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Alt 13.08.2013, 21:29
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Und auch das, was sich während des Prozesses abspielte, hatte wenig mit Rechtsstaatlichkeit zu tun: Entlastende Beweismaterialien verschwanden, unabhängige Gutachter stellten Manipulationen an digitalen Datenträgern fest. Zeugen durften von der Verteidigung nicht vernommen werden, aber illegal abgehörte Telefonate und anonyme Aussagen ließ das Gericht als Beweismaterial zu. „Die Gerichtsverhandlungen waren bisweilen so absurd, dass unsere Anwälte das Gefühl hatten, irgendjemand habe zuvor ein lustiges Drehbuch dafür verfasst“, sagt Sabuncu. In ein paar Tagen will der Journalist zurückfliegen in die Türkei. Er weiß, dass die Behörden seinen Pass bei der Einreise konfiszieren werden, denn so erging es dem Kollegen, der sich nach der Konferenz schon am Wochenende auf den Heimweg gemacht hatte.

Sabuncu nimmt das in Kauf, er möchte das Urteil anfechten. Auch Türkkan hat das vor, allerdings von Deutschland aus. Er hat sich entschieden, hier zu bleiben: „Gegen mich läuft schon ein Haftbefehl, die Polizei würde mich vom Flughafen direkt ins Gefängnis bringen.“ Einen Asylantrag stellen wird er nicht, denn das könnte als Eingeständnis einer Niederlage angesehen werden. Ein Frankfurter Anwalt bemüht sich derzeit darum, eine Aufenthaltserlaubnis als freiberuflicher Journalist für ihn zu erwirken. Türkkan sagt: „Der tiefe Staat ist nicht zerstört worden. Der Prozess hat einen neuen tiefen Staat offenbart.“

FAZ