Wie der Euro die Sparer enteignet
Die neuerliche Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) lenkt die mediale Aufmerksamkeit auf einen weiteren schweren Nachteil der Einheitswährung: den durch den Euro bedingten Einheitszins.
Von Hans-Olaf Henkel
Die ökonomischen Schäden, die die Einheitswährung in den Länder der Eurozone anrichtet, wurden in „Henkel trocken“ immer wieder thematisiert. Dass der Euro für den Süden überbewertet ist, zeigen die anhaltende Rezession dort und die ins scheinbar Uferlose steigenden Arbeitslosenzahlen. Dass der Euro für den Norden unterbewertet ist, zeigt sich im steigenden Handelsbilanzüberschuss Deutschlands. Eine „one-size-fits-all“-Währung funktioniert in unterschiedlichen ökonomischen Situationen etwa so wie ein Jackett in einer Einheitsgröße. Dem Dünnen schlottert es um den Körper, den Dicken schnürt es ein.
Die neuerliche Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB) lenkt die mediale Aufmerksamkeit auf einen weiteren schweren Nachteil der Einheitswährung: den durch den Euro bedingten Einheitszins. Nicht, dass das eine neue Erkenntnis wäre. Inzwischen weiß man, dass sich griechische Politiker ohne die – im Gefolge des Euro eingeführten – niedrigen Einheitszinssätze nie so hoch hätten verschulden können.
Auch die Immobilienblase in Spanien hätte mit einem höheren als dem einheitlich niedrigen Zinssatz der EZB kaum entstehen können. Dass die Politiker der Südländer ihre Reformbemühungen zum Zeitpunkt des Eintritts in die Eurozone einstellten, hat auch mit den fallenden Zinssätzen zu tun. Ohne mehr Zinsen in ihren Budgets bereitstellen zu müssen, konnten sie neue Schulden aufnehmen. Der französische Staatspräsident erklärte unlängst, dass die Zinsen der EZB für Frankreich „zu hoch“ seien. Es ist also kein Wunder, dass Politiker aus dem Süden der Eurozone einschließlich Frankreichs Mario Draghis neuerliche Zinssenkung bejubeln.
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