Aufbau Judische Zeitung.
War ?Vater der Türken?
ein ?Sohn der Juden? ?
War Kemal Atatürk Jude ? Hingen seine Reformen mit seiner Herkunft zusammen? Ist der Jude Atatürk gerade als solcher zum Feind des türkischen Islam geworden? Wie schon früher hat auch in diesem November der Todestag von Kemal Pascha ?Atatürk?, dem Vater der modernen Türkei, zu einer Belebung der alten Diskussion über seine wahrscheinlich jüdische Abstammung geführt. Die diesjährige Debatte in der türkischen Presse um den 10. November ? am 10. 11. 1938 verstarb der Staatsgründer ? wird in der Dezember-Zeitschrift des Zentralrates der Israelitischen Kultusgemeinden von Griechenland ?Zachronoth? zusammengefaßt. Auch zu den griechischen Juden hat diese Frage Bezug, da Atatürk 1881 in Saloniki geboren wurde. Dieses einstige ?Jerusalem des Balkans? mit seiner unter den Sultanen zu zwei Dritteln jüdischen Einwohnerschaft gehört heute zu Griechenland und zählt seit der Schoah nur mehr knapp 3000 Juden.
?Zachronoth? zufolge gehörten die Eltern Kemals zur Gemeinschaft der sogenannten ?Dönmehs?, was auf Türkisch ?Glaubenswechsler? bedeutet. Es handelt sich dabei um die gerade in Saloniki stark vertretenen Anhänger des falschen Messias Schabatai Zewi aus dem 17. Jahrhundert. Dieser hatte unter anderem die äußerliche Annahme des Islam gepredigt, um den Juden im Osmanischen Reich auch die höchsten Staatsämter zugänglich zu machen. Nach schabataistischen Prophezeiungen sollte eines Tages sogar der Sultan aus ihren Reihen kommen. Fast so weit brachte es nach der jungtürkischen Revolution von 1908 deren Dönmeh-Minister Cavid (= David) Bey; immerhin jener Mann, mit dem die Zionisten vor dem Ersten Weltkrieg erfolgreich über ihre ersten Niederlassungen in Palästina verhandelt haben.
Wichtige Zeugin für die Herkunft Atatürks aus dieser Gemeinschaft ist die Sultanstochter Kenize Murad in ihren Memoiren aus der Palastzeit des damals jungen Generals Kemal Pascha. Gerade Atatürks Bemühen um säkuläre Harmonie zwischen allen drei großen monotheistischen Weltreligionen in der Türkei anstelle der alten islamischen Vorherrschaft hinge mit seinem Dönmeh-Hintergrund zusammen. Bezeichnenderweise sei die auch ? vorübergehende ? Hitler-freundliche und antisemitische Wende der Türkei 1941/42 erst nach Atatürks Tod unter seinem türkisch-nationalistischen Nachfolger Ismet Inönü möglich geworden.
Heinz Gstrein, Athen
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