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Alt 26.08.2013, 07:48
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benekalice benekalice ist offline
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Standard Wer die Rebellen für den Westen sind, ist immer noch nicht aufgeklärt

http://www.welt.de/debatte/kommentar...ieg-enden.html

Kann der Konflikt in Syrien im Weltkrieg enden?

Der Westen debattiert über ein mögliches Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg. Hat er sämtliche Folgen bedacht? Gegenwärtig sieht es nicht danach aus. Es herrscht vor allem eines: Empörung. Von Jacques Schuster


Es gibt Augenblicke in der Weltpolitik, da ist es sinnvoll, zunächst innezuhalten und abzuwarten. Der Sommer 1914 wäre so ein Moment gewesen. Doch als am 28. Juni in Sarajewo die Schüsse auf Franz Ferdinand fielen und den österreichischen Thronfolger niederstreckten, da brach ein Wunsch zum Großreinemachen aus und verwandelte sich in eine rauschhafte Raserei.

Vier Jahre später hatte der Kontinent nicht nur seinen bis dahin verheerendsten Krieg mit Millionen von Toten hinter sich, Europa hatte durch den eigenen kollektiven Wahn auch seine jahrtausendealte Vormachtstellung in der Welt verloren. Seither fragt sich mancher Kopf, ob ein umsichtiger Umgang mit der Krise nicht klüger gewesen wäre.

Freilich: Syrien ist nicht Serbien. Es wäre überzogen, mithilfe der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" (Golo Mann) die Urkatastrophe des 21. an die Wand zu malen. Doch zwischen Europas Nahem Osten von 1914 und dem Nahen Osten der Gegenwart gibt es Parallelen. Wieder ist der Ort des Konfliktes ein Nebenschauplatz der Weltpolitik, in dem sich alle Regionalmächte (Iran, Saudi-Arabien, Türkei) eifersüchtig beäugen und darauf achten, dass kein Rivale Geländegewinne erzielt.

Russland zündelt

Wieder sind zahlreiche örtliche Gruppen am Werk, die ihre Interessen auf mitunter bestialische Weise durchzufechten versuchen – von der al-Qaida bis zu den Muslimbrüdern. Wieder ist ein Land der Schauplatz nicht nur eines, sondern vieler Stellvertreterkriege, in der die Hisbollah die mächtigste Rolle zufällt. Und wieder schauen die Großmächte mit Argusaugen auf den Konfliktherd, wobei die eine – Russland – schon mit der Zündschnur spielt.

Ist ein Eingreifen im syrischen Bürgerkrieg unter diesen Umständen ratsam? Ein schnelles Ja oder Nein wäre in der allgemeinen Verworrenheit verfehlt. Vielmehr sollte Zeit für Fragen bleiben. 18 mögen es sein: Aus welchem Grund sollte Syriens Präsident Baschar al-Assad gerade in diesen Tagen Chemiewaffen einsetzen? Die meisten Sicherheitsexperten gehen seit Wochen davon aus, dass der Diktator von Damaskus im Begriff ist, den Bürgerkrieg zu gewinnen.

Assad muss damit rechnen, dass die Supermacht Amerika einen weiteren Angriff mit den geächteten Waffen kaum hinnehmen kann. Washington aber ist die einzige Größe im blutigen Spiel, welche die Offensive der Regierung zu brechen vermag. Ist Assad tatsächlich so töricht, ohne Not auf die Entscheidungsschwäche des US-Präsidenten zu bauen und die Waffen zu gebrauchen, die Obama in Zugzwang setzen?

Obama, die lahme Ente

Die syrischen Oppositionsgruppen ahnen wiederum, dass ihnen nur noch ein Eingreifen von außen helfen wird. Sie wissen, dass dafür die "roten Linien" brutaler als beim ersten Mal überschritten werden müssen. Ist es auszuschließen, dass sie der Weltöffentlichkeit die Bilder der Toten nur deshalb zeigten, um ihre Niederlage abzuwenden? Sind die vielen Leichen tatsächlich Opfer eines Gasangriffs? Und wenn sie es sind, wer hat die Kampfstoffe eingesetzt?

