Ich bin so Frei.die Frau im Westen
			 
			 
			
		
		
		Bis ins letzte Jahrhundert war es in einem bestimmten 
Land, nennen wir es zunächst xy, legal, daß ein Mann 
seine Ehefrau verkaufte. Schließlich und endlich 
gehörte sie ja zu seinem Hausstand. Die letzte 
diesbezügliche Verkaufsurkunde stammt aus dem Jahre 
1815. Würden wir nun in dieser Urkunde den Namen eines 
gewissen Ahmad finden, der seine Frau für sagen wir 20 
Dinar an einen Herrn namens Hasan verkaufte - im Iran, 
der Türkei, Afghanistan vielleicht - wen würde es 
wundern? Es wäre ja lediglich ein Beweis für das, was 
"wir" schon lange wissen: Die Frau im Islam ist doch 
Sklavin ihres Mannes, und ihre Unterdrückung und 
Entrechtung ist ein Faktum, das "uns" durch 
Publikationen, Medienberichte usw. so oft nahegebracht 
wurde, daß es den Grad unbestreitbarer Wahrheit 
erlangt hat. Liest man aber nun im Wortlaut der 
Urkunde, daß ein gewisser Henry Cook in Surrey, 
England, seine Frau für einen Schilling an einen 
gewissen John Earl verkaufte, dann, ja - was dann? 
Dann ist man zumindest sehr erstaunt, denn die Frau im 
Westen, und das ist doch ebenso eine Tatsache, ist 
doch frei und gleichberechtigt - oder? (Und das Datum 
liegt mißlicherweise nicht einmal 200 Jahre zurück, so 
daß man es schlecht in das "finstere Mittelalter" 
verfrachten kann, in dem sowieso alles schlecht war.) 
 
Die Bilder der Frau im Islam und im Westen werden im 
öffentlichen Diskurs zu Gegenpolen überhöht, die sich 
auf den Tenor zusammenfassen lassen: Die Frau im Islam 
ist eine unter den Schleier gezwängte, unterdrückte 
und rechtlose Frau, die allenfalls bemitleidenswert 
ist und der man, wie mehr oder weniger wohlwollend 
festgestellt wird, auf die Sprünge helfen muß, damit 
sie den längst überfälligen Prozeß der Aufklärung für 
sich selber nachholt und sich von den Fesseln der 
Religion befreit. Natürlich mit dem Ziel, daß sie so 
wird wie ihre westliche Schwester: In jeder Beziehung 
frei, emanzipiert, gleichberechtigt. 
 
Das Bild der muslimischen Frau ist eingebettet in eine 
bestimmte Darstellung des Islam. Während die 
westlichen Gesellschaften den Hort der Freiheit, 
Aufklärung und des Fortschritts darstellen, verkörpert 
der Islam das genaue Gegenteil: Das entworfene 
Gegenbild eines despotischen Orients dient vor allem 
der Selbstdefinition: Wir sind genau das, was der 
Andere nicht ist. Die Diskussion des Themas "Frau" 
nimmt einen wesentlichen Platz in der bereits 
beschriebenen Feindbildfunktion ein: Da der Westen 
sich Gleichberechtigung und Freiheit der Frau auf 
seine Fahnen geschrieben hat, muß die Frau im Islam 
dementsprechend unfrei und unterdrückt sein, und es 
wird keine Gelegenheit ausgelassen, diese Unfreiheit 
und Unterdrückung zu betonen. Durch diesen Aspekt der 
Feindbildfunktion erklärt sich auch, daß gerade das 
Thema "Frau im Islam" mit solcher Inbrunst diskutiert 
wird. Die Stellung der Frau im Judentum oder 
Hinduismus hingegen wird auf einer ganz anderen Ebene 
und weitaus weniger negativ und emotionsgeladen 
thematisiert, obwohl es gerade dort einige 
Anstoßpunkte zu kontroversen Diskussionen gibt. 
 
