Eine Million Beben im Jahr

Erdbeben sind Folgen überhöhter Spannungen in der Erdkruste. Diese führen schließlich zu einem Bruch im Gestein. Der explosionsartig folgende Spannungsabbau verläuft meist entlang bekannter Störungszonen und führt zu großräumigen Erschütterungen des Erdbodens. Erdbeben kosten im Durchschnitt weltweit jedes Jahr rund 10.000 Menschen das Leben.

Wie entstehen Erdbeben? Erdbeben treten vorzugsweise in Regionen auf, die als tektonische Plattenränder bezeichnet werden. Das sind Gebiete, in denen sich die Ränder riesiger Platten, aus denen die Erdkruste besteht, in ungleichmäßigen Schüben aneinander reiben. Die aktivste dieser Zonen verläuft rund um den Pazifik. Dort ereigneten sich mehr als 90 Prozent aller weltweit gemessenen Erdbeben. Die bislang schwersten Erdbeben in der pazifischen Zone erreichten die Stärke neun auf der Momentmagnitude, mit der die Erdbebenenergie gemessen wird. Im Durchschnitt ereignen sich auf der Erde jährlich instrumentell nachgewiesen mehr als eine Million Beben, davon aber nur etwa 15 mit Werten zwischen sieben und acht. Beben in Mitteleuropa In Mitteleuropa gibt es auch Bebengebiete, die nicht einem Plattenrand zugeordnet werden können. Sie werden häufig von tiefliegenden Störungszentren her beeinflusst. Bekannte Regionen dieser Art sind der Rheingraben, das Zollerngebiet in Baden-Württemberg und der Schweizer Jura. Erschütterungen in größerer Tiefe richten jedoch auf der Erde weit geringere Schäden an als oberflächennahe Beben. Ein Erdbeben der Stärke drei dauert nur wenige Sekunden, ein mittleres Beben der Stärke fünf bis zu 30 Sekunden. Auch Menschen können kleine und größere Erdbeben auslösen, etwa durch Sprengungen im Bergbau, unterirdische Kernwaffenversuche und das Füllen von Stauseen.

Könnte man die bei Erdbeben freiwerdende Energie nutzen, wäre der Menschheit viel von ihren Energiesorgen genommen. Zum Beispiel entsprach die bei dem schweren Beben 1960 in Chile (Stärke 8,3, 5.000 Tote) freigesetzte Energiemenge 300.000 Millionen Kilowattstunden. Um eine derartige Entladung künstlich zu erzeugen, müsste man 200 Millionen Tonnen Sprengstoff TNT auf einmal zünden. Vier Faktoren Wie groß der von einem Beben angerichtete Schaden ist, hängt von vier Faktoren ab: Der Entfernung zur nächsten Stadt, der Tiefe der Erschütterungsquelle unter der Erdoberfläche, der Bauqualität der Häuser und der Bodenzusammensetzung im Erdbebengebiet. Als Berechnungsmethode für die Stärke von Erdbeben verdrängt die Momentmagnitude immer mehr die nach dem amerikanischen Seismologen Charles Richter benannte Methode. Fortschritte in der seismologischen Messtechnik und die flächendeckende Verteilung moderner Erdbebenstationen haben die neue Messmethode erforderlich gemacht und die Schwächen der Richter-Skala aufgezeigt. Bei der Berechnung der Momentmagnitude steht nicht mehr die bei einem Beben freigesetzte Energie im Mittelpunkt, sondern die Länge des Bruchs in der Erdkruste. Diese kann wenige hundert Meter, aber auch Hunderte Kilometer betragen. Zumindest für kleine bis mittelgroße Erdstöße sind die Werte der Momentmagnitude aber mit den Richter-Werten vergleichbar. Entwickelt wurde die neue Methode in Kalifornien, dem weltweit führenden Zentrum seismologischer Forschung. Skala nach oben offen Die sogenannte Richter-Skala hat Wissenschaftlern zufolge eine entscheidende Schwäche: Sie ist eben nicht "nach oben hin offen", wie es gemeinhin heißt, sondern hat etwa bei Stufe sieben einen "Sättigungsgrad". Stärkere Erdbeben können daher mit der alten Skala nicht mehr genau beschrieben werden. Charles Richter stützte sich, dem Stand der dreißiger Jahre entsprechend, auf die Messkurve eines inzwischen veralteten Seismographen. Aus dem größten Ausschlag der in Zickzacklinie aufgezeichneten Erdstöße berechnete er nach einer Formel die freigesetzte Energie des Bebens. Der Schritt etwa von Grad sechs auf sieben seiner logarithmischen Skala bedeutete dabei, dass die Energie zehn Mal größer war.

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