Im Entsetzen über die Hekatomben von Toten wirken solcherart Einwürfe kalt, und vielleicht trifft genau das zu, was wir zu sehen meinen. Für den Westen jedenfalls gibt es Gründe einzugreifen. Besonders für den US-Präsidenten. Seit Wochen wird Barack Obama in Washington verhöhnt. Während die einen Obama als "lahme Ente" bezeichnen, verunglimpfen ihn die anderen als neuen "Oblomow", als einen Berufszauderer, der "rote Linien" zieht, um sie – wenn sie überschritten sind – wegzuradieren und einige Hundert Meter weiter erneut einzuzeichnen.

Obama beschädige amerikanische Interessen, lautet der Hauptvorwurf. Ihm schließen sich die Europäer zwar nicht an, doch sind vor allem Briten und Franzosen bestrebt, Zeichen der Härte zu setzen. Wie könnten sie aussehen? Amerikaner, Franzosen, Briten und Deutsche könnten Soldaten nach Syrien senden. Die Kosten eines Einmarsches und einer zeitweisen Präsenz werden auf 300 Milliarden Dollar jährlich geschätzt. Wer ist bereit und fähig, diese Summen aufzubringen?

Willkommen im Al-Qaida-Land

Darüber hinaus: Wer kann ausschließen, dass eine amerikanisch-europäische Eingreiftruppe nicht sofort in einen Vielfrontenkrieg hineingezogen würde, in dem Anschläge der al-Qaida genauso wahrscheinlich wären wie Raketenangriffe der Hisbollah, von den Angriffen der syrischen Regierungsarmee zu schweigen? Was täten überdies Teherans Revolutionsgarden? Seit Monaten kämpfen sie aufseiten Assads. Werden sie sich zurückziehen, wenn die alliierten Soldaten in Syrien einmarschieren?

Womöglich genügte es, genau die Bürgerkriegsparteien mit Waffen zu versorgen, die am ehesten geneigt sind, nach einem Sieg demokratische Verhältnisse im Land aufzubauen. Doch wer kann garantieren, dass diese Parteiungen auch noch später zu ihren Zusagen stehen? Wer möchte Erica Borghard widersprechen? Die New Yorker Politikwissenschaftlerin hat kürzlich eine Geschichte der Stellvertreterkriege geschrieben. Darin stellt sie fest, bisher sei es noch fast jedem Stellvertreter in der Geschichte gelungen, den Staat, für den er kämpfte, in den Konflikt hineinzuziehen. Borghard rät dem Westen, die Finger davon zu lassen.

Ihre Mahnung lässt sich missachten. Vielleicht gelingt es sogar, Assad mit eigenen Truppen oder seinen Stellvertretern zu vertreiben. Welches Nachfolgeregime strebt der Westen in diesem Fall an? Wer ist in Syrien in der Lage, das zu verhindern, was wir in Ägypten, Libyen und Tunesien in jeweils abgestufter Form erleben? Liberale Kräfte im westlichen Sinne gibt es in Syrien jedenfalls nicht. Bleibt die Schaffung einer Flugverbotszone.

Keine zweite Urkatastrophe

Nato-Spezialisten weisen darauf hin, dass sie viel mehr Luftschläge erfordern würde als im libyschen Fall. Mindestens 200 Kampfjets und 100 weitere Unterstützungsflüge wären nötig, um die Schutzzone durchzusetzen. Was wird geschehen, wenn westliche Maschinen von russischen S-300 abgeschossen werden? Wie wird sich dieser Abschuss auf das Verhältnis zwischen Washington und Moskau auswirken?

Auf welche Weise lassen sich Flugverbotszonen völkerrechtlich rechtfertigen, wenn Russen und Chinesen, die dafür nötige Resolution im Sicherheitsrat durch ihr Veto blockieren? Sind wir bereit, die Vereinten Nationen beiseitezuschieben? Womöglich sind wir es oder, besser, sollten es sein, doch nur nach einem nüchternen Abwägen aller Optionen. Eine Urkatastrophe genügt.
  #2  
Alt 26.08.2013, 17:29
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benekalice benekalice ist offline
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Leider wird im Moment die Kriegstrommel gerührt es wäre an der Zeit, dass die islamische Welt sich dagegen stemmt. Aber statt dessen sehen wir, dass einer sich dabei sogar die Hände reibt und das unterstützt.



