Was auch immer das jetzt ist...
...verzeiht mir diesen Text - aber heute muss er endlich mal raus...
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Was ich am Liebsten tun würde?
Einwenig abhauen, flüchten, gehen.
Alles missen, vermissen, wegrennen.
Wie schön und traurig das zugleich wäre...
Du stündest jedoch da und würdest ungläubig die Uhr ansehen. Dann mein Foto, dann das Telefon, an meiner Bluse riechen,
dann wieder die Uhr ansehen.
Du würdest auf meinen Abschiedsbrief starren und Dich an den Kopf fassen.
Ein Brief:
`Ich muss fort. Fort von Dir. Fort von uns. Ich liebe Dich.`
Der Brief ist mit roter Tinte geschrieben, damit Du ihn annähernd begreifst.
Weißt Du, Du musst begreifen, es wird Zeit.
Ich bin weg, das verstehst Du dann .
Als Du es verstehst, beginnst Du, mich zu hassen.
Du fragst nicht mehr nach dem Warum, nach dem Weshalb.
Deine Sehnsucht und Dein Hass bringen Dich um den Verstand.
Du machst Dich auf, mich zu suchen, um mir Deinen Hass ins Gesicht zu spucken - mich einzufangen, mich
zurückzuzerren, mir die Augen zu öffnen, indem Du in sie hineinschaust und sie bezwingst.
Du findest mich. Allein, in einem Garten. Ich rede. Mit mir. Mit Gott.
Ich seh´ Dich an, wie ein verletztes Reh, unfähig, auch nur ein Wort herauszubringen.
Du siehst den Vorwurf in meinen Augen...
´Warum lässt du mich nicht weiteratmen?´ fragen sie.
´Du hast uns aufgegeben´, denkst Du.
´Du hast MICH aufgegeben´, denkst Du noch energischer.
´Wie wagst DU es, von LIEBE zu reden?´
Deine Gedanken schreien mich an, Scheiben zerbersten in meinem Kopf. Kristalle splittern auseinander und bohren
sich in mein Herz.
Ich sehe Dich an.
Irgendwie verständnisvoll.
Irgendwie ängstlich.
Voller Achtung.
Ich will Dir antworten...
Ich nehme Deine Hand, lege sie an mein Gesicht, schließe die Augen...tauche in unsere Geschichte ein, die sich in Dir
ausbreitet wie ein reißender Fluss, der alles niedermetzelt, das gegen Dich und mich geht. Ich sehe mich in diesem
Fluss, wie er mich ertränken will, mich gegen einen Fels schleudern will als Strafe für all meine Zweifel. Für die
Unwürdigung, Verspottung, Verachtung unserer Liebe. DEINER Liebe.
Ich öffne die Augen und frage Dich in Gedanken:
´Glaubst Du das wirklich? Glaubst Du wirklich, ich würde Deine Liebe nicht achten, unsere nicht würdigen, meine verwerfen?´
Ich küsse deine Handinnenfläche.
Du schaust mich ernst an.
Antwortest nicht.
Erstarrst.
Wartest auf etwas.
Eine Rechtfertigung? Eine, die Du nicht annehmen wirst?
´Es gibt nichts, was DAS rechtfertigen würde.´, denkst Du verbittert.
Ich seufze.
Ich küsse noch einmal Deine Hand. Sehe Deinem ernsten Blick entgegen in dem Wissen, dass gleich nichts mehr von seiner
Härte übrigbleiben wird...
Ich öffne langsam mein weißes Kleid, die meine helle Brust entblößt. Lege Deine Hand auf sie, an jene stelle, an der
mein Herz zu spüren ist...
Du kennst die Stelle sehr gut, oft bist Du auf ihr eingeschlafen, sie fühlt sich immer etwas wärmer, etwas weicher an, als
meine anderen stellen am Körper...
Du schaust noch immer ernst. Unwissend darüber, was ich Dir zeigen will. Ich schaue Dir unerbittlich in die Augen.
`Schau jetzt genau hin.`, denke ich.
Du schaust auf Deine Hand, die auf meiner Brust liegt.
Sie hebt und senkt sich zusammen mit ihr.
Ein Moment vergeht. Du fühlst etwas Heißes an Deiner Hand. Es ist so heiß, dass Du sie wegziehen willst. Doch ich halte
sie fest. Sie soll genau dort ruhen bleiben.
Du schaust auf Deine Hand.
Schweres, schleichendes Blut, das eine weiße Brust runtersickert.
Es bildet sich ein roter Fluss auf meiner Haut - bis zu meinem Bauch...
Du zitterst vor Schmerzen und siehst mich entsetzt an...
Mir fließen die Tränen über Gesicht und Leib und scheinen meine Wunde in der Brust zu salzen...
Dein Gesicht verzerrt sich schmerzerfüllt, Du willst sie wegziehen, aber du erstarrst.
Du schaust mich an, Du siehst auf Deine Hand, du siehst das ganze Blut...
Ich wimmere.
Ich sehe, wie die Härte aus Deinem Gesicht weicht, wie Du Dich diesem Schmerz ergibst, wie Du anfängst, zu begreifen.
Hilflosigkeit.
Um Dich herum wird alles so anders, so unwirklich...
Alles wird zu einem Echo Deiner Einsicht.
Deines Begreifens.
Deines Erfassens.
Du weinst.
Es ist ein Weinen, das Du nur wahrnimmst, weil Du das Salz auf Deinen Lippen schmeckst.
Es ist so natürlich, wie das Atmen der Luft.
Ich wimmere weiter.
`Verstehst Du mich..? Verstehst Du mich jetzt?`, frage ich Dich aus hoffnungsvollen Augen.
In Deinem Gesicht sehe ich Deine alte Welt untergehen.
Ich sehe, wie Dich etwas zeichnet, das Du nie wieder verlieren wirst:
MEIN Schmerz.
Mein Schmerz ist zu Deinem geworden.
Eine Last, aber auch eine Entlastung.
Nein, entgegen der Annahmen ist meiner nicht weniger geworden, nur erleiden wir ihn nun zusammen.
Es blutet genauso sehr, nur nicht mehr so einsam.
Die Wucht lässt Dich zusammenbrechen.
Du sinkst vor mir nieder.
Weinst.
Fasst meine Taille und vergräbst Dein Gesicht in
meinen Bauch...
`Ich verstehe...` weinst Du.
`Ich verstehe jetzt..`
...
Ich knie mich zu Dir nieder, küsse Dein Gesicht.
Unsere Tränen vermischen sich, unser Blut vermischt sich.
Wir verharren so, bis wir schlafen oder sterben...
Ich weiß nicht, was von beidem...
aber es ist gleich,
denn beides würde eine Ewigkeit dauern...<<
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