Ein bewußt oder unbewußt verinnerlichtes Feindbild 
verhindert eine Auseinandersetzung mit der eigenen und 
auch der anderen Kultur. Fände eine solche 
Auseinandersetzung statt, würden die negativ besetzten 
Klischees in der Darstellung der Frau im Islam ebenso 
deutlich als solche hervortreten wie die positiv 
besetzten Klischees von der Frau in den westlichen 
Gesellschaften. 
 
Werfen wir zunächst einen Blick in die westliche 
Geistes- und Kulturgeschichte. Hier treffen wir auf 
Erfahrungen und Vorstellungen, die sich direkt oder 
indirekt bis heute fortsetzen und auch die derzeitige 
Situation der Frau in den westlichen Gesellschaften 
mitprägen. 
 
Gemäß kirchlichem Dogma ist schon Eva schuld an der 
Vertreibung aus dem Paradies: Die Erbsünde ist eine 
weibliche. Im fünften Jahrhundert trat das Konzil von 
Macon zusammen, um "Die Wahrheit über die Frau" zu 
finden. Ob die Frau überhaupt eine Seele besitze? Man 
kam zu dem Schluß, alle Frauen außer der Mutter von 
Jesus, Maria, besässen eine verdorbene Seele, die zu 
ewiger Verdammnis in der Hölle bestimmt sei. So 
bezeichneten denn auch die frühen Kirchenväter die 
Frauen als Teufel, die die Männer "durch die 
Himmelspforte in die Hölle" führten. Im Jahr 581 wurde 
auf einem Kirchenkonzil festgestellt, die Frau gehöre 
nicht zur menschlichen Rasse, weil sie nur erschaffen 
wurde, um dem Mann zu dienen. Und noch Thomas von 
Aquin, der "heilige Thomas", der sonst für seine 
"rationale Synthese von Glauben und Wissen" bekannt 
wurde, gab im 13. Jahrhundert das Werteverhältnis 
zwischen Mann und Frau mit 1:30 an. Die Frau stehe 
irgendwo zwischen Mann (=Mensch) und Tier. 
 
Und was kennen wir noch aus der europäischen 
Geschichte? Das Kapitel "Keuschheitsgürtel" wird heute 
als eher skurille Episode betrachtet - ohne die 
Dramatik zu berücksichtigen, die mit einer solchen 
Vorrichtung verbunden ist. Dem Hexenwahn fielen 
Hunderttausende von Frauen zum Opfer- und zwar gerade 
solche, die durch besondere Talente, Wissen oder 
einfach Intelligenz auffielen. Der Frau war, und hier 
kam das kirchliche Dogma voll zum Tragen, mit 
Mißtrauen zu begegnen. Sie verkörperte sozusagen die 
Sexualität, die die Kirche zur Sünde erklärt hatte, 
und war folglich mit dem Teufel im Bunde. 
 
Die Gesetzgebung in den europäischen Ländern folgt in 
ihrer Entwicklung weitestgehend dem römischen Recht. 
Und wie sah es da für die Frau aus? Nach römischem 
Recht war die Frau ebenso geschäftsunfähig wie Kinder 
und Geisteskranke. Das männliche Familienoberhaupt 
besaß das Recht, die Frau zu verkaufen, zu verstoßen, 
zu schlagen, oder zu töten - je nach Belieben. Ein 
Recht auf Bildung, Eigentum oder politische 
Mitbestimmung war da sicher nicht vorgesehen. Diese 
Einstellung setzte sich in die modernen Gesetzgebungen 
fort: So betrachtete das französische Zivilrecht bis 
1942 die Frau als nicht geschäftsfähig. 
 
Stichwort Bildung: Wenn wir von der Einführung einer 
"allgemeinen" Schulpflicht vom 5.- 13. Lebensjahr 
sprechen, wie sie in Deutschland 1763 erlassen wurde, 
so war dies eine Schulpflicht für Jungen. Frauen 
galten lange als "unbildbares" Geschlecht, das nicht 
zum logischen Denken fähig und der Natur verhaftet 
sei. Nur Adel und Bürgertum investierten im letzten 
Jahrhundert überhaupt in die Mädchenbildung, und hier 
auch nur in eine künstlerische und musische Erziehung, 
die dem späteren Ehemann ein unterhaltsames Leben 
bieten sollte. Ein Recht auf insbesondere höhere 
Bildung war etwas, das sich Frauen im nichtislamischen 
Teil Europas hart erkämpfen mußten. Die deutschen 
Universitäten wurden erst 1908 für Frauen geöffnet. 
Und während heute der Frauenanteil unter Studierenden 
bei etwa 40% liegt, ist die Luft in den höheren Etagen 
sehr dünn: Der Frauenanteil bei den Professoren liegt 
bei 5,5%. 
 