Zitat:
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http://www.welt.de/debatte/kommentar...ieg-enden.html

Kann der Konflikt in Syrien im Weltkrieg enden?

Der Westen debattiert über ein mögliches Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg. Hat er sämtliche Folgen bedacht? Gegenwärtig sieht es nicht danach aus. Es herrscht vor allem eines: Empörung. Von Jacques Schuster


Es gibt Augenblicke in der Weltpolitik, da ist es sinnvoll, zunächst innezuhalten und abzuwarten. Der Sommer 1914 wäre so ein Moment gewesen. Doch als am 28. Juni in Sarajewo die Schüsse auf Franz Ferdinand fielen und den österreichischen Thronfolger niederstreckten, da brach ein Wunsch zum Großreinemachen aus und verwandelte sich in eine rauschhafte Raserei.

Vier Jahre später hatte der Kontinent nicht nur seinen bis dahin verheerendsten Krieg mit Millionen von Toten hinter sich, Europa hatte durch den eigenen kollektiven Wahn auch seine jahrtausendealte Vormachtstellung in der Welt verloren. Seither fragt sich mancher Kopf, ob ein umsichtiger Umgang mit der Krise nicht klüger gewesen wäre.

Freilich: Syrien ist nicht Serbien. Es wäre überzogen, mithilfe der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" (Golo Mann) die Urkatastrophe des 21. an die Wand zu malen. Doch zwischen Europas Nahem Osten von 1914 und dem Nahen Osten der Gegenwart gibt es Parallelen. Wieder ist der Ort des Konfliktes ein Nebenschauplatz der Weltpolitik, in dem sich alle Regionalmächte (Iran, Saudi-Arabien, Türkei) eifersüchtig beäugen und darauf achten, dass kein Rivale Geländegewinne erzielt.

Russland zündelt

Wieder sind zahlreiche örtliche Gruppen am Werk, die ihre Interessen auf mitunter bestialische Weise durchzufechten versuchen – von der al-Qaida bis zu den Muslimbrüdern. Wieder ist ein Land der Schauplatz nicht nur eines, sondern vieler Stellvertreterkriege, in der die Hisbollah die mächtigste Rolle zufällt. Und wieder schauen die Großmächte mit Argusaugen auf den Konfliktherd, wobei die eine – Russland – schon mit der Zündschnur spielt.

Ist ein Eingreifen im syrischen Bürgerkrieg unter diesen Umständen ratsam? Ein schnelles Ja oder Nein wäre in der allgemeinen Verworrenheit verfehlt. Vielmehr sollte Zeit für Fragen bleiben. 18 mögen es sein: Aus welchem Grund sollte Syriens Präsident Baschar al-Assad gerade in diesen Tagen Chemiewaffen einsetzen? Die meisten Sicherheitsexperten gehen seit Wochen davon aus, dass der Diktator von Damaskus im Begriff ist, den Bürgerkrieg zu gewinnen.

Assad muss damit rechnen, dass die Supermacht Amerika einen weiteren Angriff mit den geächteten Waffen kaum hinnehmen kann. Washington aber ist die einzige Größe im blutigen Spiel, welche die Offensive der Regierung zu brechen vermag. Ist Assad tatsächlich so töricht, ohne Not auf die Entscheidungsschwäche des US-Präsidenten zu bauen und die Waffen zu gebrauchen, die Obama in Zugzwang setzen?

Obama, die lahme Ente

Die syrischen Oppositionsgruppen ahnen wiederum, dass ihnen nur noch ein Eingreifen von außen helfen wird. Sie wissen, dass dafür die "roten Linien" brutaler als beim ersten Mal überschritten werden müssen. Ist es auszuschließen, dass sie der Weltöffentlichkeit die Bilder der Toten nur deshalb zeigten, um ihre Niederlage abzuwenden? Sind die vielen Leichen tatsächlich Opfer eines Gasangriffs? Und wenn sie es sind, wer hat die Kampfstoffe eingesetzt?

