Der Lebensraum des Mannes- Klischee? ;-)
			 
			 
			
		
		
		Der Lebensraum des Mannes 
 
Da der Mann sich im Grunde genommen von den gleichen Nahrungsmitteln 
ernährt wie wir, ist er ab und zu in den sonst ausschließlich von uns 
frequentierten Lebensmittelgeschäften anzutreffen. Allerdings nimmt er 
seine Nahrung lieber in fertig zubereiteter Form zu sich, und er fühlt 
sich in Supermärkten auch nicht wohl. So fällt er uns dort auf durch 
verlorenes Herumstehen, meistens in den Hauptverkehrsgassen und durch 
orientierungsloses Umherstarren. Den Einkaufswagen schiebt er vor sich 
her wie einen riesigen Fremdkörper. In der Kassenschlange drängelt er 
gern und nimmt uns durch seine größere Körperform die Sicht. Erst wenn 
er zur als Sicherheit empfundenen Nähe seines Autos zurückkehren kann, 
weicht die Erstarrung aus ihm. Oft zu beobachten ist dann ein hastiges, 
unprofessionelles Verstauen der Einkäufe auf Beifahrer- und Rücksitz 
statt in den Kofferraum, und dann verschwindet der Mann auch schon im 
Inneren seines heißgeliebten Kraftfahrzeuges, wo wir ihn bald aus den 
Augen verlieren. 
 
Das Auto des Mannes ist eins der rätselhaftesten Mysterien. Es ist groß, 
aber seine Größe schlägt sich nicht nieder in großem Innenraum, sondern 
ist nur äußerlicher Art. Auch steht die Größe des Autos in keinem 
Verhältnis zur Körpergröße des Benutzers; hier scheint eine einfache 
Maximal-Bevorzugung (je größer desto besser) vorzuliegen. 
 
Das Auto hat einen großen, leistungsstarken Motor, aber das Fahrzeug 
wird nur äußerst selten voll belastet, und es bietet auch gar nicht 
viele Möglichkeiten dazu. Neben vier, maximal fünf Sitzen (wie auch bei 
unseren eigenen Fahrzeugen) bietet es nur einen halbhohen Kofferraum mit 
oftmals hoher Ladekante und angefüllt mit technischen Hilfsmitteln deren 
einziger Sinn und Zweck es scheint, den Lautstärkepegel im Fahrzeug auf 
ein mit Siicherheit ungesundes Maß zu heben. Umklappbare Rücksitze oder 
Durchladevorrichtungen sind nahezu unbekannt. Auch die erreichbare 
Höchstgeschwindigkeit erscheint sinnlos, da sie bei männlichen Autos von 
vornherein außerhalb des erlaubten und/oder praktikablen Bereichs liegt. 
Die Leistungsfähigkeit des männlichen Autos dient also keinem Zweck. 
Dafür aber liebt der Mann sein Auto wie ein Kind. Am Samstag können wir 
Massen von Männern an Autowaschanlagen, Waschstraßen und Tankstellen bei 
der Reinigung und Pflege ihres Lieblings beobachten, wobei uns oft ein 
erstaunlicher Dilettantismus in der Vorgehensweise auffällt. 
 
Es scheint nicht darum zu gehen, das Fahrzeug zu säubern, sondern nur 
darum, sich damit zu beschäftigen. Die Stimmen mehren sich, die 
behaupten, es ginge dabei um eine Form der religiösen Betätigung. Ein 
weiterer Beweis für diese Theorie könnte sein, dass immer öfter Männer 
an solchen Stellen, wo Autos gehäuft anzutreffen sind (Parkplätze, 
Staus, Reparaturwerkstätten) seltsam rituell anmutende Tänze aufführen: 
das Fahrzeug wird ein- bis mehrmals langsam, mit häufigen Verneigungen, 
umkreist und sanft berührt. 
 
Kritikerinnen behaupten zwar, diese Handlung stelle lediglich eine 
Kontrolle des Äußeren des Fahrzeugs, z.B. auf Kratzer oder Beulen dar, 
aber bei der Häufung dieser Verhaltensweise und dem Eifer, mit dem sie 
betrieben wird, erscheint diese These zweifelhaft. Fakt ist, wir wissen 
nicht viel über das Verhältnis Mann/Auto. Ebenso unbekannt ist uns der 
Zweck der vielen und ausgedehnten Fahrten, die der Mann mit einem Auto 
unternimmt. 
 
