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Alt 15.10.2006, 14:43
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akshalil akshalil ist offline
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Standard olurmu kuzum..aziz nesine verselerdi

ne derdik aceba? o türk milletinin yüzde 60 i aptaldir, Muhammed kurani kendi yazmistir diyen nesin degilmiydi?
eger ödülü o alsaydi, türklere ve islama hakaret ettigi icin ödülü verdiler mi derdik aceb? ayrica aziz nesin nobeli alamaz cünkü kendisi edebiyatci sayilmaz bu anlamda..mizah ve hikaye-piyes yazaridir nesin.. nobel edebiyat ödülü romancilara gider..yasar kemal gibi..ama yasar kemalde 90 lerin sonunda der spiegele verdigi röportajda türkiyenin kürt politikasini siddetle elestirmis ve bizde türkiyede yasar kemali vatan haini diye topa tutup elestirmistik...yani yasar kemal alsa ona da politik diyecektik emin ol..
velhasil ve kaleam ever politik olabalir haklisin..neden böyle oldugun da burda vatandasin biri anlatiyor

Ahmet Altan: Wer Geschichte fälscht, ist verkrüppelt

"J"accuse" oder "Germinal"? Literatur und Politik in der Türkei



Wenn ein wichtiger Schriftsteller aus der Türkei einen der angesehensten Preise der Welt zugesprochen bekommt und dann jemand aus Deutschland in Istanbul anruft und fragt, wie denn die Reaktionen auf diesen Preis in der Türkei seien, positiv oder negativ, dann haben wir offensichtlich ein Problem.


Warum fällt einem als erstes die Frage ein, ob man es in der Türkei als Ausdruck von Freundschaft oder von Feindschaft versteht, wenn Orhan Pamuk, ein Autor der allerersten Güte, den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhält?

Sie fällt einem ein, weil solche Fragen begründet sind. Heute hat in der Türkei kaum jemand Zweifel an Pamuks literarischer Qualität. Wenn heute hinterfragt wird, warum er ausgezeichnet wird, wenn ein Schatten auf diesen Preis fällt, von dem ich glaube, daß ihn Pamuk wahrlich verdient hat, dann hat Literatur damit nichts zu tun.

Dafür verantwortlich sind der türkische Mangel an Mut, Tatsachen zu akzeptieren, und die europäische Geringschätzung der Literatur. Die Türkei ist ein Land, das seinen Kindern seine Geschichte falsch beibringt. In diesem Land lernt kein Kind in der Schule, daß in einer vergangenen Zeit Türken Armenier auf eine blutige Reise über die Schwelle des Todes geschickt haben.

Wenn eines Tages jemand diese Wahrheit in schlichten Worten ausspricht, sind die ersten Reaktionen unausweichlich der Aufschrei: "Das ist gelogen!" Wer so schreit, hat auf seine Weise sogar recht, denn ihm wurde nie etwas von diesen Dingen erzählt. Der ist nämlich davon überzeugt, daß jemand, der so etwas sagt, ein Feind der Türken ist. Daß eine ganze Menge Türken glauben, die Welt hasse die Türken, liegt an der erbärmlichen Unkenntnis ihrer Geschichte, daran, daß sie unwissend gehalten werden. Das ist der erste Grund für die Reaktionen auf Pamuks mutige Äußerungen zum Problem der Armenier.

Der andere ist der bedauerliche Mangel an Liebe zur Literatur, der bei den Europäern in letzter Zeit zu beobachten ist. Europa erweckt den Eindruck, als messe es Autoren, die außerhalb seines Territoriums leben, mehr an ihrem politischen Mut als an ihrem literarischen Wert. Politischer Mut sammelt mehr Applaus als literarischer Wert. Die Europäer geben ein so seltsames Bild ab, als würden sie, wenn Émile Zola Pakistani wäre, sein "J"accuse" für wichtiger halten als "Germinal".

Kein wahrer Schriftsteller wünscht sich, daß sein politischer Mut seinen literarischen Wert verdunkelt, sondern findet so etwas vielmehr beschämend. Aber manchmal werden Schriftsteller mit solchem Leid konfrontiert, daß sie nicht anders können, als mit einem Aufschrei die Menschen aufzuwecken, und daß sie versuchen, das Gewissen der Leute aufzustören, um menschlichen Schmerz zu lindern. Daß sie das tun, erhöht ihren literarischen Rang nicht; und wenn sie es nicht tun, wird er nicht gemindert. Sie tun so etwas, weil sie keine Wahl haben.

Aber daß Europa sein Ohr mehr dem politischen Aufschrei öffnet als dem feinen Flüstern der Literatur, weckt bei den Leuten Zweifel. Sie fragen sich: "Interessiert sich Europa für einen Schriftsteller, der mich kritisiert, weil er die Wahrheit sagt und mich so in Schwierigkeiten bringt, oder weil es seine Literatur schätzt?" Und die das Sagen im Lande haben, stacheln solche Verdächtigungen schamlos auf.

Daß Pamuk diesen wohlverdienten Preis gleich nach der Diskussion um die Armenier erhält, führt leider zu mißgünstigen Verdächtigungen. Nicht wenige rümpfen die Nase wegen dieser Auszeichnung und unterstellen ihr außerliterarische Motive. Ich glaube, dieser Preis würde Deutsche, Türken und auch Pamuk glücklicher machen, wenn die Türkei ihrer eigenen Vergangenheit nicht so unwissend gegenüberstünde und ihre Schriftsteller, die Tatsachen aussprechen wollen, nicht dazu verurteilte, "mutig zu sein", und wenn Europa eine Liebe zur Literatur demonstrierte, die die Leute davon überzeugte, daß sie nur mit literarischen Maßstäben gemessen wird.

Bedauerlicherweise durchleben wir eine Zeit der Defekte. Jede Gesellschaft hat ihre eigenen Defekte. Die Türkei ist durch die Lügen über ihre eigene Vergangenheit verkrüppelt. Europa ist behindert, weil es mit der Taubheit von jemandem, der seine Kreativität weitgehend verloren hat, dazu neigt, politischen Heldenmut in anderen Ländern wichtiger zu nehmen als Literatur. All diese Defekte werden am Ende in der Literatur gespiegelt.

Ein wertvoller Schriftsteller wie Pamuk, der der Stolz der Türkei sein müßte, wird mit ungerechtfertigten Unterstellungen gepeinigt, eine hohe Auszeichnung von Zweifeln überschattet. Es ist nicht leicht, Defekte schnell zu beheben, aber wenn Europa glaubwürdiger macht, daß es die Literatur nur als Literatur sieht, dann tut es etwas dafür, einen so wichtigen Schriftsteller wie Pamuk, der keines außerliterarischen Maßes bedarf, vom Zwielicht ungerechtfertigter Anschuldigungen zu schützen.

Aus dem Türkischen von Christoph K. Neumann.

25 Juni 2005
Frankfurter Allgemeine Zeitung