Rätsel der Hagia Sofia-Kuppel gelöst

Wegen ihrer immensen, nahezu schwerelos über dem freien Hauptraum schwebenden 56 Meter hohen Kuppel galt die im Auftrag von Kaiser Justitian errichtete Sophienkirche in der Spätantike als achtes Weltwunder. Gebaut wurde die "Ayia Sophia" (aus dem griechischen, "heilige Weisheit") in nur sechs Jahren zwischen 532 bis 537 n.Ch. nach den Plänen des Mathematikers Anthemios von Tralles und des Architekten und Statikers Isidoros von Milet. Doch die Pläne dieses bedeutenden Bauwerkes und heutigen UNESCO-Weltkulturerbes blieben für immer verschollen.

Eine der kühnsten Konstruktionen

Seit Hunderten von Jahren versuchen Fachleute zu ergründen, wie es diesen Wissenschaftern und Künstlern im 6. Jahrhundert gelungen ist, eine freischwebende nahezu 56 Meter hohe Kuppel von 31 Metern Durchmesser auf nur vier Säulen zu errichten. Berücksichtigt man die in der Spätantike verfügbaren technischen Möglichkeiten, so gilt sie noch heute für viele Fachleute als eine der kühnsten Konstruktionen von Menschenhand.

"Unmöglichkeit" einer Proportionsbestimmung

"Das entscheidende Erlebnis beim Eintritt durch die Kaiserpforte in den Hauptraum, der sich sogleich in voller Weite und Höhe bis zum Scheitel der riesigen Kuppel frei überschaubar darbietet, ist die Unmöglichkeit, ein eindeutiges Verhältnis zu den Dimensionen und eine gültige Bestimmung der Proportionen zu finden. Dieses von den Erbauern beabsichtigte Phänomen ergibt sich aus der räumlichen Struktur, der scheinbaren Schwerelosigkeit der Kuppel, und der verwirrenden Fülle direkter und indirekter Lichtführung" schreibt Marco Polo.

Kombination von Kreisen und Quadraten

Die Kunsthistoriker Volker Hoffmann, Professor am Institut für Kunstgeschichte der Universität Bern und Nikolaos Theocharis haben nun, 1470 Jahren nach ihrer Errichtung im Zentrum des alten Konstantinopel, das Konstruktionsprinzip entschlüsselt.

Unter Einsatz modernster 3-D-Lasertechnologie haben sie herausgefunden, dass die Kuppel aus einer schwer durchschaubaren Kombination von Kreisen und Quadraten im zweidimensionalen Raum sowie von Kugeln und Würfeln im dreidimensionalen Raum besteht.

1453 zu einer Moschee umgewandelt Die Hagia Sophia war die Krönungskirche der byzantinischen Kaiser. Nach dem Fall Konstantinopels wurde sie 1453 in eine Moschee umgewandelt und bekam die vier markanten Minarette an den Ecken des quadratischen Grundbaus. Damit erhielt sie ihre heute so markante Silhouette.

1932 wird die Moschee auf Anregung des türkischen Republikgründers Atatürks in das heute bestehende Museum umgewandelt und die typisch byzantinischen Mosaiken wieder freigelegt. Unter Sultan Mehmed II. Fatih (der Eroberer) wurden die christlichen Insignien durch moslemische ersetzt. Um den Protest von Muslimen zu mildern, wurden einige Zeit später große, arabisch beschriftete Tafeln mit dem Namen des Propheten Muhammeds und der ersten vier Kalifen im Gebäude angebracht.

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