Da der Mann, wie schon berichtet, fertig zubereitete Nahrung schätzt, 
ist er zu Mahlzeiten (7 - 10.30, 11.30 - 14.30, 18 - 22.00 Uhr) häufig 
dort anzutreffen, wo solche angeboten wird. In Restaurants geht er dabei 
eher selten, häufiger werden Imbissstuben frequentiert. Dabei scheint zu 
gelten: Je billiger die angebotene Nahrung und je zweifelhafter ihre 
Qualität, desto lieber. Der Mann isst nicht gern allein und sucht die 
Gesellschaft seinesgleichen. Deshalb finden wir Männer am sichersten und 
rund um die Uhr in der sog. Kneipe, jenem Lebensraum, wo er sich am 
heimischsten und sichersten fühlt. Eine Kneipe ist ein enger, dämmriger, 
abgeschlossener Raum mit zumeist verhängten oder sonst wie 
undurchsichtig gemachten Fenstern, meistens mit verrauchter und 
abgestandener Atemluft, die zusätzlich geschwängert ist mit 
Alkoholdunst. Es gibt Tische, Stühle und Bänke in den Ecken, wo der Mann 
gesellig beisammensitzen kann, Hauptattraktion ist aber die sog. Theke. 
Sie ist so hoch, dass sich der Mann im Stehen gegen sie lehnen kann, und 
auf der Oberseite werden die Gläser und Aschenbecher abgestellt. Vor ihr 
stehen vollkommen überhöhte Hocker, manchmal auch Stühle, auf die sich 
der Mann setzt. 
 
Vermutlich wird auf diese Weise das männliche Grundbedürfnis nach Größe 
kompensiert ohne auf Bequemlichkeit verzichten zu müssen. Hinter der 
Theke steht der Wirt, Vertrauensperson, Vormund, Psychiater, 
Finanzberater, Kassierer und Mundschenk in einer Person. Er verabreicht 
dem Mann die Getränke, hauptsächlich Bier, eine uringelbe, leicht 
schäumende Flüssigkeit von durchdringendem Geruch. Bier ist das 
Grundnahrungsmittel des Mannes und wird von ihm gern und in jeder 
verfügbaren Menge konsumiert. Er deckt damit leicht des Mehrfache seines 
täglichen Nährstoffbedarfes (-> Fettleibigkeit, sog. Bierbauch), und der 
darin enthaltene Alkohol verursacht Ausfallerscheinungen, durch die uns 
der Mann nach Verlassen der Kneipe dann wieder besonders auffällt. Wir 
werden in der Kneipe nicht gern gesehen und als unerwünschte 
Eindringlinge empfunden, weshalb sich auch das Verhalten des Mannes in 
diesem Lebensraum größtenteils unserer Kenntnis entzieht. 
 
Am Wochenende, d.h. am Samstag- und Sonntagnachmittag, können wir den 
Mann auch in riesigen Gruppen in sog. Fußballstadien aufspüren. Hierin 
finden Veranstaltungen statt, die sog. Fußballspiele, wo eine geringe 
Anzahl von Männern (genau 22) unter mitfiebernder und lautstarker 
Beobachtung aller anderen (ihre Zahl geht leicht in die Tausende) 
versuchen, einen einzigen, kleinen, leichten Ball, er ist meist schwarz- 
weiß gefleckt, mit den Füßen zu treten, wobei eine kleine Menge von 
schwarzgekleideten Männern, die sog. Schiedsrichter, darauf achten, dass 
der einzelne nicht zu lange am Ball bleibt. Dazu werden zu stark 
überhöhten Preisen die schon weiter oben besprochenen 
Lieblingsnahrungsmittel des Mannes, Bier und fettgesottene Esswaren, 
angeboten und konsumiert. Gelegentlich kommt es zu den sog. 
Schlägereien, an denen sich alle gern beteiligen. 
 
Es gibt noch eine weitere Stelle, wo wir den Mann wochentags zwischen 
8.00 und 16.00 Uhr finden können: Den Arbeitsplatz. Hier erledigt er 
Tätigkeiten, die über seinen eigenen Bedarf weit hinausgehen - oder gar 
nichts damit zu tun haben - und lässt sich dafür bezahlen. Nirgendwo 
anders lassen sich die männlichen Kasten und Hierarchien so gut 
unterscheiden wie am Arbeitsplatz. Anzugträger arbeiten in Büros oder im 
Außendienst, was heißt, sie ziehen von Büro zu Büro und schwatzen. 
Blaumann- und Latzhosenträger arbeiten in Werkhallen oder in der 
Öffentlichkeit, wo sie den Verkehr lahm legen, Strom- und 
Telefonleitungen, manchmal auch Wasser- und Gasrohre unterbrechen, Bier 
trinken und schwatzen. Ein Sinn ist in den Tätigkeiten der Männer eher 
selten zu erkennen, ja, manchmal scheint es, als arbeiteten sie, um 
Arbeit zu erzeugen. In anderen Fällen wiederum versetzt uns ihre 
Produktivität in Erstaunen, so z.B. in der Fabrikation von 
Nahrungsmittelprodukten, die zum Sieden in Fett geeignet sind, bei der 
Herstellung von Bier und bei der Montage von Autos. 
		
		
		
		
		
		
		
	
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