Bülent Ersoy verteidigt sich

Eigentlich wäre es höchste Zeit, einen Rückzieher zu machen und von einem Missverständnis zu sprechen. Doch Bülent Ersoy, die seit ihrer Militarismuskritik eine persona non grata ist, denkt nicht daran. In einer am Mittwoch einberufenen Pressekonferenz äußerte die als launenhaft geltende Diva, dass sie zu ihren Worten stehe.

In der Castingshow „Popstar Alaturka“ hatte die berühmteste Transsexuelle der Türkei an einem Tabuthema gerührt wie kein anderer vor ihr. Dort sagte sie: „Wenn ich einen Sohn hätte, würde ich ihn nicht in den Krieg ziehen lassen.“

Die Anti-Kriegsäußerung von Bülent Ersoy platzt in eine Zeit rein, in der das ganze Land in Kriegslaune ist. Denn seit vergangener Woche machen türkische Soldaten im Nordirak Jagd auf Mitglieder der separatistischen Terrororganisation PKK. Bilder von weinenden Müttern gefallener Soldaten rühren die Menschen zu Tränen. Und Infanteristen in weißen Tarnanzügen, die im Schnee hocken und auf vermeintliche PKK-Mitglieder zielen, lassen jede türkische Brust vor Stolz schwellen.

Am Mittwoch äußerte Bülent Ersoy vor den zahlreich erschienenen Medienvertretern, dass sie sich als Künstlerin das Recht genommen habe, ihre Meinung frei zu äußern. Die Bilder von weinenden Müttern hätten sie berührt. „Ich habe eine Lösung gefordert und nicht den Tod. Wenn ich im Unrecht bin, soll man mich hängen“, so Bülent Ersoy weiter.

Für ihre umstrittene Äußerung muss Bülent Ersoy nun mit juristischen Konsequenzen rechnen. Ein Staatsanwalt hat gegen sie Anzeige wegen „Verunglimpfung des Militärs“ erstattet. Die Empörung im Land ist groß. Die Presse munkelt, dass Ersoy nun auch ihren Job als Jurorin in der Castingshow „Popstar Alaturka“ verlieren könne.

Doch an die Adresse derer gerichtet, die sie der Nestbeschmutzung bezichtigen, sagte die 1981 vom Militär wegen ihrer Geschlechtsoperation mit einem Bühnenverbot belegte Sängerin: „Damals hat mir ein europäischer Staat seine Staatsbürgerschaft angeboten. Aber ohne mit der Wimper zu zucken habe ich abgelehnt. Wie kann ich also eine Vaterlandsverräterin sein? Nie im Leben.“