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Alt 31.05.2005, 18:01
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Standard Bernhard Lewis in seinem Buch

Untergang des Morgenlandes wird geschildert, wie und warum die im Mittelalter zivilisatorisch führende islamische Welt ihre Vormachtrolle gegen den Westen und später auch gegen Ostasien verlor. Die Führungsrolle ging auf den ehemaligen Schüler, den christlichen Westen über. Wie konnte das geschehen? Was war in der islamischen Welt falsch gelaufen? Lewis macht an vielen Beispielen und historischen Zeugnissen die unterschiedlichen Denkansätze von Orient und Okzident deutlich, die beispielsweise im Westen zur experimentellen Wissenschaft und zur Emanzipation der Frauen geführt haben. Er zeigt, wie dadurch eine dynamische Bewegung ausgelöst wurde, die schließlich zur Übernahme der zivilisatorischen Führungsrolle durch den Westen führte.

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Im Orient nichts Neues

10. Dez 2003 07:56


Bernard Lewis
Foto: bertelsmann.de

Bernhard Lewis kritisiert das weitgehende Fehlen einer Ausdifferenzierung zwischen Staat und Kirche im Islam. Der Dschihad sei zwar legitim, aber nicht mit dem Terrorismus gleichsetzen.


Von Oliver Heilwagen
Vor ausverkauften Sälen zu sprechen, erleben Vertreter so genannter Orchideenwissenschaften selten. Bei Bernard Lewis ist das anders: Dem 87-Jährigen eilt der Ruf voraus, einer der weltweit besten Kenner des islamischen Kulturkreises zu sein. Als mittlerweile emeritierter Professor für «Near Eastern Studies» ab 1949 in London und seit 1974 in Princeton hat der gebürtige Brite seine Disziplin geprägt wie kaum ein zweiter. Zudem lieferte er sich mit seinem akademischen Gegenspieler Edward Said eine erbitterte, zwei Jahrzehnte dauernde Fehde, die in den Feuilletons aufmerksam verfolgt wurde.

Der jüngst verstorbene Amerikaner palästinensischer Herkunft warf Lewis vor, ein typischer Vertreter jener Haltung zu sein, die er 1979 in seiner Aufsehen erregenden Streitschrift «Orientalism» gebrandmarkt hatte. Seit dem 19. Jahrhundert habe der Westen, so Saids These, Klischees über das angebliche Wesen des «Orients», des «Islam» und der «Araber» an sich konstruiert. Sie dienten dazu, den Nahen Osten zu kolonisieren, hätten aber mit der facettenreichen Wirklichkeit wenig zu tun. Dem hielt Lewis entgegen, Said suche nur nach einem Sündenbock für den Niedergang der islamischen Welt. Der sei aber keine Erblast der Kolonialzeit, sondern von der Umma, der muslimischen Glaubensgemeinschaft, selbst verschuldet.


Keine Säkularisierung der weltlichen Sphäre

Die Argumente für seine Gegenthese fasste Lewis in seinen beiden jüngsten Publikationen «The Crisis of Islam» und «What went wrong? The Clash between Islam and Modernity in the Middle East» zusammen. Diese Bilanzen seiner jahrzehntelangen Forschungen sind unter den ebenso melodramatischen wie irreführenden Titeln «Die Wut der Arabischen Welt» und «Der Untergang des Morgenlandes» auch auf Deutsch erschienen. In der aktuellen Debatte über Ursachen des radikalislamischen Terrorismus wirkten diese Beiträge geradezu aufreizend politisch unkorrekt. Kein Wunder also, dass das Berliner Renaissance-Theater bis auf den letzten Platz besetzt war, als Lewis im Rahmen der Vortragsreihe «Berliner Lektionen» seine Auffassungen in Grundzügen vorstellte.


Edward Said: Im Dauerstreit mit Lewis
Foto: alquds.net

Im unnachahmlich gelassenen Plauderton, in dem angelsächsische Gelehrte noch über die komplexesten Themen zu reden verstehen, listete er grundlegende Differenzen zwischen dem christlich geprägten Europa und dem geistigen Kosmos der Anhänger Allahs auf. Der Islam kennt keine sprachliche Unterscheidung zwischen der Religion und der von ihr geschaffenen Zivilisation, wie sie in den Wörtern «Christentum» und «Christenheit» zum Ausdruck kommt. Auch die Trennung von Staat und Kirche ist außer in der Türkei nirgends vollzogen worden: Muslimische Machthaber rechtfertigen ihre Herrschaft stets mit dem Anspruch, die Bekehrung der Menschheit zum wahren Glauben voranzutreiben. Die Säkularisierung und Profanierung der weltlichen Sphäre fand nie statt. Islamische Kleriker genießen in allen Fragen des Daseins bis heute eine Autorität, die ihre christlichen Amtskollegen weitgehend verloren haben.