Einzelnen Beitrag anzeigen
  #5  
Alt 14.06.2009, 01:24
alamanciturk
 
Beiträge: n/a
Standard

So wie dir geht es so vielen... Deine Ausreisegedanken entstammen aus beruflichen Perspektiven. Da kommen auch die sozialen Perspektiven hinzu. Wie wir alle wissen sind wir in beiden Ländern unbeliebt (Türkei und Deutschland). Und trozdem können wir in beiden uns ernähren bis das der Tod kommt.
Hierzulande kannst du als Türke sogar mit einer Promotion nicht die soziale Anerkennung in deiner Freizeit und im Job bekommen, die irgendein Facharbeiter germanischer Herkunft bekommt. Es hängt natürlich auch vom Standort ab. Der einzige Standort, wo ich einigermassen Lebensraum für uns ohne psychische Überstrapazierung noch sehe, ist Berlin: aber auch nur meine subjektive Auffassung.
Es gibt sie trotzdem, die Deutschen, die ihre eigenen spiessigen, mit oder ohne Bierkonsum rumschreienden Landsmänner verachten und uns einen Eintritt in ihr Leben verschaffen. Nur die Wahlergebnisse sagen etwas anderes aus.
Wir alamancis haben es übrigens auch versäumt, uns zu organisieren. Wer vertritt schon wirklich unsere Rechte? Hassen wir uns insgeheim nicht auch selber schon?
Unsere Alamanci-Kultur ist auch ziemlich engstirnig: womit ernähren wir uns, zu wem haben wir schon welchen Kontakt, helfen wir uns gegenseitig überhaupt?
Für jeden Deutschen und in der Türkei lebenden Türken sieht es ziemlich anders aus: ich finde, für die ist so einiges selbstverständlich, wofür wir mühselig gekämpft haben und immer noch tun, und sei es nur die Sprache.
Ich meine, irgendwo passt es wirklich nicht zusammen: auf dem Pass steht, du bist in Anatolien
registriert und in der Realität wohnst du seit über 30 Jahren in Germany. Und damit kommt keine Regierung und kein Individuum weder juristisch noch politisch noch wirtschaftlich noch finanziell klar. Überall offene Fragen. Und die religiösen Fragen schon mal ganz weggestellt, darauf brauchen wir garnicht einzugehen, denn die kann noch nicht mal der Obermüfti klären (sollen Alamanci_Mädchen zum Schwimmen, was ist mit muslimisch-christlichem Heiraten, wie kann man alamanci- Tochtern helfen, die einen turban haben und als Medizienerin, Lehrerin einen Job suchen, was ist mit Schwimmen etc..)
Ich meine, noch nicht einmal unser Wochenend-Leben hat sich hier entwickelt. Und unsere Eltern hat es ganz schlimm getroffen, die haben absolut daneben geschossen: Hunderttausende von Euros in den Sand. Irgendwelche schleimenden Alamancis, die ihren Türkei-Hass manifestieren mit "Türkei ist scheisse, dankt Deutschland für die Grundrechte " zeigen uns auch keine langfristige Wegweisung. Bei Deutschen im Stammtisch geduldet werden, indem man Türkenwitzen und Türkenhass schweigend und schleimend zustimmt, wird auf die Dauer auch Misserfolg verursachen. Und durch deutsche Städte agressiv mit türkischen Flaggen während Hochzeiten und Länderspielen rumlaufen ist krank und genausowenig eine Lösung. Auch mit 3 Millionen Türken werden wir Deutschland nicht erobern können.
Am allerwenigstens ist es eine Lösung, sich als "Kanacke" zu nennen, dies zu akzeptieren.
Deutschland ist für uns gescheitert, weil wir uns hier nicht mehr selber unterstützen und auf die einfache Art nicht reinpassen. Die erste Generation hat sich unterstützt, doch die zweite Generation hat im Grossen und Ganzen keinen Kontakt mehr zueinander. Wir leben ausseinander, während der deutschdenkende, regierende Deutsche uns mit seinem gestörten Blicken verachtet. Mir kommt es jedenfalls so vor. Und diejenigen unter euch, die sich mit Deutschland identifizieren können: takmayana takarlar. Bazi olaylari kafaya takmak lazim bence. Belkide gitmek hicde enayilik degil.