Hallo zusammen,
ich selbst kenne - und jeder andere von Euch vermutlich auch - Menschen, die in interkulturellen Partnerschaften stecken, und als ich das Thema dieser Diskussion auf der Homepage gelesen habe, habe ich gedacht, ich kann hier in diesem Forum ein wenig mehr in Erfahrung bringen, woran es bei den Einen scheitert und bei den Anderen wiederum wunderbar klappt und was andere darüber denken und welche Beobachtungen sie gemacht haben... Denn es ist doch ganz einfach so, dass wir in der einen oder anderen Form früher oder später alle selbst mal persönlich mit diesem Thema konfrontiert werden, oder nicht? Entweder weil wir irgendwann in unserem Leben Verehrer oder Verehrerinnen aus anderen Kulturkreisen haben oder weil uns selbst auch mal jemand gefällt, der nicht demselben Kulturkreis angehört. Dass wir alle eine interkulturelle Erziehung genossen haben, und ebensolche Beziehungen zu Menschen aus unserem Umfeld führen in Form von Nachbarschaften, Freundschaften, der Zusammenarbeit mit Arbeitskollegen etc., bedingt sich ja allein dadurch, dass wir Ausländer in Deutschland sind, aber wie sieht´s mit "zwischenmenschlichen Beziehung der besonderen Art", also Partnerschaften, aus? Wie lange kann man das Thema umgehen oder meiden oder abtun? Ich meine, heute haben wir es noch selbst in der Hand, aber was ist mit der nächsten Generation, unseren Kindern? Mit jedem Jahrzehnt und jeder nachfolgenden Generation wird die Identifikation mit der uns umgebenden Kultur immer größer und die mit der eigenen Kultur immer geringer. Das ist mal Fakt und realistisch gesehen wird es ein jeden irgendwann treffen, wenn auch indirekt, und auch wenn wir uns heute vielleicht noch nicht mal soooo viele Gedanken darüber machen, irgendwann werden wir es vermutlich tun müssen. Es hat mich interessiert, wie andere Menschen dem gegenüber stehen und was für Beobachtungen oder gar persönliche Erfahrungen andere diesbezüglich gemacht haben. Aber ehrlich gesagt, hab ich in den Beiträgen genau die Dinge vermisst, die im Endeffekt ausschlaggebend sind, ob man sich nun dafür oder dagegen entscheidet. Ich meine, einfach nur zu sagen: man muss halt tolerant sein, dann klappt das schon alles, oder im umgekehrten Fall direkt loszuwettern: „Ich bin dagegen!“, ist mir einfach zu wenig. Geht es nicht im Endeffekt nur darum, wie zwei Menschen zueinander stehen und ob sie gewillt sind, Kompromisse einzugehen und gewisse Dinge aufzugeben, um dafür andere Dinge zu bekommen? Ich meine, jeder legt für sich selbst in seinem oder ihrem Leben Prioritäten, die zugegebenermaßen von Zeit zu Zeit variieren, und eben diese wichtigen oder weniger wichtigen Dinge sind es im Endeffekt, die den Ausschlag geben, ob wir Misch-Partnerschaften und –Ehen offen oder weniger offen gegenüberstehen. Was einem wichtig ist, da geht man nicht unbedingt gerne Kompromisse ein, egal wie verliebt man ist, oder manchmal versucht man es und merkt irgendwann, dass es so nicht hinhaut und man auf etwas Bestimmtes in seinem Leben doch nicht verzichten will oder kann. Man war sich dessen vielleicht nicht bewusst oder konnte das nicht wirklich abschätzen, ohne die Erfahrung selbst gemacht zu haben. (Nebenbei bemerkt ist es doch auffällig, dass eher türkische Frauen sich dauerhaft an nicht-türkische Männer binden als umgekehrt, findet ihr nicht? Aber das nur am Rande...)
