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Alt 11.08.2013, 16:30
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Standard Die Verpestung der Gehirne

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Schattenhafter Puppenspieler


Die islamisch-nationalistische Fethullah-Gülen-Bewegung aus der Türkei breitet sich auch in Deutschland aus -

Von NICK BRAUNS, 08. August 2013 -


Obwohl er keine offiziellen staatlichen Funktionen innehat und im US-amerikanischen Exil lebt, ist er einer der mächtigsten Akteure in der türkischen Politik: Der Imam Fethullah Gülen. Früh zum Anhänger der islamischen Nurculuk-Bewegung geworden, stieg er bald zu einem der mächtigsten Männer des Landes auf. Sein Einfluss auf die Regierungspartei AKP, auf Justiz und Polizei wächst ständig, auf bis zu sieben Millionen Anhänger schätzt man seine Gemeinde. Auch wenn sich Gülen als Förderer des Dialogs und der interreligiösen Verständigung gibt: Seine Weltanschauung ist zutiefst reaktionär. Der Journalist und Publizist Nick Brauns hat der Bewegung des Imams in der neuen Printausgabe von Hintergrund auf den Zahn gefühlt.


Den 8 000 Zuschauern der Deutsch-Türkischen Kulturolympiade bot sich ein perfekt inszeniertes Spektakel. Lieder und Gedichte auf Deutsch und Türkisch wurden ergänzt durch Choreografien mit osmanischen Kostümen, anatolischen Volkstrachten, aber bayerischen Lederhosen. Moderiert wurde das alljährlich stattfindende Großevent am 20. April 2013 in der Dortmunder Westfalenhalle von der früheren ARD-Talkmasterin Sabine Christiansen. Die Schirmherrschaft hatte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP), übernommen.(1)

Sowohl der Veranstalter der Kulturolympiade, der in Frankfurt ansässige Academy Verein für Bildungsberatung, als auch die als Medienpartner auftretende World Media Group im hessischen Offenbach, die unter anderem die Europa-Ausgabe der auflagenstärksten türkischen Tageszeitung Zaman herausgibt, gehören zur sogenannten Hizmet-Bewegung. Hizmet – das kann mit „Dienst am Menschen“ übersetzt werden – ist die Selbstbezeichnung der millionenstarken Gemeinde des pensionierten türkischen Imam Fethullah Gülen. Bei der Kulturolympiade handelt es sich um eine farbenfrohe Fassade der mächtigen islamisch-nationalistischen Gülen-Bewegung. Mit geschätzt bis zu sieben Millionen Anhängern ist die Gülen-Gemeinde (Cemaat) heute die einflussreichste islamische Strömung in der Türkei. Ihr Netzwerk umfasst darüber hinaus in über 140 Ländern mehr als 1 000 Privatschulen, Studentenwohnheime, Krankenhäuser, Medien wie die Tageszeitung Zaman und den Fernsehsender Samanyolu sowie Wirtschaftsunternehmen wie die Bank Asya.

„Faszinierender religiöser Führer“

In Deutschland ist der Name Fethullah Gülen außer unter türkischstämmigen Migranten kaum bekannt. Das US-amerikanische Nachrichtenmagazin Time setzte den Prediger dagegen im April 2013 auf seine jährliche Liste der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten. Gülens Laudator, der ehemalige Türkei-Korrespondent der New York Times, Stephen Kinzer, nannte den Imam einen der „faszinierendsten religiösen Führer“, der mit seiner „Botschaft der Toleranz Bewunderer in aller Welt“ erreiche und zum „wichtigsten Anwalt einer Modernisierung der muslimischen Welt“ geworden sei. Gleichzeitig charakterisierte Kinzer den im selbst gewählten Exil im US-Bundestaat Pennsylvania lebenden Gülen als „schattenhaften Puppenspieler“. Aufgrund seines immensen Einflusses werde Gülen in seiner türkischen Heimat, wo seine Schüler Spitzenpositionen in Regierung, Justiz und Polizei errungen haben, von ebenso vielen Menschen gefürchtet wie geliebt.(2)

Der 1938 in der ostanatolischen Stadt Erzurum geborene Fethullah Gülen schloss sich schon in seiner Jugend dem Nurculuk-Orden („nurcu“ bedeutet in etwa „Anhänger des Lichts“) des Predigers Said Nursi an, der eine islamische Widerstandsbewegung gegen den straffen Laizismus der türkischen Republik anführte. Doch den kurdischen Nationalismus seines auch als Said-i Kurdi bekannten Inspirators Nursi ersetzte Gülen zugunsten des von den faschistischen Grauen Wölfen vertretenen Traumes eines Großreiches aller Turkvölker vom Balkan bis zur chinesischen Mauer.

Als junger Mann gehörte Gülen zu den Mitbegründern des Vereines zur Bekämpfung des Kommunismus in Erzurum, eines von der CIA unterstützten Sammelbeckens für Faschisten und Nationalisten. Der Hass auf alles Linke, worunter für Gülen neben Sozialisten auch Atheisten und Darwinisten fallen, ist bis heute ein prägender Zug in seinem Denken. Gülen, der ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre als staatlich angestellter Imam im westtürkischen Izmir seine eigene Gemeinde um sich sammelte, vertritt einen ultrakonservativen sunnitischen Islam. Während er vorgibt, für eine Verwissenschaftlichung des Islam einzutreten, propagiert er in Wahrheit eine Islamisierung der Wissenschaft. „Wissenschaft und wissenschaftliche Fakten sind wahr, solange sie mit Koran und Hadith übereinstimmen“(3), lautet seine Überzeugung. Entgegen seinem Leitspruch „Ein Leben für Dialog und Toleranz“ hält Gülen beim Abfall vom islamischen Glauben die Todesstrafe für gerechtfertigt.(4)

Statt auf Moscheen und lediglich religiöse Bildung setzt Gülen auf den Bau von Schulen, in denen sich eine „goldene Generation“ moderne Wissenschaft und Bildung aneignen soll, um der Türkei in einer globalisierten Welt eine neue Rolle als islamische Vormacht zu ermöglichen. Anhänger findet Gülen damit insbesondere in der akademischen Mittelschicht in den konservativen inneranatolischen Städten. Zu finanzstarken Sponsoren seiner Bildungseinrichtungen und Medien wurde eine neu entstandene Schicht frommer Unternehmer, die von der durch die Militärjunta nach 1980 eingeleiteten autoritär-neoliberalen Politik profitiert hatten.

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