gruppenidentität&integration (1)
1- <<<Ich persönlich habe den Eindruck, dass insbesondere die Fragen um Integration der türkischen Gemeinde in Deutschland, immer mehr unter folgender Prämisse abläuft: „Gebt eure Identität als Türken auf, dann können wir über Integrative Maßnahmen reden". Das klingt nicht gerade Freundlich.>>>
-Integrative Maßnahmen gibt es an jeder Ecke und das noch vielfach umsonst. In Schulen, Kindergärten, Jugendzentren etc. wird versucht, aktive Integration zu betreiben, vollkommen unabhängig von irgendwelchen Identitäten. Der Staat gibt seit Jahrzehnten Unsummen an Geld aus, kenne kaum ein anderes Land der Welt, das so offen ist und soviel in dieser Richtung macht.
Die einzige bedeutende Gruppe, die seit Generationen diese Angebote in dem Umfang nicht annimmt und wenn ohne Erfolg, sind die türkischen Mitbürger. Sie ziehen es lieber vor, ihre Identität auf ihre Gruppe zu beschränken. Sie leben dazu sogar in eigenen Stadtvierteln großer Städte, obwohl sie sich nicht selten - auch aufgrund ihres arbeitsmäßigen Eifers - durchaus andere leisten könnten, weil sie so besser unter sich sein können und ihre Identität nicht aufgeben müssen. Abends ist dann in den Kulturvereinen oder zu Hause Keyif angesagt, dabei bleibt dann auch schön unter sich.
So wird eine Integration nicht nur behindert sondern aktiv verweigert, ein Zusammenleben mit anderen - Deutschen und den anderen Ausländern - wird teilweise als lästig empfunden und wenn nur auf formale Dinge oder auf ein "merhaba" reduziert.
Eine gemeinsame Identität mit Deutschen und den anderen Ausländern ist auch gar nicht gewünscht, weil sie u.a. nicht zu dem tradiert-sozialisiertem Lebenskonzept von Türken zusammenpasst. Denn eine gemeinsame Identität zu entwickeln, würde bedeuten, sich mit seiner Identität über den tradiert-sozialisierten Rahmen hinaus zu beschäftigen, sich einmal selbst in Frage zu stellen und dann die neue, gemeinsame Identität anzunehmen. Etwas, was Türken aufgrund ihrer Gruppen-Biographie im Vergleich zu anderen nicht gewohnt sind und es auch im Gruppen-Konzept so gar nicht angelegt ist, denn die Gruppenidentität ist vorgegeben und hat einen festen Rahmen.
Wenn jemand in ein Land geht und vorhat, auch mit den dortigen Menschen zusammenzuleben (das ist das Ziel von Integration!), dann muss er sich konsequenterweise öffnen und seine vorherige (Gruppen)-Identität überarbeiten, weil er sich nun mal eben in einer anderen Umgebung und in einer anderen Gruppe bewegt, zu der er jetzt gehört. Die integrativen Bemühungen der Mehrheitsgesellschaft (Deutsche und anderer bereits integrierter Ausländer), eine gemeinsame Identität über die eigene zu stellen, wird von Türken jedoch abgelehnt und wie oben als eigene Selbstrechtfertigung als "unfreundlich" abgestempelt. Die Integrationsbemühungen, die es schon lange vorher gibt, sind dann natürlich a priori zum Scheitern verurteilt.
Es ist in der Tat zu unterscheiden zwischen Identität und Kultur:
1. Niemand verlangt, dass ein Türke hier seine Kultur aufgeben soll. Für eine Integration ist das auch nicht notwendig. Man kann sie behalten und pflegen, solange sie in der Wahrnehmung von anderen als störend und intgerationshinderlich gesehen wird. (Für Letzteres gebe ich gern ein paar Mal beobachtetes Beispiel aus meinen Beobachtungen in der Türkei und in Deutschland: Wenn jemand aus seinem anatolischen Dorf gewohnt ist, seinen gesamten Hausmüll auf die Straße zu schmeißen, dann kommt so ein aus Heimat übernommenes gewohnheitsmäßiges Verhalten nicht unbedingt positiv wahrgenommen, zumindest nicht hier in Deutschland.) Persönlich angemerkt sei, dass mir die türkische Kultur zu weiten Teilen symphatisch ist.
