Filmbesprechung von Cem Özdemir

Sommerliebe Sommer 1973: Als Strafe fürs schlechte Zeugnis soll Wildfang Esma (Ece Eksi) die Sommerferien bei der strengen Verwandtschaft auf dem Land verbringen.

Türkei/Ungarn 2001 Regie: Baris Pirhasan Darsteller: Luk Piyes, Lale Mansur, Ece Eksi, Ali Ökcelik, Ayla Algan u.a. Länge: 115 Min. O.m.d.U. Filmverleih: Concorde Kinostart: 20.12.2001 Die nostalgische Liebesgeschichte des Kunstfilmers Baris Pirhasan basiert auf einem Roman von Gül Dirican

Unter den strengen Augen ihrer Tante Rabia (Ayse Nil Samlioglu) soll sie Disziplin und Strebsamkeit erlernen. Dieser Alptraum eines jeden Kindes ist für Esma um so schlimmer, da sie am Beginn ihrer Pubertät steht. Tröstlich, dass sich "Tante" Saliha (Lale Mansur) als gute Freundin entpuppt. In ihr findet Esma eine Verbündete gegen Rabia und eine Vertraute, der sie ihre aufkeimenden Gefühle offenbaren kann.

Saliha wiederum ist in ihr Heimatdorf zurückgekehrt, um nach dem (angeblichen) Tode ihres Mannes ihren Anteil an den Ländereien zu verkaufen.Damit beschwört sie jedoch den Unmut der gesamten Verwandtschaft herauf, die im Verkauf von Land einen Verrat an Familie und Tradition sieht. Nur Hüseyin (Luk Piyes [Kanack Attack]), Sohn einer befreundeten alewitischen Familie scheint ihr wohlgesonnen, denn auch er möchte Land veräußern um sein Studium zu finanzieren.

Die Kleine Esma verliebt sich in den hübschen Hüseyin, nicht ahnend, dass er und Tante Saliha noch weitere Gemeinsamkeiten haben.

Der Zuschauer wird von zahlreichen Namen und Verwandschafts- und Freundschaftsverhältnissen, Interessen und Intrigen zunächst verwirrt. Auch sind gewisse Kenntnisse der türkischen Geschichte und Kultur sicher nicht von Nachtteil für das Verständnis des Filmes.

Dennoch ergibt sich ein insgesamt authentisches Bild, dass die im Spannungsverhältnis von Familien, Moderne und Alewitentum entstehenden Konflikte wiedergibt. Die alten patriarchalen Traditionen und die damit einhergehende mangelnde Kommunikationsfähigkeit führen die Involvierten schließlich in einen heftigen Konflikt. Doch auch nach dem großen "Knall" senkt sich wieder der Mantel des Schweigens, was Esma als falsch erkennt. Schließlich kontaktiert sie ihre Eltern und leitet damit ihre Rückkehr in die Großstadt und Ihren Aufbruch in die Welt der Erwachsenen ein.

Fast schon wie aus einem anderen Jahrhundert mutet die Story von Sommerliebe an. Und doch ist es so nah. Die Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit, wiederfahren der Roman Autorin Gül Dirican, welche die Vorlage zu diesem Film lieferte. Die Schauspieler hatten Kontakt zu den echten Figuren in der Geschichte und erhielten so Einblick in Realitäten, die Ihnen nicht fremd waren. So mancher Migrant wird sich und seine Familie wiederfinden in diesem Film und sich an den ein oder anderen Sommerurlaub erinnern, auch wenn er ohne Liebe gewesen sein sollte. Ein Stück weit Nostalgie für die Turkish Community. Das entschuldigt auch das fehlende verarbeiten der Problematik. Der Film begnügt sich damit, die Probleme aufzuzeigen. Er hat keinen Anspruch auf Aufklärung oder nach einem Fingerzeig. Aber gerade das macht ihn so sympathisch und sehenswert.

Cem Özdemir (meOme)