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  #1  
Alt 05.11.2014, 13:56
Dadaruhi
 
Beiträge: n/a
Standard mädels, war es bei euch ähnlich?

Ein Leben, zwei Identitäten: Eine junge Deutschtürkin über ihre konservative Familie, ihre feiernden deutschen Freunde und die Vorurteile auf beiden Seiten. Und darüber, warum ein kleiner Buchstabe einen riesigen Unterschied macht.


Von einer Leserin (sueddeutsche.de)

Der Rechercheblog in dieser Woche und der letzte vor Veröffentlichung unseres Toleranz-Dossiers ab kommenden Montag stammt heute von einer jungen Leserin. Sie hat uns im Rahmen der aktuellen Recherche einen bewegenden Bericht über ihr Mäandern zwischen ihrer deutschen und ihrer türkischen Identität geschickt.

In zwei Welten

Ich heiße Nazlý. Oder Nazli - je nachdem, in welcher meiner zwei Welten ich mich bewege. Als ich hier in Deutschland auf die Welt kam, gaben meine Eltern mir den Namen Nazlý. Der letzte Buchstabe "ý" ist ein dumpfes i, das wie eine Mischung aus ö und e ausgesprochen wird. Er existiert nicht im deutschen Alphabet. Später, als ich deutschen Kindern begegnete, wurde ich daher erstmals Nazli genannt.

Und so wuchs ich auf. Als Nazli und Nazlý. Mit zwei Identitäten. In zwei Welten.

Als Nazlý wurde ich in einer türkischen und muslimischen Familie groß. Zu Hause wurde nur türkisch gesprochen, weil meine Eltern bis heute kaum die deutsche Sprache beherrschen. Sie haben sich zur Gänze von der deutschen Kultur abgegrenzt. Haben ausschließlich türkische Freunde. Meine Brüder ebenfalls. Es wurde viel Wert auf meine religiöse Ausbildung gelegt.

Die größte Angst des Gastarbeiters

Aber auch auf meine schulische. Mein Vater hat sein halbes Leben als Gastarbeiter verbracht und war deutschen Vorgesetzten untergeordnet, die ihre Mitarbeiter nicht immer gut behandelten. Seine größte Angst war, dass ich so enden könnte wie er. Deshalb durfte ich keine schlechten Noten mit nach Hause bringen. Ich ging in eine deutsche Schule, hatte fast nur deutsche Freundinnen, las nur deutsche Bücher.

Zugleich wurde ich immer vor den Deutschen gewarnt. Warum ich mir denn keine türkischen Freundinnen suchte, hieß es andauernd. Die Deutschen seien ein schlechter Einfluss. Sie seien Ungläubige, hätten kein Schamgefühl, legten keinen Wert auf Familie und würfen sogar ihre Kinder aus dem Haus, sobald diese erwachsen seien. Alles für uns moralisch Verwerfliche sei für sie normal und so weiter. Aber ich hatte viele deutsche Freundinnen. Keine von ihnen entsprach diesen Vorstellungen meiner Eltern.

Erstmals stellte ich als Teenager die traditionell-konservative Lebensweise, die mir oktroyiert wurde, in Frage. Wieso durften die Deutschen so viel und ich nicht? Wieso durften sie sich so anziehen, wie sie wollten, während bei mir schulterfrei schon zu freizügig war? Wieso sollten meine Brüder nicht kochen lernen, sondern nur ich? Wieso musste ich um alles kämpfen? Freiheit war immerzu nicht nur ein fremdes, sondern auch ein gefährliches Wort. Und so wurde ich immer mehr zu Nazli. Denn Nazli war frei in ihren Entscheidungen. Zu Hause war ich Nazlý, in der Schule und mit meinen Freundinnen war ich Nazli.

Deutschsein wird nur geduldet

Was das mit Toleranz zu tun hat? Sehr viel.

Im Laufe der Zeit wurde ich meinen Eltern zu deutsch. Vor allem, als ich den langen Kampf gewann und für mein Studium wegzog. Ihre Intoleranz richtete sich nun nicht mehr nur gegen Deutsche, sondern auch gegen ihre eigene Tochter. Bis heute akzeptieren sie meinen zu "deutschen" Lebensstil nicht. Sie dulden ihn. Wenn ich ihnen meinen deutschen Freund vorstellen würde, würden sie nicht einmal mehr das tun.

