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Alt 13.11.2005, 22:47
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Standard Das Festhalten am Seile Allahs

Viele Muslime haben Probleme mit den zahlreichen Gruppierungen und Sekten welche im Islam vorhanden sind. Gerade neue Muslime sehen sich oft konfrontiert mit der Frage welcher Richtung sie angehören sollen. Woher kommt diese Konfusion?

Die Angehörigen dieser Gruppierungen behaupten fast alle von sich, dass ihre Jamaat die Besten sind und den Islam am authentischsten, d.h. am nähesten am Qur’an und der Sunna, praktizieren. Es nimmt manchmal sogar die Gestalt von politischen Wahlkämpfen an, bei denen jeder versucht so viel wie möglich Mitglieder um sich zu versammeln.
Die meisten der bis heute existierenden Manhaj, also Denkschulen im Islam, und islamischen Organisationen wurden während der Zeit gegründet, als die Europäer die muslimischen Länder kolonialisiert hatten und dann nach ihrem Abzug einheimische Marionettenregierungen installiert hatten. Der Kolonialismus war einer der schwärzesten Zeiten für den Islam, und für die Muslime, die zu dieser Zeit trotz aller Fitna dennoch den Banner des Propheten aufrecht hielten, war es ein absolute Notwendigkeit sich zu organisieren um zu überleben und Da’wa zu machen. Mit am bekanntesten sind die in Ägypten gegründeten Ikhwan Muslimien, die aus Indien stammenden und jetzt weltweit agierende Tablighi Jamaat, die politische Gruppe Hizbur Tahrir und die sogenannte Salafi-Bewegung. Viele Muslime finden sich auch am wohlsten unter der Obhut einer Sufi Tarikat inklusive Sheikh. Welche Gruppe jetzt die Wahrheit spricht oder gut oder schlecht ist, soll jedoch nicht Bestandteil der Analyse sein. Es soll um den Zusammenhalt unter den Muslimen gehen.

Gerne wird der Hadith des Propheten missbraucht um eine Gruppierung zu diskreditieren, wo er sagt:
„...und so wie das Volk Israels in 72 Sekten zerplittert war, wird meine Ummah in 73 Sekten zersplittert sein. Alle von ihnen werden im Höllenfeuer sein, ausser einer Sekte.“ (Tirmidhi, 171; überliefert von Abdullah Ibn Amr)

Wer wird diese gerettete Gruppe sein? Wenn jedenfalls eine Gruppierung von sich behauptet, dass sie es ist, dann nimmt sie logischerweise von sich an, dass sie vor der Hölle gerettet sind und automatisch ins Paradies kommen. Das kann nicht richtig sein, und diese Einstellung führt nur zu Arroganz und noch mehr Sektiererei. AN-NAWAWI hat gesagt:
„Es ist möglich, dass diese Gruppe unter den verschiedenen Kategorien der Gläubigen aufgeteilt ist. Folglich befinden sich unter ihnen diejenigen, die Mut haben zu Kämpfen. Unter ihnen sind die Fuqaha (Rechtsgelehrten). Unter ihnen sind die Muhadithien (Hadithgelehrte). Unter ihnen befinden sich die Zuhhad (diejenigen, die sich von Extravaganz fernhalten), und diejenigen, die Gutes befehlen und Schlechte verbieten, und zu ihnen gehören andere Leute aus den Kategorien des Guten. Und es ist nicht notwendig, dass sie alle zusammen sind, sie können genau so gut über verschiedene Regionen dieser Erde verstreut sein.“ (Sharh von Sahih Muslim, pv.13 S.67)

Zum einen müssen die Zweifel im Herzen, welche sicherlich nicht wenige Muslime haben, beseitigt werden, welche nach dem Motto gehen: „soll ich jetzt einem Madhab folgen, soll ich heute abend zum Treffen von der und der Gruppe gehen, oder soll ich lieber drei Tage mit den Tablighis gehen, und ist es haram wenn ich ein Buch von Sayed Qutb lese?“

Es herrschen viele Vorurteile. Gelöst werden kann dieses Problem durch die Erlangung von Wissen. Wir müssen über die Geschichte des Islams lesen, herausfinden warum es verschiedene Gruppierungen gab, und welche Vor- und Nachteile diese haben. Kommunikation ist ebenfalls essentiell. Viel wird hinter den Rücken anderer geredet, ohne dass sich wirklich einmal zusammengesetzt wird und über eventuelle Differenzen gesprochen wird und nach wirklichen Lösungen gesucht wird.

