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Alt 05.01.2005, 17:13
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Standard Hilfe im Zeichen von Machtinteressen

05. Januar 2005

Hilfe im Zeichen von Machtinteressen

Geberstaaten rivalisieren um Spitzenrolle beim humanitären Einsatz

Die weltweit überwältigende private Spendenbereitschaft für die Opfer der Flutkatastrophe im Indischen Ozean wird begleitet von Finanzhilfen der Geberstaaten, die sich auch aus weniger selbstlosen Motiven speisen dürften: Hinter den von den USA, Japan, der Weltbank, China und den europäischen Mächten versprochenen oder bereits überwiesenen Summen stehen zum Teil handfeste geopolitische Interessen in Süd- und Südostasien. Dabei rivalisiert das "alte Europa" mit den USA und diese stehen in Konkurrenz zu den UN, während Japan und China sich die Rolle als regionale Führungsmacht streitig machen.

Die Bundesregierung will ihre bisher zugesagte Soforthilfe für die Katastrophenregion in Höhe von knapp 20 Millionen Euro auf 500 Millionen Euro aufstocken und setzt sich damit in der "Rangliste" der Geberländer auf Platz eins noch vor Japan und den USA.

Kurz vor der am Donnerstag in der indonesischen Hauptstadt Jakarta beginnenden Konferenz der Geberländer unterstreicht Berlin damit seinen Anspruch auf politischen Einfluss im Weltmaßstab entsprechend Deutschlands Gewicht als wirtschaftlicher Führungsmacht in Europa. Frankreich beanspruchte unterdessen nach den Worten seines Innenministers Dominique de Villepin die Rolle des "Koordinators" der Flutopferhilfe der Europäischen Union.

Großbritannien, engster Verbündeter der USA im Irak und an vierter Stelle der Liste, macht sich als derzeitiger Vorsitzender der Gruppe der sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) für einen Schuldenerlass zugunsten der von der Flutkatastrophe betroffenen Länder stark.

Das Thema wird die Geberstaaten nach dem Krisengipfel in Jakarta noch länger beschäftigen: zunächst auf der Geberkonferenz in Genf am kommenden Dienstag sowie beim Treffen des Pariser Clubs (G8 plus zehn europäische Staaten sowie Australien) am darauf folgenden Tag in der französischen Hauptstadt.

Die Rede ist auch von einer Schuldenstundung, einem Moratorium oder einem "Marshallplan" für die Katastrophenregion - so wie nach 1945 für den Wiederaufbau Europas zu Beginn des Kalten Krieges gegen die Sowjetunion.

Indonesien, das von den betroffenen Staaten mit etwa 131 Milliarden Dollar (98,6 Milliarden Euro) am meisten im Ausland verschuldete Land steht im Mittelpunkt der Hilfsbemühungen. Es ist zugleich das von dem verheerenden Seebeben am schwersten heimgesuchte Land mit den meisten Todesopfern.

Noch-US-Außenminister Colin Powell sagte am Dienstag nach seiner Ankunft in Indonesien, dem bevölkerungsreichsten moslemischen Land der Welt, die von Washington zugesagten 350 Millionen Dollar (263 Millionen Euro) und die Hilfsaktionen des US-Militärs für die Flutopfer seien die Reaktion der Vereinigten Staaten auf die humanitäre Tragödie. Gerade die moslemische Welt könne sich dadurch von der "amerikanischen Großzügigkeit und den amerikanischen Werten in Aktion" überzeugen.

Schließlich ist das Ansehen der USA in der moslemischen Welt seit dem Irak-Krieg auf dem Tiefpunkt. Nach dem Seebeben vor Sumatra wollte US-Präsident George W. Bush zunächst nur 15, dann 35 Millionen Dollar für die Flutopfer zur Verfügung stellen. Als es - auch seitens der UN - Kritik an dem "knauserigen" Hilfsgebaren des mächtigsten Landes der Erde hagelte, verzehnfachte Bush die Hilfssumme.

Und angesichts von Bushs Ankündigung, er wolle die Hilfsmaßnahmen zunächst einmal mit Australien, Japan und Indien koordinieren, fühlten sich viele an die "Koalition der Willigen" erinnert, mit der Washington den UN die Oberhoheit im Irak streitig macht.

Inzwischen kreuzt der US-Flugzeugträger "Abraham Licoln" zusammen mit anderen Einheiten der US-Navy bereits vor Sumatra, und US-Hubschrauber verteilen Hilfsgüter im Katrastrophengebiet wie seinerzeit die "Rosinenbomber" in Berlin.

Frankreich setzte erst am Dienstag den Hubschrauberträger "Jeanne-d"Arc" von Dschibuti aus in Richtung Sumatra in Bewegung. Deutschland hatte den Einsatzgruppenversorger "Berlin", das größte Schiff der Bundeswehr, am Freitag an das gleiche Ziel beordert.

(N24.de, AFP)



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