Begleitschutz für Aysun Kayaci

Adriana Lima

Als Aysun Kayaci nur ein hübsches blondes Model mit ein paar nennenswerten Affären gewesen war, war ihre Welt noch in Ordnung. Hier eine Liaison mit einem Fußballspieler, da eine Affäre mit einem Filmproduzenten. Das brachte der 29-Jährigen viele Schlagzeilen ein. Seit sie sich als Co-Moderatorin einer Talkshow in politische Diskussionen einmischt, wird sie zwar immer noch mit Schlagzeilen bedacht. Der Wind, der ihr seither entgegenbläst, ist aber sehr scharf geworden.

Wie eine türkische Tageszeitung schreibt, traue sich Aysun Kayaci mittlerweile nur noch in Begleitung von Sicherheitsleuten vor die Tür.

Schuld an diesem Umstand ist ein verbaler Fehltritt. In der Talkshow "Haydi Gel Bizimle Ol" hatte die Blondine mit den stets geschürften Lippen geäußert, dass 47 Prozent der Türkei „Fußvolk“ seien. „Ayak Takimi“, wie es auf Türkisch schön spöttisch heißt. Dieses „Fußvolk“ habe es möglich gemacht, dass die konservativ-religiöse AKP an der Macht sei. „Warum“, fragte sie empört, „ist die Wählerstimme eines Hirten in den Bergen, der keine Steuern zahlt, genauso viel wert wie meine?“

Die landesweite Entrüstung über Aysun Kayaci ist seither sehr groß. Mehrere Hirten erstatteten Anzeigen wegen Beleidigung des Hirtentums. Politiker der AKP kritisierten sie aufs Schärfste und bezeichneten sie als „edepsiz“. Ein Bürgerverein erstattete sogar Anzeige wegen Volksverhetzung, weil Kayaci ihrer Co-Moderatorin Müjde Ar beipflichtete, dass die Bürger der Stadt Adiyaman in Höhlen leben würden. Beide Frauen haben türkischen Pressemitteilungen zufolge gegen den berüchtigten Paragrafen 301 des türkischen Strafgesetzbuches verstoßen. Laut diesem Paragrafen ist die Aufhetzung des Volkes zum Hass sowie die Beleidigung des Türkentums mit bis zu drei Jahren Haft strafbar.

Doch Aysun Kayaci könnte Glück im Unglück haben. Denn ausgerechnet der vom „Fußvolk“ gewählte Ministerpräsident Erdogan und seine AKP setzen sich für eine Modifizierung des von der europäischen Union kritisierten Paragrafen ein. Dem Reformentwurf zufolge solle ein Strafverfahren nur noch mit Erlaubnis des Staatspräsidenten eingeleitet werden dürfen. Ob der erste Mann im Staat einem Model für seine Meinungsäußerung den Prozess machen will, bleibt anzuzweifeln.

Verwandte Themen