Am Anfang ist immer alles rosarot, wird schon, klappt schon, geht schon… Aber wenn der Alltag dann da ist und die Routine eintritt - und ich rede nicht von persönlicher Erfahrung, sondern weiß es von Dritten, die in interkulturellen Partnerschaften stecken - hört man von vielen, dass „etwas fehlt“, dass es diese Menschen zum „Türkischen“ und zu „Türken“ zurückzieht. Besonders - und das finde ich interessant - die Männer, ohne dass sie es selbst mit Worten zu verstehen vermögen, was es genau ist. Ich denke, so sehr auch viele junge Menschen verächtlich über ihr eigenes Volk (Bauern, typsich türkisch, Hinterwäldler, ich bin ja sooo anders und sooo viel besser, etc…) reden, Wurzeln und Herkunft sind nicht zu unterschätzen und haben ein jeden von uns geprägt. Selbst die, die nicht „typisch türkisch“ sind, suchen Partner, die ebenfalls nicht „typisch türkisch“ sind, ABER TÜRKISCH EBEN. Also kann das doch alles gar nicht so schlecht sein, was wir Türken zu geben haben, oder? Das gilt nicht nur für uns, sondern für alle Völker dieser Welt, dass Wurzeln wichtiger sind als es uns bewusst wird im Alltag. Es wird uns eigentlich erst dann bewusst, wenn das plötzlich fehlt. Uns unterscheidet immer noch einiges insbesondere von den Deutschen, wie beispielsweise unsere Gastfreundschaft, der familiäre Zusammenhalt, eine gewisse Herzlichkeit füreinander... was weiß ich, Kleinigkeiten wie z.B. nicht getrennt zu bezahlen, zu teilen, was man hat und das Beste dem anderen zu geben, oder einfach mal jemanden besuchen zu können, ohne es eine Woche vorher ankündigen zu müssen und dann auch vielleicht noch hören zu müssen: „Oh nee Du, da kann ich nicht, da hab ich meinen Putztag.“ oder sowas. Ihr versteht, was ich meine...
Die meisten, die solche Beziehungen eingehen, gehen eigentlich mehr davon aus, dass der ANDERE sich anpasst. Ist er nicht beschnitten? Kein Problem, macht er, wenn er Dich wirklich liebt? Er oder sie versteht kein Wort von dem Lieblingslied, dass Du fünf Mal am Tag hörst? Kein Thema, er oder sie lernt ein bisschen türkisch, wenn es wirklich Liebe ist. Ist er oder sie Schweinefleisch? Wo ist das Problem, macht man dann halt nicht mehr – es ist ja Liebe und da geht man Kompromisse ein. Was ist mit Kindern? Welche Religion? Reicht, wenn es an Gott glaubt. Darf es mit den Großeltern in die Kirche sonntags? Nee, irgendwie komisch… Und dann die Sache mit der eigenen Familie und mit den Verwandten, die sonst nie für superwichtig erachtet wurden, wo es einen dann auf einmal doch traurig macht, dass der Geliebte/die Geliebte nicht so recht den Draht zu ihnen findet und man ständig übersetzen muss oder vermitteln oder sie nie mal alleine lassen kann. Aber was soll´s, jede Welt ist doch nur zwei Menschen groß, die anderen sind nicht besonders wichtig... Oder doch??? Irgendwann vielleicht schon...
Merkt ihr, worauf das hinausläuft? Der Tolerante, und der, der Misch-Beziehungen gegenüber offen ist, ist das in der Regel nur dann, wenn der ANDERE sich für ihn ändert bzw. anpasst. Paradox. Denn der, der von vorneherein sagt, ich will nur mit einer Türkin oder einem Türken zusammen sein, weil mir gewisse Dinge in meinem Leben wichtig sind und ich auf diese nicht verzichten will, soll dann engstirnig sein. Hmmm, finde ich nicht.
Drückt mir die Daumen, dass ich irgendwann die Chance bekomme, zurück in die TR zu gehen, mir ist die Türkin in mir immer noch lieber… Dazu muss man sagen, dass wir hier von zwei Sorten Mäusen reden, wenn wir die Türken hier in Deutschland mit denen in der TR vergleichen. Hier hat seit dreißig Jahren keine wirkliche Weiterentwicklung der Kultur mehr stattgefunden, seid euch dessen bewusst.
Wünsche einen angenehmen Tag noch und viel Spaß beim Sinnieren.
Gruß
Elif