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Alt 28.12.2004, 21:09
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delahoyaa delahoyaa ist offline
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Standard Meine einzige Schuld ist, als Kurdin...

Devrim Kaya: "Meine einzige Schuld ist, als Kurdin geboren zu sein"

Der Titel sagt ja schon alles...

Eigentlich sollte das Buch &ltMeine einzige Schuld ist, als Tochter meines Vaters geboren zu sein&gt heißen, da man eigentlich sehr wenig über die PKK, Kurden usw. erfährt.

Das Buch ist genauso kitschig wie sein Titel. Die Autorin erzählt ihre &ltPKK-Karriere&gt, obwohl sie niemals aktiv bei der PKK war und noch nie eine Waffe in der Hand hielt, und das mit strotzendem kurdischem Nationalismus und voller Selbstüberzeugung. Mehrere Male berichtet sie, wie klug und clever sie doch ist und alle anderen immer austrickst oder überflügelt.

Außerdem spricht sie auch ständig (vor allen in den ersten Kapiteln) von Kurdistan und eigentlich nie von der Türkei als Land und nennt z. B. Mersin &lttürkisches Ausland&gt oder spricht von &ltosmanisch-islamischer Fremdherrschaft&gt. Die Unterscheidung zwischen &ltMoslem&gt und &ltAlewiten&gt geht einem mit der Zeit auch auf die Nerven (statt Sunnite/Alevite).

Ich kann auch gut verstehen, warum so viele Häftlinge in der Türkei gegen modern Einzelzellen sind, da Autorin schreibt: &gtDurch die ideologische Schulung fühlten wir uns nicht mehr als Gefangene in einem Gefängnis, sondern vielmehr als Studenten an einer Universität der Revolution.&gt (Seite 133).

Das Buch ist bis zur ihrer Flucht nach Deutschland eigentlich ganz interessant bzw. nicht langweilig, danach aber wird das Buch sehr flach. Die Autoren beschreibt wieder den ständigen Streit in ihrer Familie und ihre &ltbeispielhafte&gt Integration, ihren Aufstieg bei McDonald’s, ihr Asylverfahren usw.

Folgende Fehler/Unwahrheiten mindern die Glaubwürdigkeit der Autorin:
- In der Türkei fanden die Militärputsche nicht 1974 und 1977 sondern aber 1960, 1971 und 1980 statt (dieser Fehler taucht sogar 2x auf)
- Das Erdbeben von Erzincan fand nicht am 17.03.1992 sondern am 13.03.1992 statt.
- &ltDevrim&gt ist kein kurdischer Name sondern das türkische Wort für &ltRevolution&gt und unter linksgerichteten türkischen Familien ein üblicher Name. Das kurdische Wort für &ltRevolution&gt lautet übrigens &gtQelibin&gt oder auch &ltWergerin&gt, doch das scheint unsere kurdische Autorin nicht zu wissen.
- Obwohl sie aus Tunceli stammt und im Gefängnis &ltKurdische Geschichte&gt unterrichtet, erwähnt sie kein einziges Mal Zazas oder Zazaki sondern spricht nur von Kurden und Kurdisch.
- Auch religiös scheint sie einige Bildungslücken zu haben, da sie ständig zwischen Moslems und Aleviten unterscheidet, statt zwischen Sunniten und Aleviten, und das, obwohl sie 6 Jahre auf einer religiös geprägten Schule war.
- Unterstes Niveau ist zum Beispielt folgendes: „Zur Zeit der Alewitenverfolung in der Türkei sagt man sogar, dass ein Sohn einer muslimischen Familie entweder einen alewitsichen Mann töten oder eine alewitische Frau heiraten sollte, um ins Paradies zu gelangen.“ (Seite 216)
- Vor allem ihre angeblichen Foltererfahrungen im Gefängnis sind zwiespältig, da sie sich aktiv der PKK anschließen und &ltin den Bergen kämpfen&gt, also morden wollte und auch immer wieder die PKK-Gewalt verherrlicht.
- Zweifelhaft ist auch, dass eine nicht anerkannte Asylantin, die kurz vor der Abschiebung steht, 20.000 Mark Kredit erhalten kann.
- Offen gibt sie zu, dass man den Mord an ihren Onkel durch die PKK der türkischen Kontergerilla in die Schuhe schiebt.
- Im Schlusswort von Günter Wallraff wird Tunceli (mal wieder) falsch übersetzt: Es heißt &ltLand der Bronze&gt und nicht &ltdie eiserne Faust&gt.

Zum Glück habe ich dieses Buch gebraucht für 2 EUR gekauft, mehr ist es wirklich nicht wert. Wer sich für dieses Thema interessiert sollte &ltPKK&gt von Selim Cürükkaya lesen.