Türkische Armee wieder in den Schlagzeilen

Bei Ermittlungen gegen einen vermutlichen Erpresserring in der türkischen Armee ließ die Istanbuler Staatsanwaltschaft Anfang der Woche einen Marine-Stützpunkt in Gölcük durchsuchen.

Wieder hat die Staatsanwaltschaft bei Durchsuchung einer Armee-Einrichtung viele Hinweise auf Putschvorbereitungen gefunden. Die neue Entdeckung beschließt ein Jahr in einem Machtkampf der Generäle mit der von ihnen verachteten Regierung, bei der sie den Kürzeren zogen und viel von ihrer politische Macht einbüßten.

Bei der Durchsuchung der Marine-Stützpunkt in Gölcük wurden nach Presseberichten zehn Säcke voller Beweismaterial sichergestellt; ein namenloser Informant hatte die Staatsanwälte über e-Mail gewarnt und geschrieben, in der Kommandantur würden Dokumente vernichtet. Eine türkische Zeitung betitelte diese am Freitag mit "Säckeweise Putsch-Pläne".

Die Schriftstücke und Computerdisketten von Gölcük enthalten den Zeitungen zufolge eine Fortschreibung früherer und bereits enthüllter Putschvorbereitungen. So sollen die mutmaßlichen Putschisten eine Liste von Offizieren angefertigt haben, die als Gegner eines Coups galten und deshalb ins Exil geschickt werden sollten. Um jeden Verdacht der Manipulation auszuschließen, beauftragte die zivile Staatsanwaltschaft nicht die Polizei mit der Durchsuchung in Gölcük, sondern die Militärbehörden selbst.

Lange hatte die Armee alle Vorwürfe zum Umsturz der religiös-konservative Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan zurückgewiesen und von einer Schmutzkampagne gesprochen. Dabei gab es gute Gründe, die Vorwürfe ernst zu nehmen. Noch im Jahr 2007 hatte die Armeeführung offen mit einem Putsch gegen den angeblichen Islamisten Erdogan gedroht; seit 1960 haben die Generäle vier Regierungen von der Macht verdrängt, was von Teilen der Öffentlichkeit bejubelt wurde.

Vor wenigen Wochen wurden drei Generäle wegen mutmaßlicher Verwicklung in Putschpläne von den zuständigen Ministern vom Dienst suspendiert. Das war ein kleiner Aufstand in der Türkei, in dem es Politiker nie wagten, von ihrer gesetzlichen Position als Vorgesetzte der Generäle auch Gebrauch zu machen. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern fällt der neue Generalstabschef Isik Kosaner durch sein Schweigen auf. Seine Vorgänger ergriffen bei jeder Gelegenheiten das Wort, um die Politiker zusammenzustauchen.

In der Zukunft wird Isik Kosaner vor allem die Aufgabe haben, eine demokratische Rolle der türkischen Armee zu definieren und das beschädigte Ansehen der Streitkräfte wieder zu verbessern. Die Durchsuchung in Gölcük dürfte nicht die letzte ihrer Art gewesen sein und zeigen, dass die Aufgaben von General Isik Kosaner nur zu schaffen sind, wenn er demonstriert, dass seine Armee kein Abenteuerspielplatz für Putschisten ist und sie in ihren Reihen nicht duldet.