Stichwort Eigentum: Das Recht auf Eigentum war etwas, 
das eine Frau in Europa lange nicht für sich 
beanspruchen konnte: Nicht zuletzt deshalb, weil sie 
selbst als Eigentum des Mannes galt. In den meisten 
europäischen Gesetzgebungen wurde bis zur Mitte des 
20. Jahrhunderts das Eigentum der Frau durch eine 
Eheschließung automatisch Eigentum des Mannes. Die 
Novellierung des genannten französischen Zivilrechts 
1942 garantierte einer erwachsenen, unverheirateten 
Frau das Recht auf Vertragsabschluß, der verheirateten 
Frau blieben aber Kauf und Verkauf, Leihen, Verpfänden 
ohne Einwilligung des Mannes untersagt. 
 
Ein Recht auf politische Mitbestimmung durch ein 
Frauenwahlrecht gab es in Europa erst nach dem Ersten 
Weltkrieg. Daß Frauen noch heute in den politischen 
Schlüsselpositionen stark unterrepräsentiert sind, ist 
kein Geheimnis. 
 
Und wie sieht eine Bestandsaufnahme der Situation der 
Frauen in den westlichen Gesellschaften im 20. 
Jahrhundert aus? "Ich bin so frei"?- Wir erinnern uns, 
die westliche Frau ist im Gegensatz zu ihrer 
muslimischen Schwester frei, gleichberechtigt und 
emanzipiert. So will es zumindest das Klischee. 
 
Für viele Frauen hört die Freiheit schon abends auf. 
Gewalt gegen Frauen: Vergewaltigungen und sexuelle 
Übergriffe finden selten durch Unbekannte, sondern in 
der Regel durch Täter aus dem sozialen Nahbereich des 
Opfers statt. Nach einer Umfrage des 
Bundesfrauenministeriums haben 72% der Frauen 
Erfahrung mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz 
gemacht. Jede dritte Ehefrau wird von ihrem Mann 
geprügelt. 
 
Gibt es denn nicht einen Zusammenhang zwischen dieser 
Gewalt, dem Bild, das diese Gesellschaft sich von der 
Frau macht und den Maßstäben, nach denen diese 
Gesellschaft funktioniert? 
 
Ein Blick in die Medien genügt, um festzustellen, daß 
das Bild der Frau in einem bestimmten Ideal besteht. 
Eine Idealfrau hat jung, schlank und möglichst blond 
zu sein. Kaum eine Frau entspricht diesem Ideal, und 
doch haben die meisten es derart verinnerlicht, daß 
sie enorme Energien aufwenden, um sich ihm anzunähern. 
Keine Frauenzeitschrift kommt ohne Diäten aus - 
anscheinend eins der beliebtesten "Frauenthemen". Frau 
ist dabei, eine Diät zu machen, hat gerade eine hinter 
sich oder plant, sich einer zu unterziehen. Nicht ohne 
Folgen: Die Anzahl der Eßstörungen nimmt, besonders 
unter jungen Frauen, ständig zu. Offiziell leidet jede 
zehnte Frau unter einer Eßstörung wie Magersucht, 
Bulimie o.ä. - Wie hoch die tatsächliche Ziffer ist, 
kann man nur erahnen. 
 
