Schächtung unvereinbar mit dem „modernen Image“ der Türkei?

Schächtung

Allerdings führt die rituelle Schächtung, bei dem die Halsschlagader durchtrennt wird und die Tiere ohne Betäubung ausbluten, am «Kurban Bayrami» (Opferfest) jedes Jahr aufs Neue zu «Blutbädern» und «hässlichen Szenen», die in den Augen der Regierung und der religiösen Behörden immer weniger mit dem «modernen Image» zu vereinbaren sind, das sich der EU-Kandidat Türkei geben möchte.

Szenen, die die Türkei als «primitive Gesellschaft» erscheinen ließen, werde es dieses Jahr nicht geben, versprach das Präsidium für religiöse Angelegenheiten bereits im vergangenen Jahr und wies die Kommunen des Landes an, Plätze auszuweisen, auf denen die Opfertiere gehandelt und geschlachtet werden dürfen. In der Großstadtmetropole Istanbul sind dies 245 – landesweit mehr als 2000. Das blutige Ritual, mit dem an die Bereitschaft Abrahams erinnert wird, seinen Sohn zu opfern, findet damit noch lange nicht abgeschirmt von der Öffentlichkeit, etwa in Schlachthäusern statt. Bei den von der Verwaltung bestimmten Stellen handelt es sich um Moscheen, aber auch um Marktplätze, Schulhöfe, Fußballfelder oder ganz einfach Freiflächen.

Schächtung auf privaten Grundstücken

Unter der Voraussetzung, dass die hygienischen Vorschriften eingehalten werden, darf auch auf privaten Grundstücken geopfert werden. Viele Türken schlachten nach wie vor gern selbst. Ungeschickten Amateur-«Metzgern» waren in der Vergangenheit nicht selten Szenen zu verdanken, die in der Öffentlichkeit gar nicht gut ankamen: Tiere, die sich losreißen, durch Straßen verfolgt werden und auf die im Extremfall auch geschossen wurde. Wie jedes Jahr erging auch diesmal die Aufforderung, dass Schlachtabfälle so zu vergraben seien, dass streunende Hunde und Katzen nicht an sie herankommen.

Aus psychologischen Gründen sollten Kinder auf alle Fälle von den Schlachtplätzen fern gehalten werden, rät die staatliche Religionsbehörde. Wenn möglich sollten die Tiere betäubt oder der Schnitt zumindest schnell ausgeführt werden. Wenn das Opfertier nur so weit betäubt werde, dass es immer noch lebend geschlachtet werde, sei aus religiöser Sicht nichts gegen eine Betäubung einzuwenden.

Die Opfertiere, meist Schafe, aber auch Ziegen und Kälber, werden in den großen Städten bereits eine Woche vor dem Fest zum Verkauf angeboten. «Modernen» Service bieten große Supermarktketten. Nicht nur, dass das Opfertier per Kreditkarte bezahlt werden kann, die Preise exakt nach Kilogewicht bestimmt werden: Die Schlachtung gibt es umsonst und das ausgewählte Tier wird bis zum Fest in Obhut genommen.

Ein Drittel des Fleisches wird dann der Tradition zufolge an Arme, ein Drittel an Freunde und Verwandte verteilt. Der Rest ist für den eigenen Verzehr.