Die Intoleranzen, denen ich als Nazli begegne, halten sich in Grenzen. In meiner Schulzeit erlebte ich sie am häufigsten. Damals war ich immer anders als meine Mitschüler. Dieser Unterschied wurde vor allem in der Teenager-Zeit deutlich. Meine Schulfreunde trafen sich immer öfter abends, tranken Alkohol, gingen am Wochenende feiern, Mädchen durften sogar mit Jungs befreundet sein. Ich durfte abends nie raus, geschweige denn nachts in die Clubs. Dass ich keinen Alkohol trinken durfte, versteht sich von selbst. So wurde ich nach und nach zur Außenseiterin. Fühlte manchmal komische Blicke der anderen auf mir. Ich hatte zwei muslimische Freundinnen, fühlte mich aber immer zu den Deutschen hingezogen. War neidisch auf sie.

Für mein Studium zog ich weg und konnte endlich mein Leben so gestalten wie ich es wollte. Ich konnte anziehen, was ich wollte, die Wohnung verlassen, wann ich wollte, essen und trinken, was ich wollte und so weiter. Ich konnte endlich ein normales Leben führen. Ich war nicht mehr anders. Deshalb wurde ich auch als Nazli immer toleriert.

Aber in diesem Fall kann man eigentlich nicht mehr von Toleranz sprechen, weil auch nicht mehr von Andersartigkeit die Rede sein kann. Ich hatte mich ja mehr als nur integriert. Ich hatte mich sogar assimiliert - um den Begriffsdefinitionen der Integrationsspezialisten gerecht zu werden. Hätte ich ein Leben als Nazlý und nicht als Nazli gewählt, wäre ich anders. Und somit auf Toleranz angewiesen. Als Nazlý hätte ich von weitaus negativeren Erfahrungen zu berichten.
  #2  
Alt 05.11.2014, 14:15
dumpi
 
Beiträge: n/a
Standard Sie hat

Sie hat sich aufgegeben um dazu zugehören aber sie wird immer Nazlý sein oder wenn man schmeicheln will eine deutsche mi Migration Hintergrund )) niemand sollte sich aufgeben um anderen zugefallen
  #3  
Alt 05.11.2014, 14:24
Dadaruhi
 
Beiträge: n/a
Standard

Zitat:
Zitat von dumpi Beitrag anzeigen
Sie hat sich aufgegeben um dazu zugehören aber sie wird immer Nazlý sein oder wenn man schmeicheln will eine deutsche mi Migration Hintergrund )) niemand sollte sich aufgeben um anderen zugefallen
man muss natürlich auch die Redaktion berücksichtigen, die diesen Leserbrief veröffentlicht.
ich denke, es entspricht auch ihren vorurteilen, dass die meisten zwischen den stühlen sind, und dies möchten sie damit dokumentieren.
erfahrungsgemäß weiß ich, dass viele von uns so ticken. d. h. man merkt ihnen durch ihre Identitätskrise auch mangelndes selbstbewusstsein an, was auch in dem text mitschwingt.
meiner Ansicht nach ist man gefestigter, selbstsicherer, souveräner,wenn man weiß, wo man herkommt.
simple Feststellung, aber sie wird von tag zu tag wahrer.
  #4  
Alt 05.11.2014, 14:25
Dadaruhi
 
Beiträge: n/a
Standard

Zitat:
Zitat von dumpi Beitrag anzeigen
Sie hat sich aufgegeben um dazu zugehören aber sie wird immer Nazlý sein oder wenn man schmeicheln will eine deutsche mi Migration Hintergrund )) niemand sollte sich aufgeben um anderen zugefallen
...folglich stimme ich dir zu!

Geändert von Dadaruhi (05.11.2014 um 14:30 Uhr).
  #5  
Alt 05.11.2014, 18:26
Benutzerbild von Tur1
Tur1 Tur1 ist offline
Benutzer
 
Registriert seit: 06.07.2014
Beiträge: 84
Standard

Zitat:
Zitat von dumpi Beitrag anzeigen
Sie hat sich aufgegeben um dazu zugehören aber sie wird immer Nazlý sein oder wenn man schmeicheln will eine deutsche mi Migration Hintergrund )) niemand sollte sich aufgeben um anderen zugefallen
Nicht nur Mädels, bei Jungs ist es gar nicht anders.
Wenn man unbedingt dazugehören will, bitteschön. Kapi acik. ;-)
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