Die Produktion eines Idealbildes, dem die große 
Mehrheit der Frauen nachläuft, ohne es je zu 
erreichen, ist dabei nichts anderes als ein immenses 
Geschäft. Die Industrie des Schönheitswahns boomt: 
Schönheitsoperationen unterhalten ganze Kliniken, und 
die Jahresumsätze der Kosmetikindustrie sprechen für 
sich. Die Modewelt ist ein weiterer Industriezweig, 
der ein Interesse daran hat, das "Ideal" ohne 
Hinterfragung aufrechterhalten zu sehen. Man spricht 
nicht umsonst von einem Modediktat. Frauen sind in 
erster Linie Konsumentinnen, denen man vermittelt, das 
für einen Ausdruck ihrer Individualität zu halten, was 
in den Chefetagen der Industrie als Lifestyle, in oder 
out geplant und für Millionen von Menschen auf den 
Markt geworfen wurde. Ob man dies wohl als Freiheit 
bezeichnen kann? 
 
Hat frau die allgegenwärtige Botschaft von Medien und 
Industrie aufgenommen, ist sie überzeugt: Glücklich 
und erfolgreich kann nur sein, wer diesem Ideal 
entspricht. Die Verzweiflung, die darüber eintritt, 
daß sie es nicht schafft, diesem Bild zu entsprechen, 
oder daß sich die gesamte Projektion als Trugschluß 
erwiesen hat und Glück und Erfolg sich auch dann nicht 
einstellen, wenn sie dieses Ideal erreicht hat, 
spiegelt sich nicht zuletzt in der Statistik des 
Alkohol-, Tabletten- und Drogenmißbrauchs wieder. 
 
Eine Frau in der westlichen Gesellschaft hat, je nach 
dem, inwieweit sie dem jeweils herrschenden Ideal - 
das sich im Übrigen pro Generation mindestens einmal 
ändert - entspricht einen bestimmten Marktwert. Dabei 
ist die Frau in dieser Gesellschaft vor allem eins: 
ausbeutbar. Ein erneuter Blick in die Medien zeigt: 
Die Frau wird zu Profitzwecken ausgebeutet. Egal, 
welche Ware angepriesen wird: In der Werbung gehört 
eine ganz oder halbnackte Frau dazu. Auch, wenn es 
sich um einen Schokoriegel handeln sollte, der 
angepriesen wird. Darstellungen, die Frauen zum Objekt 
degradieren, begegnet man überall. Sie vermitteln die 
Botschaft: Die Frau ist ein Objekt, das man haben, 
besitzen, "sich nehmen" kann. Gibt es denn nicht einen 
Zusammenhang zwischen dieser ständigen Reizüberflutung 
und den Übergiffen gegen Frauen? Führt nicht gerade 
die allgegenwärtige Projektion des "Idealbildes" dazu, 
daß der selbst alternde Ehemann seiner alternden 
Ehefrau ihren verfallenden Marktwert vorhält und sich 
gegebenfalls "woanders umsieht"? Der Zusammenhang 
zwischen dieser Reizüberflutung und der Erniedrigung 
und Gewalt, die Frauen entgegengebracht wird, ist zu 
offensichtlich, um übersehen zu werden. 
 
Und wie steht es mit dem Selbstwertgefühl? Wer kennt 
ihn nicht, den Satz:"Ich bin nur Hausfrau?" Die 
Arbeit, die eine Frau durch die Erziehung ihrer Kinder 
und die Sorge um ihre Familie leistet, wird 
gesellschaftlich nicht anerkannt, denn obwohl es sich 
dabei um eine Tätigkeit mit sehr vielfältigen 
Anforderungen handelt, die durchaus mit der Tätigkeit 
eines Managers verglichen werden kann, ist sie 
unbezahlt. In einer Gesellschaft, deren oberster 
Handlungsmaßstab der Profit ist, ein unvergleichliches 
Manko. So fühlen sich viele Frauen gedrängt, 
"nebenbei" außer Haus zu arbeiten- auch wenn es als 
Putzfrau in der Lebensmittelkette um die Ecke ist - um 
ein Minimum an gesellschaftlicher Achtung, einen Wert, 
zugesprochen zu bekommen. 
 
