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Alt 24.04.2005, 13:14
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Standard Theforgotten

Eine Bürde, an der wir noch lange schwer tragen werden"
Aus den Archiven des Auswärtigen Amtes in Berlin
Berlin - Im folgenden dokumentiert die WELT Zitate aus Berichten deutscher Diplomaten, Amtsträger und Offiziere, die im Archiv des Auswärtigen Amtes lagern:

Am 18. November 1915 berichtet Bagdadbahn-Vizechef Günther über den vom deutschen Offizier Böttrich unterzeichneten Deportationsbefehl für die armenischen Angestellten der Bagdadbahn:


"Unsere Gegner werden einmal viel Geld bezahlen, um dieses Schriftstück zu besitzen, denn mit der Unterschrift eines Mitglieds der (deutschen) Militärmission werden sie beweisen, daß die Deutschen nicht allein nichts getan haben, um die Armenierverfolgung zu verhüten, sondern daß gewisse Befehle zu diesem Ziel sogar von ihnen ausgegangen, d.h. unterschrieben worden sind. Mit faustischem Lächeln hat der (türkische) Militärkommissar den Finger auf die Unterschrift des Herrn Böttrich gelegt, denn auch für die Türken ist die Tatsache kostbar, daß dieses Dokument, von dem noch viel die Rede sein wird, eine deutsche und nicht eine türkische Unterschrift trägt."


Kanzler Bethmann Hollweg am 7. Dezember 1915: "Unser einziges Ziel ist, die Türkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu halten, gleichgültig ob darüber Armenier zu Grunde gehen oder nicht." Botschafter Paul Graf Wolff-Metternich in einem Dokument vom 3. April 1916: "Die türkische Regierung vertritt den Standpunkt, daß die Umsiedelungsmaßnahme nicht nur - wie wir zugegeben haben - in den Ostprovinzen, sondern im ganzen Reichsgebiet durch militärische Gründe gerechtfertigt war. Hieran wird sowohl die jetzige Regierung wie jede folgende, falls kein völliger Systemwechsel eintritt, mit größter Zähigkeit festhalten." Der deutsche Botschafter Hans Freiherr von Wangenheim zum Ziel der Jungtürken: "Die Art, wie die Umsiedelung durchgeführt wird, zeigt, daß die Regierung tatsächlich den Zweck verfolgt, die armenische Rasse im türkischen Reiche zu vernichten." Am 20. Mai 1915 berichtet der Verweser in Erzerum, Max Erwin von Scheubner-Richter, an Botschafter Wangenheim in Konstantinopel: "Die Massen der ausgesiedelten Armenier ziehen, von wenigen Gendarmen begleitet, in breitem Strom über die mit Mühe frisch bestellten Felder oder lagern auf denselben. Das Vieh weidet die Saaten ab. ... Das Elend - Verzweiflung und Erbitterung sind groß. Die Frauen und ihre Kinder warfen sich vor mein Pferd und baten um Hilfe. Armenische Bevölkerung erblickt in mir als einzigem Vertreter christlicher Macht ihren natürlichen Beschützer. Lage schwierig und peinlich. Bitte Ew. Exzellenz, mich möglichst durch entsprechende Schritte bei der Pforte (türkische Regierung) unterstützen zu wollen." Telegrafische Antwort von Botschafter Wangenheim am 3. Juni 1915) "Ich muß zu meinem Bedauern von einer erneuten Verwendung für die Armenier bei der Pforte zunächst absehen. Auch wollen Ew. pp. in dieser Sache keine weiteren Schritte bei den dortigen Militärbehörden unternehmen." Drei Tage zuvor hatte Wangenheim an das Auswärtige Amt in Berlin folgende Einschätzung gemeldet: "(Kriegsminister und oberster Militärführer) Enver Pascha beabsichtigt zur Eindämmung armenischer Spionage und um neuen armenischen Massenerhebungen vorzubeugen, unter Benutzung des Kriegs- (Ausnahme-) Zustands eine große Anzahl armenischer Schulen zu schließen, armenische Zeitungen zu unterdrücken, armenische Postkorrespondenz zu untersagen und aus den jetzt insurgierten armenischen Zentren alle nicht ganz einwandfreien Familien in Mesopotamien anzusiedeln. Er bittet dringend, daß wir ihm hierbei nicht in den Arm fallen." Im Sommer 1918 hat Botschaftsprediger Pfarrer Graf von Lüttichau seine Erkenntnisse durch ausführliche Reisen, Gespräche und Recherchen schriftlich festgehalten: "In den östlichen Provinzen ... sind von der (armenischen) Gesamtbevölkerung 80 bis 90 Prozent, von der männlichen Bevölkerung 98 Prozent nicht mehr am Leben. ... Die Vernichtung der Vertriebenen, die nur allzu gut und gründlich gelungen ist, war eine politische Maßnahme der Regierung. ... Die Türkei handelte mit vollem Bewußtsein, selbstherrlich. ... Überall auf meiner Reise habe ich die Erkenntnis gewonnen, daß es sich um ein ganz systematisches Verfahren handelte. ... Nicht nur die Feinde, auch die breite Masse des (armenischen) Volkes belastet uns mit der Schuld, eine Bürde, an der wir noch lange schwer tragen werden." DW

Artikel erschienen am Sam, 23. April 2005


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