Im Entsetzen über die Hekatomben von Toten wirken solcherart Einwürfe kalt, und vielleicht trifft genau das zu, was wir zu sehen meinen. Für den Westen jedenfalls gibt es Gründe einzugreifen. Besonders für den US-Präsidenten. Seit Wochen wird Barack Obama in Washington verhöhnt. Während die einen Obama als "lahme Ente" bezeichnen, verunglimpfen ihn die anderen als neuen "Oblomow", als einen Berufszauderer, der "rote Linien" zieht, um sie – wenn sie überschritten sind – wegzuradieren und einige Hundert Meter weiter erneut einzuzeichnen.

Obama beschädige amerikanische Interessen, lautet der Hauptvorwurf. Ihm schließen sich die Europäer zwar nicht an, doch sind vor allem Briten und Franzosen bestrebt, Zeichen der Härte zu setzen. Wie könnten sie aussehen? Amerikaner, Franzosen, Briten und Deutsche könnten Soldaten nach Syrien senden. Die Kosten eines Einmarsches und einer zeitweisen Präsenz werden auf 300 Milliarden Dollar jährlich geschätzt. Wer ist bereit und fähig, diese Summen aufzubringen?

Willkommen im Al-Qaida-Land

Darüber hinaus: Wer kann ausschließen, dass eine amerikanisch-europäische Eingreiftruppe nicht sofort in einen Vielfrontenkrieg hineingezogen würde, in dem Anschläge der al-Qaida genauso wahrscheinlich wären wie Raketenangriffe der Hisbollah, von den Angriffen der syrischen Regierungsarmee zu schweigen? Was täten überdies Teherans Revolutionsgarden? Seit Monaten kämpfen sie aufseiten Assads. Werden sie sich zurückziehen, wenn die alliierten Soldaten in Syrien einmarschieren?

Womöglich genügte es, genau die Bürgerkriegsparteien mit Waffen zu versorgen, die am ehesten geneigt sind, nach einem Sieg demokratische Verhältnisse im Land aufzubauen. Doch wer kann garantieren, dass diese Parteiungen auch noch später zu ihren Zusagen stehen? Wer möchte Erica Borghard widersprechen? Die New Yorker Politikwissenschaftlerin hat kürzlich eine Geschichte der Stellvertreterkriege geschrieben. Darin stellt sie fest, bisher sei es noch fast jedem Stellvertreter in der Geschichte gelungen, den Staat, für den er kämpfte, in den Konflikt hineinzuziehen. Borghard rät dem Westen, die Finger davon zu lassen.

Ihre Mahnung lässt sich missachten. Vielleicht gelingt es sogar, Assad mit eigenen Truppen oder seinen Stellvertretern zu vertreiben. Welches Nachfolgeregime strebt der Westen in diesem Fall an? Wer ist in Syrien in der Lage, das zu verhindern, was wir in Ägypten, Libyen und Tunesien in jeweils abgestufter Form erleben? Liberale Kräfte im westlichen Sinne gibt es in Syrien jedenfalls nicht. Bleibt die Schaffung einer Flugverbotszone.

Keine zweite Urkatastrophe

Nato-Spezialisten weisen darauf hin, dass sie viel mehr Luftschläge erfordern würde als im libyschen Fall. Mindestens 200 Kampfjets und 100 weitere Unterstützungsflüge wären nötig, um die Schutzzone durchzusetzen. Was wird geschehen, wenn westliche Maschinen von russischen S-300 abgeschossen werden? Wie wird sich dieser Abschuss auf das Verhältnis zwischen Washington und Moskau auswirken?

Auf welche Weise lassen sich Flugverbotszonen völkerrechtlich rechtfertigen, wenn Russen und Chinesen, die dafür nötige Resolution im Sicherheitsrat durch ihr Veto blockieren? Sind wir bereit, die Vereinten Nationen beiseitezuschieben? Womöglich sind wir es oder, besser, sollten es sein, doch nur nach einem nüchternen Abwägen aller Optionen. Eine Urkatastrophe genügt.
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Alt 29.08.2013, 12:26
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Kann der Konflikt in Syrien im Weltkrieg enden?

