Die Türkei trauert um Sakip Sabanci

Sakip Sabanci

Am 10. April ist der 71-jährige Wirtschaftstycoon Sakip Sabanci an den Folgen eines Nierentumors gestorben. Der Tod des extravaganten türkischen Grossunternehmers und Wohltäters hat die Türkei in tiefe Trauer gestürzt. Tausende von Menschen versuchten zur berühmten Istanbuler Fatih-Moschee vorzustossen, um mit ihrer Präsenz bei der Beerdigungszeremonie Sabanci zu würdigen, der für viele längst zu einem Symbol geworden war. Mitglieder der gemässigten islamistischen Regierung standen in der Moschee Seite an Seite mit der Führung der Armee, Studenten, Hochschulprofessoren und Arbeitern. Die meisten Fernsehanstalten änderten ihre Programme, um Live-Bilder über die Trauerzeremonie zu zeigen.

Immenses Imperium aufgebaut Sabanci habe bei der industriellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Türkei eine wesentliche Rolle gespielt, sagte der türkische Präsident Sezer, und Ministerpräsident Erdogan erklärte: «Wir schulden ihm grossen Dank.» Bewegt erinnerte sich Aussenminister Gül, dass Sabanci ihn noch kurz vor seinem Tod aufgefordert habe, die Regierung möge ihre Zypern- und EU-Politik trotz dem Widerstand mächtiger Kreise unbeirrt fortsetzen.

Sabanci kam 1933 als Sohn eines Händlers in der zentralanatolischen Provinz Kayseri auf die Welt. 1967 machte er erstmals von sich reden, als er mit seinem Bruder zusammen die Haci Ömer Sabanci Holding gründete. Die Holding besteht mittlerweile aus 60 Firmen, die über 30 000 Personen beschäftigt und jährlich einen Umsatz von 5,2 Milliarden Dollar erzielt. Zu seinem Imperium – das unter anderem Firmen in der Automobil- und der Textilbranche, aber auch im Tourismusbereich umfasst – gehören Gemeinschaftsunternehmen mit ausländischen Firmen wie Toyota, Philip Morris und IBM. Mit einem Vermögen von 3,2 Milliarden Dollar war Sabanci nach der Liste des amerikanischen Wirtschaftsmagazins «Forbes» der reichste Mann der Türkei.

Ein passionierter Kunstsammler In der Hauptstadt Ankara hat sich Sabanci Sympathien erworben, weil er im Akzent seiner Heimat und mit dem für Anatolien bezeichnenden Sinn für Humor immer wieder an politischen Tabus zu rütteln und selbst Entscheidungen der mächtigen Armeeführung zu kritisieren wagte. So sprach er bereits Anfang der neunziger Jahre über die Kurdenfrage, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, und kritisierte 1997 die Einmischung der Generäle in die Politik. Dass er mittels seiner Vaksa-Stiftung landesweit über 100 Kulturzentren, Bildungsstätten und Spitäler unterhielt, machte ihn als Wohltäter äusserst beliebt. In der Metropole Istanbul wurde er vor allem als passionierter Kunstsammler und Mäzen populär. Seine reichhaltige Kollektion an Statuen und osmanischen Kalligraphien wurde auch für Aussenstehende zugänglich, als vor zwei Jahren die Familien-Villa am Bosporus in ein Museum umgewandelt wurde.

Neue Zürcher Zeitung