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Deutsche Aphorismen und Gedichte
Aus dem Buch JOHANNES von Heinz Körner
Bitte höre, was ich nicht sage! Laß dich nicht von mir narren. Laß dich nicht durch das Gesicht täuschen, das ich mache. Denn ich trage tausend Masken - Masken, die ich fürchte abzulegen. Und keine davon bin ich. So tun als ob ist eine Kunst, die mir zur zweiten Natur wurde. Aber laß dich dadurch nicht täuschen, um Gottes Willen, laß dich nicht von mir narren. Ich mache den Eindruck, als sei ich umgänglich, als sei alles sonnig und heiter in mir, innen wie außen, als sei mein Name Vertrauen und mein Spiel Kühle, als sei ich ein stilles Wasser und als könne ich über alles bestimmen, so als brauchte ich niemanden. Aber glaube mir nicht, bitte, glaube mir nicht! Mein Äußeres mag sicher erscheinen, aber es ist meine Maske. Darunter ist nichts Entsprechendes. Darunter bin ich wie ich wirklich bin: verwirrt, in Furcht und alleine. Aber ich verberge das. Ich möchte nicht, dass es irgendjemand merkt. Beim bloßen Gedanken an meine Schwäche bekomme ich Panik und fürchte mich davor, mich anderen überhaupt auszusetzen. Gerade deshalb erfinde ich verzweifelt Masken, hinter denen ich mich verbergen kann: eine lässige, kluge Fassade, die mir hilft, etwas vorzutäuschen, die mich vor dem wissenden Blick sichert, der mich erkennen würde. Dabei wäre dieser Blick gerade meine Rettung. Und ich weiß es. Wenn er verbunden wäre mit Angenommen werden, mit Liebe. Da ist das Einzige was mir Sicherheit geben würde, die ich mir selbst nicht geben kann: das ich wirklich etwas wert bin. Aber das sage ich dir nicht. Ich wage es nicht. Ich habe Angst davor. Ich habe Angst dass dein Blick nicht von Annahme und Liebe begleitet wird. Ich fürchte du wirst gering von mir denken und über mich lachen - und dein Lachen würde mich umbringen. Ich habe Angst, dass ich tief drinnen in mir selbst nichts bin, nichts wert, und das du das siehst und mich abweisen wirst. So spiele ich mein Spiel, mein verzweifeltes Spiel: eine sichere Fassade außen und ein zitterndes Kind innen. Ich rede daher im gängigen Ton oberflächlichen Geschwätzes. Ich erzähle dir alles was wirklich nichts ist, und nichts von alledem, was wirklich ist, was in mir schreit; deshalb laß dich nicht täuschen von dem, was ich aus Gewohnheit rede. Bitte höre sorgfältig hin und versuche zu hören, was ich nicht sage, was ich gerne möchte, was ich um des Überlebenswillen rede und was ich nicht sagen kann. Ich verabscheue Versteckspiel. Ehrlich! Ich verabscheue dieses oberflächliche Spiel das ich da aufführe. Es ist ein unechtes Spiel. Ich möchte wirklich echt und spontan sein können; einfach ich selbst, aber du musst mir helfen. Du musst deine Hand ausstrecken, selbst wenn es gerade das letzte ist was ich mir wünsche. Nur du kannst diesen toten, leeren Glanz von meinen Augen nehmen. Nur du kannst mich zum Leben rufen. Jedes Mal wenn du freundlich und sanft bist und mir Mut machst, jedes Mal wenn du zu verstehen suchst, weil du dich wirklich um mich sorgst, bekommt mein Herz Flügel - sehr kleine Flügel, sehr brüchige Schwingen, aber Flügel! Dein Gespür, dein Mitgefühl und die Kraft deines Verstandes hauchen mir Leben ein. Ich möchte, dass du das weißt. Ich möchte, dass du weißt, wie wichtig du für mich bist, wie sehr du aus mir den Menschen machen kannst, der ich wirklich bin - wenn du willst. Bitte, ich wünschte, du wolltest es. Du allein kannst die Wand niederreißen, hinter der ich zittere. Du allein kannst mir die Maske abnehmen. Du allein kannst mich aus meiner Schattenwelt, aus Angst und Unsicherheit befreien - aus meiner Einsamkeit. Übersieh mich nicht. Bitte -bitte, übergehe mich nicht! Es wird nicht leicht für dich sein. Die lang andauernde Überzeugung, wertlos zu sein, schafft dicke Mauern- je näher du mir kommst, desto blinder schlage ich zurück. Ich wehre mich gegen das, wonach ich schreie. Aber man hat mir gesagt, das Liebe stärker sei als jeder Schutzwall, und darin liegt meine Hoffnung. Bitte versuche diese Mauern einzureißen, mit sicheren Händen, aber mit zarten Händen: ein Kind ist sehr empfindsam. Wer ich bin, magst du fragen? Ich bin jemand den du sehr genau kennst. Denn ich bin Jedermann, den du triffst, jeder Mann und jede Frau die dir begegnen. Ich bin ein Mensch, wie du!!!" (Heinz Körner) |
Jörn Pfennig
Hat Dich die Liebe so verletzt So kalt, wie Du scheinst kannst Du nicht sein so hart, wie Du sprichst und so gemein so hoffnungslos wenn Du Dich jedem Gefühl widersetzt - hat Dich die Liebe denn so verletzt? Liebe, sagst Du ist nur Selbstbetrug von Liebe, sagst Du hast Du längst genug ein Teil Deiner Seele, sagst Du hat irgendwann ausgesetzt - hat Dich die Liebe denn so verletzt? Ich hab in Deinen Augen was gesehn ich weiß, Du wirst es mir nicht eingestehn ein Sehnen nach Wärme und nach Zärtlichkeit ich verlaß mich darauf und auf die Zeit! |
Was es ist
Es ist Unsinn sagt die Vernunft Es ist was es ist sagt die Liebe Es ist Unglück sagt die Berechnung Es ist nichts als Schmerz sagt die Angst Es ist aussichtslos sagt die Einsicht Es ist was es ist sagt die Liebe Es ist lächerlich sagt der Stolz Es ist leichtsinnig sagt die Vorsicht Es ist unmöglich sagt die Erfahrung Es ist was es ist sagt die Liebe Erich Fried |
Schreib noch mehr rein. Das war schön. Ausser dir, kennt hier niemand sowas glaube ich.