Der Westen debattiert über ein mögliches Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg. Hat er sämtliche Folgen bedacht? Gegenwärtig sieht es nicht danach aus. Es herrscht vor allem eines: Empörung. Von Jacques Schuster


Es gibt Augenblicke in der Weltpolitik, da ist es sinnvoll, zunächst innezuhalten und abzuwarten. Der Sommer 1914 wäre so ein Moment gewesen. Doch als am 28. Juni in Sarajewo die Schüsse auf Franz Ferdinand fielen und den österreichischen Thronfolger niederstreckten, da brach ein Wunsch zum Großreinemachen aus und verwandelte sich in eine rauschhafte Raserei.

Vier Jahre später hatte der Kontinent nicht nur seinen bis dahin verheerendsten Krieg mit Millionen von Toten hinter sich, Europa hatte durch den eigenen kollektiven Wahn auch seine jahrtausendealte Vormachtstellung in der Welt verloren. Seither fragt sich mancher Kopf, ob ein umsichtiger Umgang mit der Krise nicht klüger gewesen wäre.

Freilich: Syrien ist nicht Serbien. Es wäre überzogen, mithilfe der "Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts" (Golo Mann) die Urkatastrophe des 21. an die Wand zu malen. Doch zwischen Europas Nahem Osten von 1914 und dem Nahen Osten der Gegenwart gibt es Parallelen. Wieder ist der Ort des Konfliktes ein Nebenschauplatz der Weltpolitik, in dem sich alle Regionalmächte (Iran, Saudi-Arabien, Türkei) eifersüchtig beäugen und darauf achten, dass kein Rivale Geländegewinne erzielt.

Russland zündelt

Wieder sind zahlreiche örtliche Gruppen am Werk, die ihre Interessen auf mitunter bestialische Weise durchzufechten versuchen – von der al-Qaida bis zu den Muslimbrüdern. Wieder ist ein Land der Schauplatz nicht nur eines, sondern vieler Stellvertreterkriege, in der die Hisbollah die mächtigste Rolle zufällt. Und wieder schauen die Großmächte mit Argusaugen auf den Konfliktherd, wobei die eine – Russland – schon mit der Zündschnur spielt.

Ist ein Eingreifen im syrischen Bürgerkrieg unter diesen Umständen ratsam? Ein schnelles Ja oder Nein wäre in der allgemeinen Verworrenheit verfehlt. Vielmehr sollte Zeit für Fragen bleiben. 18 mögen es sein: Aus welchem Grund sollte Syriens Präsident Baschar al-Assad gerade in diesen Tagen Chemiewaffen einsetzen? Die meisten Sicherheitsexperten gehen seit Wochen davon aus, dass der Diktator von Damaskus im Begriff ist, den Bürgerkrieg zu gewinnen.

Assad muss damit rechnen, dass die Supermacht Amerika einen weiteren Angriff mit den geächteten Waffen kaum hinnehmen kann. Washington aber ist die einzige Größe im blutigen Spiel, welche die Offensive der Regierung zu brechen vermag. Ist Assad tatsächlich so töricht, ohne Not auf die Entscheidungsschwäche des US-Präsidenten zu bauen und die Waffen zu gebrauchen, die Obama in Zugzwang setzen?

Obama, die lahme Ente

Die syrischen Oppositionsgruppen ahnen wiederum, dass ihnen nur noch ein Eingreifen von außen helfen wird. Sie wissen, dass dafür die "roten Linien" brutaler als beim ersten Mal überschritten werden müssen. Ist es auszuschließen, dass sie der Weltöffentlichkeit die Bilder der Toten nur deshalb zeigten, um ihre Niederlage abzuwenden? Sind die vielen Leichen tatsächlich Opfer eines Gasangriffs? Und wenn sie es sind, wer hat die Kampfstoffe eingesetzt?

