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Alt 17.09.2006, 16:36
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wassagenwill11 wassagenwill11 ist offline
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Standard Quelle

Ich persönlich finde es etwas mager, wenn man etwas behauptet, aber keine Quelle nennt. Dadurch bekommt die Diskussion keinen Rahmen und alles wird zum Gegacker hier
Also die umstrittene Vorlesung findet man zB hier zum Nachlesen - und sie ist nicht einfach zu lesen:
<a href="redirect.jsp?url=http://nzz.de/2006/09/15/al/newzzES4DL1NJ-12.html

Meine" target="_blank">http://nzz.de/2006/09/15/al/newzzES4DL1NJ-12.html

Meine</a> bescheidene Meinung dazu:

1. Oftmals wird argumentiert, der Papst habe nur zitiert und nicht selbst diese Aussage getroffen. Dies ist zwar richtig, gibt das Problem aber verkürzt wieder. Durch taktisch geschicktes zitieren kann man Assoziationen beim Leser hervorrufen und das Denken in Bildern in eine bestimmte Richtung steuren. Hier wird das Bild "Moslem = gewaltätige Religion" in den Köpfen der einfachen BILD-Leser in klassischer Weise weiter unterfüttert, damit diese automatische Assoziation aufrechterhalten wird.
Die Nazis hatten damals ähnlich gehandelt. Der Begriff "Jude" sollte negative Assoziazionen wecken.

2. Kern der Rede dieses römischen Geistlichen war die Frage nach der Vernunft des Glaubens. Diese Fragestelllung ist an sich ok. Aber der Begriff Vernunft wird bei dieser Rede gar nicht definiert, sondern vorausgesetzt. Er redet von einem christlich-philosophischen Vernunftbegriff. Dann aber hätte er auch in diesem Umfeld bleiben sollen und sich Fragen widmen sollen, wie etwa:
- Dreifaltigkeitslehre und ihre "vernünftige" Überzeugungskraft. Wie kann jemand Sohn sein, ohne Mutter?
- Schwangerschaftsberatung
- Kreuzzüge
- Hexenprozesse
- missionarische Kolonisation ab dem 1. Weltkrieg
- Verhalten des Vatikans im Dritten Reich

Stattdessen nimmt er eine andere Religion (Islam) als "Nebenkriegsschauplatz", fast als Ablenkungsmanöver. Fair ist das deshalb nicht, weil kein islamischer Gelehrter an dieser Vorlesung als Redner beteiligt war.
Intressant ist auch, daß der Papst ausgerechnet einen in den Augen der Katholiken orthodoxen Ketzer zitiert, und man sich fragt, warum der Papst nicht auf die Frage einging, ob es vernünftig war, daß die chritlichen Kreuzfahrer das orthodoxe Konstantinopel 2 mal zerstört und gemordet haben.

3. Wir erleben gerade eine hochexplosive Zeit, in der der Westen Angst vor diesem Glauben hat, weil viele gewaltätige Aktionen im Namen des Islams verübt werden. Wenn ein Papst hier über den Islam durch taktisches Zitieren so lichtfertig "labert", ist das schon erschreckend.
Erschreckend auch deshalb, weil das Problem Naher Osten kein rein islamisches Problem ist, sondern seine Hauptursachen in der Vergangenheit auch haben - nämlich durch den westlichen Imperialismus ab dem 1. Weltkrieg. Ohne diesen Kolonialismus, also ohne dieses Schwert, hätte by the way auch der Vatikan keinen leichten Stand gehabt, Afrikaner zu kolonisieren.
Will ma böse sein, könnte man fast Glauben, dahinter steckt Methode. Europa mit Türkei hätte eine EU mit 2 Glaubensrichtungen, welches langfristig die Macht des Vatikans schwächen würde. Der Vatikan hat also Interesse daran, seine "Monopolstellung" in Europa zu festigen und zu verteidigen. Leichte Ansätze erkennt man an den Kopftuch-Verbotsgesetzen in den CDU/CSU geführten Ländern. Die gleiche Partei regte sich aber über das Kruzifixurteil auf.

4. Richtig ist aber auch, jedenfalls nach meiner Erfahrung, daß "vernünftmäßige" Diskussionen über philosophische Grundfragen des Islams und über die Interpretation des Korans nahezu nicht möglich wird, ohne Angst zu bekommen, man wird gleich massiv kritisiert, statt in argumentativen Diskurs zu treten.