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mach ich gerne, unixxx (würde es auch öfter machen, aber in letzter Zeit kann ich immer weniger hier posten, ich komm auf die Seite nicht)
Ralf Rainer Reimann die tage die mir verloren schienen waren der weg den ich nicht leben konnte weil ich nur das ziel erreichen wollte |
Schauder
Schauder
Jetzt bist du da, dann bist du dort. Jetzt bist du nah, dann bist du fort. Kannst du's fassen? Und über eine Zeit gehen wir beide die Ewigkeit dahin - dorthin. Und was blieb? ... Komm, schließ die Augen und hab mich lieb! Christian Morgenstern |
Es ist Nacht
Es ist Nacht, und mein Herz kommt zu dir, hält's nicht aus, hält's nicht aus mehr bei mir. Legt sich dir auf die Brust, wie ein Stein, sinkt hinein, zu dem deinen hinein. Dort erst, dort erst kommt es zur Ruh, liegt am Grund seines ewigen Du. Christian Morgenstern |
Liebeslied
Wie soll ich meine Seele halten
Wie soll ich meine Seele halten, daß sie nicht an Deine rührt? Wie soll ich sie hinheben über dich zu andern Dingen? Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden stillen Stelle, die nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen. Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. Auf welches Instrument sind wir gespannt? Und welcher Geiger hat uns in der Hand? O süßes Lied. Rainer Maria Rilke |
Lieber ein Messer als ein Wort.Ein Messer kann stumpf sein...
Unaufhaltsam
Das eigene Wort, wer holt es zurück, das lebendige, eben noch ungesprochene Wort? Wo das Wort vorbeifliegt verdorren die Gräser, werden die Blätter gelb, fällt Schnee. Ein Vogel käme dir wieder. Nicht dein Wort, das eben noch ungesagte, in deinen Mund. Du schickst andere Worte hinterdrein, Worte mit bunten, weichen Federn. Das Wort ist schneller, das schwarze Wort. Es kommt immer an, es hört nicht auf, an- zukommen. Lieber ein Messer als ein Wort. Ein Messer kann stumpf sein. Ein Messer trifft oft am Herzen vorbei. Nicht das Wort. Am Ende ist das Wort immer am Ende das Wort Hilde Domin |
Max Frisch : Du sollst Dir kein Bildnis machen!
Es ist bemerkenswert, dass wir gerade von dem Menschen, den wir lieben, am
mindesten aussagen können, wie er sei. Wir lieben ihn einfach. Eben darin besteht ja die Liebe, das Wunderbare an der Liebe, dass sie uns in der Schwebe des Lebendigen hält, in der Bereitschaft, einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen Entfaltungen. Wir wissen, dass jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie verwandelt fühlt, wie entfaltet, und das auch dem Liebenden sich alles entfaltet, das Nächste, das lange Bekannte. Vieles sieht er wie zum ersten Male. Die Liebe befreit es aus jeglichem Bildnis. Das ist das Erregende, das Abenteuerliche, das eigentlich Spannende, dass wir mit den Menschen, die wir lieben, nicht fertig werden: weil wir sie lieben; solang wir sie lieben. Man höre bloß die Dichter, wenn sie lieben; sie tappen nach Vergleichen, als wären sie betrunken, sie greifen nach allen Dingen im All, nach Blumen und Tieren, nach Wolken, nach Sternen und Meeren. Warum? So wie das All, wie Gottes unerschöpfliche Geräumigkeit, schrankenlos, alles Möglichen voll, aller Geheimnisse voll, unfassbar ist der Mensch, den man liebt – Nur die Liebe erträgt ihn so. Warum reisen wir? Auch dies, damit wir Menschen begegnen, die nicht meinen, dass sie uns kennen ein für allemal; damit wir noch mal erfahren, was uns in diesem Leben möglich sei – Es ist ohnehin schon wenig genug. Unsere Meinung, dass wir andere kennen, ist das Ende der Liebe, jedesmal, aber Ursache und Wirkung liegen vielleicht anders, als wir anzunehmen versucht sind – nicht weil wir das andere kennen, geht unsere Liebe zu Ende, sondern umgekehrt: weil unsere Liebe zu Ende geht, weil ihre Kraft sich erschöpft hat, darum ist der Mensch fertig für uns. Er muss es sein. Wir können nicht mehr! Wir kündigen ihm die Bereitschaft auf weitere Verwandlungen einzugehen. Wir verweigern ihm den Anspruch alles Lebendigen, dass unfassbar bleibt, und zugleich sind wir verwundert und enttäuscht, dass unser Verhältnis nicht mehr lebendig sei. „Du bist nicht“, sagt der Enttäuschte oder die Enttäuschte, „wofür ich dich gehalten habe.“ Und wofür hat man sich denn gehalten? Für ein Geheimnis, das der Mensch ja immerhin ist, ein erregendes Rätsel, das auszuhalten wir müde geworden sind. Man macht sich ein Bildnis. Das ist das Lieblose, der Verrat. |
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