Und was erwartet die Frau in der Arbeitswelt dieser 
Gesellschaft? Frauen in verantwortlichen und 
hochdotierten Positionen sind selten zu finden. 
Frauenarbeit ist vor allem schlecht bezahlte Arbeit: 
Frauen erhalten nur 70% des männlichen 
Durchschnittslohns. Die Arbeiten, die überwiegend von 
Frauen geleistet werden, etwa am Fließband, werden als 
"leicht" bewertet und dementsprechend in 
"Leichtlohngruppen" zusammengefaßt. Arbeit light? 
Frauen in der Arbeitswelt sind letztendlich das, was 
man als "Manövriermasse des Kapitals" bezeichnet: 
Während ihre Arbeitstätigkeit in Zeiten 
wirtschaftlichen Aufschwungs und mangelnder 
Arbeitskräfte befürwortet wird und selbstverständlich 
davon ausgegangen wird, Arbeit und Familie seien 
spielend vereinbar, verweist man die Frauen in Zeiten 
wirtschaftlicher Rezession gern aus der (bezahlten) 
Arbeitswelt zurück. 
 
Kann denn nur eine durchschnittliche westliche Frau, 
die ihre besten Jahre ihrer Familie gewidmet hat, im 
Alter von ihren Kindern umsorgt ihren Lebensabend 
genießen? Die Realität spricht eine andere Sprache. 
Eine alte Frau ist unproduktiv und hat nur noch einen 
geringen Marktwert. Vereinsamung und Verarmung 
kennzeichnen das Alter: In der BRD bekommen Frauen 60% 
weniger Rente als Männer, und 4/5 der Personen über 
65, die von Sozialhilfe leben, sind weiblich. 
 
Wo liegt nun der Zusammenhang zu den Prinzipien, nach 
denen diese Gesellschaft funktioniert? Die 
Gesellschaftsordnung des Westens mit ihren Gesetzen 
und Wertvorstellungen ist menschengemacht. Es ist eine 
kleine, männliche oder männlich dominierte Elite, 
welche Gesetze vorgibt, aber auch darüber entscheidet, 
wie die Mehrheit zu denken und zu handeln hat, was in 
und was out ist. In Verbindung mit dem obersten 
Handlungsmaßstab, dem Profit, hat das fatale Folgen. 
Es bedeutet, daß das - entweder legal oder halblegal 
unter gesellschaftlicher Akzeptanz - gemacht wird, was 
Profit bringt. Das gilt für die Ausbeutung weiblicher 
Arbeitskraft in Leichtlohngruppen ebenso wie die 
gesamte Schönheitsindustrie, Leihmutterschaft, 
Prostitution, Frauenhandel aus der Dritten Welt in die 
reichen Industrieländer (inklusive Rückgaberecht) usw. 
. Dabei trifft dieses Phänomen nicht nur auf den 
Bereich "Frau", sondern auf alle Bereiche des 
gesellschaftlichen und internationalen Handelns zu: 
Handlungsmaßstab ist die Gewinnspanne. 
 
Insofern gibt es einen deutlichen Zusammenhang 
zwischen der Unterdrückung und Ausbeutung der Frau, 
der Minderheiten anderer Hautfarbe oder Ethnie sowie 
der Beherrschung von Nationen durch Nationen: Die 500 
jährige Geschichte des Imperialismus und der 
Neokolonialismus unserer Tage, der die Länder der sog. 
Dritten Welt durch seine Institutionen wie die 
Weltbank in wirtschaftlicher Abhängigkeit hält, sie 
alle haben eins gemeinsam: Sie geschehen im Namen des 
Profits einer Minderheit. Begriffe wie "Freiheit" 
werden hier lediglich dazu instrumentalisiert, diese 
Verhältnisse zu überdecken. 
 