Im Entsetzen über die Hekatomben von Toten wirken solcherart Einwürfe kalt, und vielleicht trifft genau das zu, was wir zu sehen meinen. Für den Westen jedenfalls gibt es Gründe einzugreifen. Besonders für den US-Präsidenten. Seit Wochen wird Barack Obama in Washington verhöhnt. Während die einen Obama als "lahme Ente" bezeichnen, verunglimpfen ihn die anderen als neuen "Oblomow", als einen Berufszauderer, der "rote Linien" zieht, um sie – wenn sie überschritten sind – wegzuradieren und einige Hundert Meter weiter erneut einzuzeichnen.

Obama beschädige amerikanische Interessen, lautet der Hauptvorwurf. Ihm schließen sich die Europäer zwar nicht an, doch sind vor allem Briten und Franzosen bestrebt, Zeichen der Härte zu setzen. Wie könnten sie aussehen? Amerikaner, Franzosen, Briten und Deutsche könnten Soldaten nach Syrien senden. Die Kosten eines Einmarsches und einer zeitweisen Präsenz werden auf 300 Milliarden Dollar jährlich geschätzt. Wer ist bereit und fähig, diese Summen aufzubringen?

Willkommen im Al-Qaida-Land

Darüber hinaus: Wer kann ausschließen, dass eine amerikanisch-europäische Eingreiftruppe nicht sofort in einen Vielfrontenkrieg hineingezogen würde, in dem Anschläge der al-Qaida genauso wahrscheinlich wären wie Raketenangriffe der Hisbollah, von den Angriffen der syrischen Regierungsarmee zu schweigen? Was täten überdies Teherans Revolutionsgarden? Seit Monaten kämpfen sie aufseiten Assads. Werden sie sich zurückziehen, wenn die alliierten Soldaten in Syrien einmarschieren?

Womöglich genügte es, genau die Bürgerkriegsparteien mit Waffen zu versorgen, die am ehesten geneigt sind, nach einem Sieg demokratische Verhältnisse im Land aufzubauen. Doch wer kann garantieren, dass diese Parteiungen auch noch später zu ihren Zusagen stehen? Wer möchte Erica Borghard widersprechen? Die New Yorker Politikwissenschaftlerin hat kürzlich eine Geschichte der Stellvertreterkriege geschrieben. Darin stellt sie fest, bisher sei es noch fast jedem Stellvertreter in der Geschichte gelungen, den Staat, für den er kämpfte, in den Konflikt hineinzuziehen. Borghard rät dem Westen, die Finger davon zu lassen.

Ihre Mahnung lässt sich missachten. Vielleicht gelingt es sogar, Assad mit eigenen Truppen oder seinen Stellvertretern zu vertreiben. Welches Nachfolgeregime strebt der Westen in diesem Fall an? Wer ist in Syrien in der Lage, das zu verhindern, was wir in Ägypten, Libyen und Tunesien in jeweils abgestufter Form erleben? Liberale Kräfte im westlichen Sinne gibt es in Syrien jedenfalls nicht. Bleibt die Schaffung einer Flugverbotszone.

Keine zweite Urkatastrophe

Nato-Spezialisten weisen darauf hin, dass sie viel mehr Luftschläge erfordern würde als im libyschen Fall. Mindestens 200 Kampfjets und 100 weitere Unterstützungsflüge wären nötig, um die Schutzzone durchzusetzen. Was wird geschehen, wenn westliche Maschinen von russischen S-300 abgeschossen werden? Wie wird sich dieser Abschuss auf das Verhältnis zwischen Washington und Moskau auswirken?

Auf welche Weise lassen sich Flugverbotszonen völkerrechtlich rechtfertigen, wenn Russen und Chinesen, die dafür nötige Resolution im Sicherheitsrat durch ihr Veto blockieren? Sind wir bereit, die Vereinten Nationen beiseitezuschieben? Womöglich sind wir es oder, besser, sollten es sein, doch nur nach einem nüchternen Abwägen aller Optionen. Eine Urkatastrophe genügt.
wow, kann ich da nur sagen! Woher haben diedivh nur hergeholt. sowas sieht man hier selten. Ich antworte dir gerne heute abend.
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