechtlerin Eren Keskin.

In der Slideshow sehen Sie Bilder von Aysun Kayaci.