Fragen rund um das Opferfest

Wie sieht der Ritus der Opferung aus? Geopfert wird meist ein männliches Schaf, möglich sind aber auch Ziegen, Kühe, Kamele. In der Regel schlachtet der Familienvater das Tier für seine ganze Familie. Die Tiere müssen fehlerfrei sein. Die Opferungshandlung wird nach einem festgesetzten Ritus vollzogen. Dabei wird das Opfertier mit dem Kopf Richtung Mekka gelegt. Der Vater oder derjenige, der an seiner Stelle schlachtet, spricht verschiedene Gebetsformeln, zerschneidet dann die Halsschlagader des Tieres und lässt es ausbluten. Ein Drittel des Fleisches verzehrt der Vater mit seiner Familie, zwei Drittel werden verschenkt – meist an ärmere Leute in der Umgebung. Beim Schächten wird die Formel gesprochen: "Im Namen Gottes. Gott ist groß. Herr Gott, in deinem Namen, durch dich und für dich. Nimm es von mir an, wie du es von deinem Freund Abraham angenommen hast." Das Opferfest ist das "Fest Abrahams". Obwohl die Opfer auf vorislamische Bräuche während der Pilgerfahrt zurückgehen, verbindet die islamische Überlieferung sie mit Abraham, der im Tal Mina seinen Sohn Ismael auf Befehl Gottes zu opfern bereit gewesen sein soll. Gott habe dann Ismael anstelle eines anderen großen Schlachtopfers befreit. Der Engel Gabriel bringt als Ersatz für das Menschenopfer einen Hammel als Opfertier.

Welche Bedeutung verbinden Muslime mit dem Opfer? Im Koran wird betont, dass sich Abraham und sein Sohn "ergeben gezeigt" hätten (37, 103). Die Opferbereitschaft Abrahams und auch das Opfer der Muslime soll also Ausdruck der unbedingten Hingabe, des bedingungslosen Gehorsams des Menschen an Gott sein. Der Gläubige, der das Opfer vollzieht, stellt damit sein ganzes Leben Gott zur Verfügung. "Wenn einer die Opfertiere Gott hochhält, ist es ein Ausdruck der Frömmigkeit des Herzens." (Koran 22, 32)

Wollen Muslime durch die Opferung ihre Sünden reinwaschen? Denken Muslime bei ihrem Opfer auch daran, Gott damit gnädig zu stimmen? Kann man gar davon sprechen, dass das Opfertier stellvertretend für die Sünde des Menschen sterben muss? Gegen den Gedanken einer "Versöhnung" durch das Opfer spricht Sure 22,37, wo es von den Opfertieren heißt: "Weder ihr Fleisch noch ihr Blut erreicht Gott, aber Ihn erreicht eure Frömmigkeit". Im Opfer hofft der Muslim nicht etwa auf eine Stellvertretung für seine Sünden, sondern bringt symbolhaft Gott seine eigene Frömmigkeit dar. Der Gedanke, dass ein anderer stellvertretend für den Menschen die Strafe übernehmen und dadurch Versöhnung erwirken könne, wird im Koran und in der islamischen Überlieferung sehr hart abgelehnt (Sure 6,164). Sure 37, 107 spricht davon, dass der Sohn Abrahams mit einem Schlachtopfer "ausgelöst" wurde. Ein Tier starb an seiner Statt. Opfer werden von vielen Muslimen auch nicht nur anläßlich des Opferfestes gebracht. Im Volksislam haben Tieropfer ihren Platz auch z.B. bei Hochzeiten oder Begräbnissen, zur Besiegelung der Versöhnung zwischen Menschen und als Schutz vor bösen Geistern. Vielfach spielt dabei doch der Gedanke mit, dass Tieropfer ein Mittel zur Reinigung von Schuld sein könnten.

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