Die feministische Bewgung ist mit dem Anspruch 
aufgebrochen, die Ungerechtigkeiten und strukturelle 
Unterdrückung, denen Frauen sich in den westlichen 
Gesellschaften ausgesetzt sehen, zu beseitigen. Ihr 
erster um die Jahrhundertwende geführter Kampf galt 
der Durchsetzung eines Rechts auf höhere Bildung und 
politische Mitbestimmung. Und was hat sie gebracht? 
Gibt es noch andere Resultate als einige wenige nach 
jahrzehntelangem Kampf erreichte Gesetzänderungen? Und 
ist nicht die Ausbeutung und Unterdrückung der Frau 
nur subtiler geworden? Haben nicht gerade die Frauen 
in der postfeministischen Ära den Komplex, unbedingt 
neben der Familie noch eine Karriere machen zu müssen 
oder sich mit dem Gefühl herumzuschlagen, aus ihrem 
Leben nichts gemacht zu haben? Auch wenn die Karriere 
darin besteht, für 610 DM im Monat putzen zu gehen? 
Was ist aus den feministischen Ansprüchen geworden? 
Ist denn nicht gerade die Besessenheit der 
restfeministischen Bewegung mit der angeblichen 
Unterdrückung der Frau im Islam ein sicherer Indikator 
dafür, daß über das Scheitern der eigenen 
Emanzipationsbestrebungen hinweggetäuscht werden soll, 
nach dem Motto: Wir müssen den anderen auf die Sprünge 
helfen, wo wir selbst versagt haben? 
 
Der ursprüngliche Ansatz des Feminismus, die 
strukturelle Unterdrückung durch ein von Männern 
gemachtes System aufzuzeigen, ist ja durchaus korrekt. 
Der Lösungsansatz aber, die Unterdrückung der Frau 
durch ein Konzept absoluter Gleichheit zu beenden, hat 
durch das "Übersehen" der Tatsache, daß Männer und 
Frauen nicht gleich sind, letzendlich nur dazu 
geführt, den Frauen die doppelte Last aufzubürden. Das 
Manko der feministischen Bewegung besteht darin, keine 
realisierbare alternative Lebensordnung präsentieren 
zu können. Sie greift letztlich mangels Alternative 
auf genau die Idee zurück, die gerade zum derzeitigen 
Zustand der westlichen Gesellschaften mit ihrer 
Unterdrückung der Frau geführt hat: der Idee der 
Freiheit. Dies wird am deutlichsten im Aspekt der 
"sexuellen Freiheit", welche die feministische 
Bewegung von Beginn an forderte. Ist es nicht gerade 
die Ausübung dieser Freiheit, die sich am meisten 
gegen die Frauen gerichtet und zu ihrer Ausbeutung und 
Erniedrigung beigetragen hat? Abtreibung, das 
Schicksal alleinerziehender Mütter, die um ihr 
Existenzminimum kämpfen müssen, sind das Ergebnis 
einer sexuellen Freiheit, die keine Verantwortung 
kennt. Der Druck auf Frauen und Mädchen, an dieser 
"Freiheit" zu partizipieren, wird zum Gegenstand 
sozialer Ausgrenzung. 
 
Ich bin so frei? Die Schwierigkeit besteht schon 
darin, den Begriff der Freiheit zu definieren. Eine 
absolute Freiheit für den Einzelnen kann es in einer 
Gesellschaft nicht geben. Aber wer setzt und definiert 
die Grenzen? Und ist es nicht so, daß derjenige, der 
die Idee der Freiheit verinnerlicht hat, meint, frei 
von Verantwortung zu sein, keine Rechenschaft ablegen 
zu müssen und vor allem Grenzen, die andere gesetzt 
haben, nicht akzeptieren zu müssen? 
 
Freiheit in den kapitalistischen westlichen 
Gesellschaften ist vor allem die Freiheit des 
Stärkeren, den - oder die - Schwächere zu unterdrücken 
und auszubeuten. Man will - ohne Rücksicht auf andere 
- "sein Leben genießen". Genuß wird dabei im 
Wesentlichen mit Konsum gleichgesetzt, der die 
Menschen in vielfältige Abhängigkeiten bringt, derer 
sie sich nicht einmal bewußt sind. Die Frau ist als 
gesellschaftlich schwächerer Part ein Opfer dieser 
Freiheit. "Ich bin so frei" heißt übersetzt in die 
Realität nichts anderes als "Ich bin so frei, mich 
ausbeuten zu lassen." 
		
		
		
		
		
		
		
	
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