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Alt 11.10.2005, 14:40
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halitpasa75 halitpasa75 ist offline
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Standard o.T.

Zunächst einmal finde ich es großartig, dass sich hier überhaupt jemand für den möglichen EU-Beitritt der Türkei interessiert.

Bezüglich des EU-Beitritts der Türkei sehe ich, wenn ich ehrlich bin, Licht im Tunnel, jedoch erkenne ich, im Gegensatz zu vielen anderen, dass dieses Licht von einem entgegenkommenden Zug stammt!

Bevor ich im Text weitermache noch folgendes. Ich habe mir erlaubt dich zu dutzen, was ich einfach weiterhin tue. Daher finde ich es auch ganz okay, wenn Du mich ebenfalls dutzt. Ich schreibe das nur, weil Du in deinem letzten Satz das "Du" in Frage gestellt hattest.

Um auf deine Fragen zurückzukommen. Ich sehe keine unüberbrückbaren Kulturunterschiede und den Diskurs gab es schon immer, das ist nichts Neues für uns bzw. mich.
Ich weiß, dass Diskussionen in der Regel wenig bringen, weil das "Türkenbild" in den Köpfen der meisten Menschen derart eingemeißelt ist, dass man es nur sehr schwer wieder aus den Köpfen bekommt.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele ihr Türkenbild dann etwas revidieren, wenn sie Kontakt zu Türken bekommen, die durch ihr auftreten ein positives Bild vermitteln. Dann und in der Regel nur dann, fangen die Leute an ihre eigenen, negativen, Positionen zu hinterfragen.
Vielleicht noch ein kurzer Satz zu uns, den in Deutschland lebenden Türken. Wir tun auch so einiges um das negative Türkenbild noch weiter zu verfestigen. Wir sollten uns auch einmal hinsetzen und darüber nachdenken, was wir falsch machen. Ich muss jedenfalls jedesmal kräftig schlucken, wenn mir ein Türkei-Urlauber sagt, dass die Türken in der Türkei ganz anders seien als die Türken in Deutschland. Ich weiß, dass das als Kompliment an meine Landsleute in der Türkei zu verstehen ist und nicht als Kompliment an unsere Adresse geht.

Wieder zu den Kulturunterschieden. Es gibt keine unüberbrückbaren Kulturunterschiede und ich kann es, glaube ich, beweisen.

Gibt es zwischen den Türken und der EU unüberbrückbare Kulturunterschiede, so darf die EU keine Türken aufnehmen. Das ist das unseren Überlegungen zugrundeliegende Axiom.

Schätzungsweise über 1 Mio. Türken sind mittlerweile EU-Bürger, weil sie die Staatsangehörigkeit des Staates, in welchem sie leben, angenommen haben.
Türken wurden somit durch die EU-Staaten in die EU aufgenommen. Hätten unüberbrückbare Kulturunterschiede bestanden, so hätte man diese Menschen nicht aufnehmen dürfen. Nun kann gesagt werden, dass die Menschen bereits vor Ort lebten und die nationalen Gesetze die Staaten zur Einbürgerung zwang. Gut.

In Griechenland lebt eine nicht zu unterschätzende türkische Minderheit, mittlerweile EU-Bürger. In Rumänien ist eine türkische Minderheit vorhanden, trotzdem wird Rumänien mit den dort lebenden Türken zusammen demnächst EU-Mitglied. In Bulgarien lebt eine große türkische Minderheit, welche sogar seit geraumer Zeit in der Regierungsverantwortung ist und einer der treibenden Motoren bei der Aufnahme Bulgariens in die EU war und auch weiterhin ist. 2007 werden auch diese Türken ein Teil der EU. Die EU hat unter Bruch geltenden Völkerrechts und völkerrechtlicher Veträge "Zypern", besser die illegale Regierung des Südteils, in die EU aufgenommen, wobei die EU die gesamte Insel mitsamt der türkischen Bevölkerung als aufgenommen wissen will. Alles Türken. All diese Türken hat die EU freiwillig aufgenommen. Würden unüberbrückbare Kulturunterschiede bestehen, so würde man Türken doch nicht in die EU aufnehmen, siehe unser Axiom. Mittlerweile sind aber schätzungsweise weit über 3 Millionen Türken bereits EU-Staatsangehörige (bzw. werden es bis 2007 sein).

Religion als unüberbrückbarer Kulturunterschied scheidet ebenfalls aus. Zum einen aus den vorgenannten Gründen (so gut wie alle Türken die bereits EU-Staatsangehörige sind, sind auch Muslime) und zum anderen, weil der Islam in fast allen Fragen quasi deckungsgleich mit dem Judentum ist. Juden und Muslime unterscheiden sich in so gut wie keinem Punkt, stehen sich damit viel näher als den Christen.

Anerkannt ist, dass der abendländische Kulturkreis auf "christlich-jüdischen" Werten aufbaut. Meines Erachtens stimmt das nicht, weil mit dieser Aussage mehr als 1000 Jahre muslimischer Einfluss in Europa einfach verleugnet wird. Das ist aber ein anderes Thema. Wie gerade festgestellt sind sich Islam und Judentum sehr ähnlich und stehen sich sehr nahe. Wenn Christentum und Judentum miteinander können, die Unterschiede dieser Religionen nicht unüberbrückbar sind, so gilt dies erst recht für den Islam, der dem Judentum sehr nahe steht und auch dem Christentum näher ist als das Judentum dem Christentum, denn der Islam erkennt Jesus auch als Propheten an. Somit sind die religiösen Unterschiede ebenfalls nicht unüberbrückbar.

Mir stellen sich somit 3 Fragen.
1. Sind die Betonköpfe in Reihen der EU überbückbar, um den Wert der Türkei für die EU landläufig zu erkennen und einer schnellen Volmitgliedschaft zuzustimmen.

2. Ist die jetzige türkische Regierung überbrückbar, damit nicht den Türkeigegnern alle Trümpfe in die Hand gegeben wird und ich endlich sagen kann, wir haben auch etwas vom EU-Beitrittsprozess und wir werden Vollmitglied ohne die nationalen Interssen und die verfassungsmäßige Ordnung zu gefährden.

3. Was denkst Du persönlich über das Thema EU-Beitritt der Türkei?