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Alt 29.12.2007, 23:54
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Standard Fazil Say kritisiert türkische Regierung

Aferin Fazil Say, cok güzel söylemessin, sana hepten katiliyorum!


"Seine Drohung, das Land zu verlassen, stürzt die Türkei in einen neuen Streit
Der weltberühmte Pianist Fazil Say kritisierte die türkische Regierung. Jetzt ist die Aufregung in seiner Heimat gross.

Drei kleine Sätze. Sieben Zeilen, in einem Interview in der «Süddeutschen Zeitung» (13. Dezember) von mehr als 260 Zeilen. Und die Türkei steht Kopf. «Weisst du, unsere Träume wurden ein bisschen getötet in der Türkei», hatte der türkische Pianist Fazil Say vergangene Woche gesagt: «Die Frauen aller Minister tragen Kopftücher, die Islamisten haben ohnehin schon gewonnen, wir sind 30 Prozent, die anderen 70. Ich denke darüber nach, woanders hinzuziehen.» Wumm! Als habe da eine Lunte gelegen, die nur auf einen Funken wartete: Kolumnisten explodierten, Politiker gingen in die Luft, und Premierminister und Präsident mischten sich am Ende auch noch ein. Und sie alle stellten noch einmal die Schlacht des vergangenen Jahres nach.

In den blanken Nerv gestochen
Es war dies das Jahr, in dem die aufsteigende anatolische Bourgeoisie endgültig die Macht übernahm in Ankara: Die AKP gewann die Parlamentswahlen haushoch und brachte dann Aussenminister Abdullah Gül ins Präsidentenamt. Und weil die AKP islamische Wurzeln hat, ist das vielen nicht geheuer - allen voran jenen, die dabei sind, ihre Pfründe und Privilegien zu verlieren: die alte Kaste von Kemalisten und Militärs, die sich jahrzehntelang berufen sahen, diesen Staat «für das Volk, trotz des Volkes» zu regieren. Sie zählen seither jedes Kopftuch, das an ihrem Fenster vorübermarschiert. Kommt der Gottesstaat, oder kommt er nicht?

An der Antwort auf diese Frage scheidet sich das Land und die Lager streiten erbittert. In diesen blanken Nerv stachen die Worte Fazil Says aus dem fernen Paris. Say legte kurz darauf noch nach: Er fürchte, die Türkei gleite ins dunkle Mittelalter ab, schrieb er in einer Pressemitteilung: «Die Menschen und die Presse mögen das nicht bemerken. Aber ein Künstler ist jemand, der die Gefahr der Dunkelheit spürt.»



Fazil Say ist nicht irgendjemand. Er ist ein Türke, der es in der Welt zu etwas gebracht hat. In Düsseldorf und Berlin ausgebildet, in den Konzertsälen New Yorks, Tokios und Londons zu Hause. Sehr viele von dem Kaliber hat die Türkei nicht. Auch das erklärt die empfindlichen Reaktionen. Soll er doch gehen, erklärte AKP-Vizechef Dengir Mir Mehmet Firat verschnupft: «Ich würde ihm nicht nachweinen.» Premier Tayyip Erdogan, der sich von Say direkt angesprochen fühlen durfte, versuchte es mit hölzernem Patriotismus: «Wir werden sicher einmal eine starke Türkei. Ein Künstler, der hier geboren ist, sollte hier bleiben.» In die gleiche Kerbe hieb die Pianistin Burcin Büke, die Say daran erinnerte, dass in der Türkei erst einmal die Demokratie gesiegt habe und noch lange nicht der Islamismus, und die dann betroffen fragte, wie denn einer sein Land im Stich lassen könne, «wenn seine Landsleute gerade mit dem Terrorismus im Südosten kämpfen».

Wie demokratisch ist die Türkei?
Applaus erhielt Say von der oppositionellen CHP, die im Parlament die Kemalisten-Veteranenfraktion stellt. Vielleicht deshalb erregte sich der Modeschöpfer Cemil Ipekci so. Ipekci warf Say vor, er mache sich zum Sprecher der Leute, die «in Nisantasi» zu Hause sind, im Nobelviertel von Istanbul, und denen das Schicksal der 65 Millionen einfachen Türken egal sei. Says Worte seien die «letzten Schreie der Dinosaurier», so Ipekci. Tatsächlich teilen auch andere junge Künstler Fazil Says düstere Prophezeiungen nicht. «Die AKP stellt die beste Regierung, die ich in meinem ganzen Leben je erlebt habe in diesem Land», meint gar der Musiker und Techno-DJ Mercan Dede: «Die Türkei wird immer demokratischer.» Viele liberale Kommentatoren sehen im extremen Nationalismus eine grössere Gefahr für die Türkei als im Islamismus.

Kulturminister Ertugrul Günay, ein alter Sozialdemokrat, fand die versöhnlichsten Worte: «Ich denke, er hat das aus persönlichem Frust heraus gesagt. Keiner muss die Türkei verlassen. Wir können alle Hand in Hand in diesem schönen Land leben.» Günay sagte, er wolle Say treffen: «Künstler sind Dickköpfe. Ich werde von Angesicht zu Angesicht mit ihm sprechen. Ich denke, wir werden uns am Ende versöhnen.» Und wenn nicht? Fazil Says Vater Ahmet hatte diesen Rat an seinen Sohn: «Bleibe hier und kämpfe!»"

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