Zweifel
`Folgt man Descartes - und ich tat es - beginnt man zu zweifeln - und ich tat es.
Man zweifelt an Erfahrungen, Eindrücken, dem Wahrnehmbaren als etwas
Einbildbares. Es bleibt nicht viel übrig. Wenn auch nicht wenig: Zweifel. Es
bleibt die Methode selbst, die sich aus eigener Kraft nicht abzuschaffen vermag
und damit wahrlich keine Schwäche zeigt - nein, die Unzulänglichkeit des
Zweifels sich selbst anzuzweifeln leistet gar Großes: Sie beweist immerhin die
Existenz des den Zweifel Ausübenden. Der Zweifler ist. Ich zweifle. Ich bin.
Ich bin. Das ist ein Ansatz. Eine Grundfeste. Doch komme ich über diesen Punkt
hinaus? Der Zweifel, so nützlich er mir war mich meiner Selbst zu versichern,
schwebt nach wie vor im Raum und zweifelt alles Anzweifelbare an. Und das ist
viel - außer mir selbst und meinem Zweifel letztendlich alles. Alles, das
erfahren, gelernt, gehört, gefühlt, gesehen wird.
Sie fällt folglich schwer, die Rückkehr zur zweifellosen Normalität. Selbst bei
Ausklammerung jeglicher durch Zweifel hervorgerufener emotionaler Kälte bleibt
ein Gefühl philosophischer Einsamkeit, oder besser: philosophischer
Isolation. So viel der Zweifel also brachte, so viel hat er auch genommen. Für
immer. Es wird mir nicht gelingen, die Existenz eines anderen zum Zweifeln
befähigten Wesens zu beweisen. Mein mich in die Wahrheit der Existenz
rückender Zweifel nimmt mir dieses Umfeld und entwaffnet mich fortwährend. Er
nimmt, wie er gibt.
Um Weiterzukommen muss ich fortan Kompromisse eingehen. Will ich mit einer
anderen Person diskutieren, muss ich den Zweifel an ihrer Existenz beiseite
schieben. Axiomatisch werde ich das Naturgesetz formulieren: Es gibt andere
Menschen. Glaubensgleich werde ich bekennen: Ich bin nicht allein. Trotz meiner
Zweifel werde ich einer Religion angehören.
Dem Glauben an die Anderen.
.
|