Jihad ist eine Medizin für die Muslime in jeglicher Hinsicht. Für die jungen Männer die im Land des Jihads ankommen, gilt nicht das Kriterium für ihre Erlaubnis der Teilnahme welcher Denkschule sie angehören. Wer bereit ist, sich für die Sache Allahs mit seinem Vermögen und sich selbst einzusetzen, ist willkommen.
Sicher ist, bei allen Jamaats, Tariqats und Gruppierungen gibt es

Muslime, die Taqwa besitzen und gute Gläubige sind. Alle arbeiten auf das gleiche Ziel hinzu, nämlich dahin, dass das Wort Allahs auf der Erde regiert; nur ihre Methoden sind verschieden. Manche arbeiten sehr effektiv, andere weniger, einige haben den Islam sehr gut verstanden, andere hingegen vermischen die originalen Lehren des Propheten mit gefährlichen Erneuerungen.

Ein Problem besteht auch darin, dass jeder mit dem Zeigefinger auf den anderen zeigt und ihm seine Fehler offenbart, anstatt auch seine Werke zu respektieren, welche gut für den Islam sind. Es ist natürlich wichtig seinen Bruder im Islam auf Fehler aufmerksam zu machen, falls man diese erkennt, aber gleichzeitig ist es wichtig diesen Bruder zu ermutigen und ihn nicht versuchen durch Takfir aus der Umma, der Gemeinschaft der Muslime, auszuschließen. Nach dem Tode des Gesandten Allahs gab es natürliche Differenzen und Meinungsverschiedenheiten unter den Sahaba in Bezug auf Fiqh-Fragen, die aber nicht zu Zersplitterungen führten, wie es später der Fall war bis zu unser heutigen Zeit.

Kostbare Zeit wird zum Beispiel damit verschwendet um zu diskutieren ob die Sibhah (Perlenschnur zum Dhikr-machen) haram oder helal ist, während die muslimischen Länder eins nach dem anderen vom Feind besetzt werden und unsere Brüder und Schwestern im Islam ihrer Würde, ihrer Ressourcen und ihrer Leben beraubt werden. Muslime schauen zu und streiten sich zusätzlich, anstatt ihre Probleme gemeinsam wie vernünftig denkende Menschen zu lösen. Die Frage ist, wie wir den folgenden Befehl Allahs aus dem Qur’an in die Tat umsetzen können:

Und haltet insgesamt an Allahs Seil fest, und zerfallet nicht, und gedenket der Gnade Allahs gegen euch, da ihr Feinde waret und Er eure Herzen so zusammenschloss, dass ihr durch Seine Gnade Brüder wurdet; und da ihr am Rande einer Feuergrube waret, und Er euch ihr entriss. So macht Allah euch Seine Zeichen klar. (Surah Imran 103)

Yusuf Ali erinnert uns in seinem Qur’an-Kommentar in Bezug auf diese Aya an die Zerstrittenheit und die Stammesfehden, die in der der Stadt Yathrib (Medina) stattfanden, bevor Prophet Muhammad sich dort niederließ und mit der Botschaft des Islams wahre Brüderlichkeit und Zusammenhalt etablierte. Am Schluss fragt Yusuf Ali rethorisch: „Diese arme, streitsüchtige Welt ist ein größeres Yathrib: können wir diese geheiligten Füße auf ihrem Boden etablieren und sie (die Welt) zu einem neuen und größeren Medina machen?“

Allah wird uns nach unserem Glauben UND unseren Taten richten. Das heisst, dass unsere Angehörigkeit einer bestimmten islamischen Gruppierung, bzw. unsere Aqidah, von der wir glauben, dass sie die Richtige ist, uns nicht notwendigerweise ins Paradies bringen wird. Am Allerwichtigsten ist, an keinen anderen Gott ausser Allah zu glauben, dass Muhammad der letzte der Propheten ist, am Quran und der Sunna festzuhalten und so viele guten Taten wie möglich zu verrichten. Und Allah weiss es am besten.