2. Integration heißt (Gruppen)-Identität aufgeben und durch eine gemeinsame Neue ersetzen. Für viele Türken geht nun mal nicht mit ihrer Kultur nicht zusammen, denn Kultur und Identität sind in besonderer Weise von einander abhängig.
Alles was darauf hinausläuft, das eigene Gruppen-Selbst (an dem die eigene, persönliche Identität hängt; Stichwort Ehre) in Frage zu stellen, wird als Angriff und Bedrohung empfunden und führt letztendlich zu einem Ruckzug in die Gruppe selbst. So wie dieses Forum hier auch so ein Rückzugsgebiet darstellt, wie wenn Bozkurts in ihr Rudel zurückkehren, um ihre Wunden zu lecken, weil sie mit ihrem gruppenbedingten Lebenskonzept außerhalb der Gruppe gegen die Wand laufen. Hier kann man sich unter dem Antlitz des über allem stehenden gruppenidentitätsgebenden Alphawolfs versammeln, einem nationalistisch-militärischen Führer längst vergangener Tage, von dem alle anderen Länder der Welt mit personengebundenen Ideologien allein durch historisch-entwicklungsmäßen Abstand schon längst revisionistische Distanz genommen hätten.
Keine andere ausländische Minderheit in Deutschland offenbart so eine Verhaltensweise gepaart mit chauvinistischer Überheblichkeit, Freund-Feind-Denken und verbaler Aggressivität, sich immer ihres Gruppen-Selbsts bewusst und sich immer auf sie beziehend. Auch etwas, was man hier im Forum oft nur zu allzu deutlich wird. Deutsche und andere spüren das und gehen genau deswegen auf Distanz. Dieses Distanz-Erleben wiederum dient als innere Rechtfertigung, die eigene Gruppen aufzusuchen und sich wieder gegenseitig zu bestärken.
Das sieht dann so aus: In und mit der Gruppe versucht man sich abzugrenzen, positive Merkmale bei sich selbst und negative Merkmale außerhalb der Gruppe, für die man keine Verantwortung trägt und die man auch von der inneren Einstellung her durch eigenes Engagement auch gar nicht übernehmen will, zu identifizieren, um eben das eigene Gruppenbewusststein, von dem die eigene Identität abhängt, gegenseitig zu bestärken. Man geht dabei den Weg des geringsten Widerstands und Aufwands, jeder macht es ja und es ist allgemein akzeptiert. Diese sich daraus noch weiter verstärkende Gruppenidentität, die antiintegrativ wirkt, wird damit aber weiter zementiert. Vor dem Hintergrund der eigentlichen äußeren Herausforderung ist dieser gruppendynamische Prozess, den ich hier wahrscheinlich erstmalig anspreche, jedoch vollkommen kontraindiziert.
Das ist aber kein Problem der "Mehrheitsgesellschaft" sondern ein originäres Problem der Türken selbst, und dieses Problem gibt es qualitativ und quantitativ nur bei türkischen Mitbürgern, die sich in einer "Türkischen Gemeinde" oder wie hier in einer "Türkischen Community" organisieren müssen, etwas was andere ausländische Mitbürger gar nicht nötig haben oder die auch gar nicht auf die Idee kommen. Allein das Thema Integration von eigener Seite aus immer zu problematisieren und dann noch mit Erwartungen sowie Forderungen an die "Mehrheitsgesellschaft" zu verbinden, spricht Bände.
Ich habe mich über dieses Phänomen viel mit Türken und anderen unterhalten. Einige Essenzen gebe ich hier gern zum Besten: "Die Türken sind ein kriegerisches Volk, wir mussten und müssen uns so verhalten, um so zu überleben." "Wir sind maskuliner als andere, weil wir eine Männergesellschaft sind." "Wir sind eben doch Asiaten." oder ein mir bekannter Verhaltenstherapeut: "Alle meine türkischen Patienten sind Narzisten."
aus den diversen foren, fortsetzung folgt....
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