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Alt 05.04.2005, 11:23
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Standard o.T.

Meinungsfreiheit gilt in der Türkei eher für die Rassisten und Antisemiten. Pressefreiheit genießen die Bücher in der Türkei, wie „Mein Kampf“*, wie so genannte „Protokolle der Weisen von Zion“… Unterrichtsbücher in den Schulen sind sowieso deutlich rassistisch. Z.B. ein Buch vom Erziehungsministerium, „Bu Yolda“ (In dieser Richtung): „Die Welt hat nicht solcherart Ehernlosigkeit gesehen, du, aus der Steinzeit gebliebene Armenier, sag, bist du ein Mensch? Du Armenier, der schlimmer bist als Moskowiter“…

Als ich die Schule ging, lernte ich, wie schön, dass wir, Türken, die Griechen ins Meer gejagt haben. Diese Türkei, deren Geschichtsbücher nicht nur Geschichtsverfälschung, sondern auch rein rassistisch sind, (und als wäre dies nicht schlimm genug ist,) mischt sich auch in die Geschichtsbücher in Deutschland ein. (im Januar, in Brandenburg)

In der Berliner Zeitung stand, dass der türkische Botschafter Mehmet Ali Irtemcelik sagte: „Unsere Archive stehen offen“. Seine Definition war „zweifellos eine unbeschreibliche Tragödie“. (5/6 Februar 05) Als ob er von einer Naturkatastrophe spreche…natürlich nämlich, ohne Täter.

In der türkischen Presse wird lautstark erwähnt, dass die Verbrennung eines türkischen Hauses „der Pogrom von Solingen“ sei. Wenn es aber um die Judenverfolgung in Thrakien 1934 geht, oder den Angriff gegen die Griechen am 6./7. September 1955, den Massenmord an Aleviten in Kahramanmaras 1978, die Verbrennung von 34 Menschen in Sivas 1992… redet man –wenn man überhaupt davon reden würde- von „Ereignissen“. Alles sind nur „Ereignisse“! Da funktioniert „türkische Sensibilität“ nicht...

Es ist sehr Schade, dass es wie in der Türkei, auch hier in Deutschland die Verleugnung dieses Genozides, nämlich solche Beleidigung, ist erlaubt.

Wie beschreibt man eine Sache oder eine Tatsache? Und wie nennt man sie? Das hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Von dem türkischen Verhalten kann man leicht verstehen, dass es doch einen Völkermord gab. Am Anfang der Republik hat man lieber geschwiegen. Je mehr Jahre vergingen, desto frecher wurde unsere türkische Seite. Erst vernichten sie Archive, dann jubeln sie, dass man keine Unterlagen finden kann:

Der Stellvertretende Leiter des Forschungszentrums für türkisch-armenische Beziehungen von der Atatürk Universität Dr. Erol Kürkçüoglu erklärte in Reaktion zur Äußerung von Orhan Pamuk in einer Schweizer Zeitung, in der er (Pamuk) erklärte: „die Türken haben 1 Millionen Armenier und 30 tausend Kurden ermordet“ – Pamuk wolle die Armenier, Kurden und Türken gegeneinander hetzen und handle nach einer zionistischen Logik! Dr. Kürkçüoglu konstatiert, Pamuk und seinesgleichen hätten keine Belege hierzu, vielmehr hätten die Armenier nach dem ersten Weltkrieg in Ostanatolien 519 Türken ermordet. Hierzu werden 185 Massengräber und tausender von Unterlagen gefunden, die falls man wolle, für in- und ausländische Forscher im Archiv einzusehen seien.

Begriffe wie Völkermord oder Pogrom sollten nicht nach türkischer Standart bewertet werden dürfen. Denn um ethisch und politisch korrekte Begriffe zu finden, muss man über die Geschichte diskutieren dürfen. Für die Diskussionen aber braucht man Informationen. Archive, die Informationen geben könnten, sind in der Türkei meist vernichtet. Millionen von Dokumenten aus dem Osmanischen Archiv wurden, und werden vernichtet. (Ayse Hür, Radikal, 19.12.04)

Täter dürfen nicht als Sieger weiter triumphieren, sondern müssen zur Verantwortung gezogen werden.

Es gibt ein afrikanisches Sprichwort: „solange die Tiger nicht ihre eigenen Geschichten schreiben können, werden die Jäger von ihren Siege erzählen“. Ayse Günaysu ist eine Person, die aufgrund ihres Gerechtigkeitsgefühls auf die Seite der Tiger gewechselt ist. Ihre Worte zu zitieren empfinde ich bei dieser Veranstaltung als angebracht:

„Nachdem der Kampf der Ittihat Terakki des türkischen Freiheitskampfes durch den bewaffneten Kampf zugunsten der Türken ausfiel, blieben die Gebiete, auf denen der armenischer Völkermord stattfand in den Händen der Siegermächte.

Während die deutschen in der Situation waren sich ihrer Schuld zu stellen, gab es keinen Grund für die Muslime aus Anatolien sich ihrer Schuld zu stellen.

Lassen Sie uns etwas phantasieren: was wäre gewesen, wenn der türkische Freiheitskampf keinen Erfolg gehabt hätte? Was wäre gewesen, wenn das Gebiet der Schuld, die Wege der Zwangsumsiedlung in die Hände der Alliierten gefallen wären? Was wäre gewesen, wenn die Überlebenden zurückgekehrt und auf die Gräber und Schlachtfelder gezeigt hätten? Was wäre gewesen, wenn die Kinder muslimischen Familien ihre Eltern an die Hände genommen und zu Orten der Verbrechen geführt hätten? Wäre es weiterhin möglich, die türkische Unschuld zu predigen? Wäre es möglich zu sagen: Kommt und zeigt uns die Massengräber der Armenier?!

Wäre es möglich, dass die offiziellen Erklärungen der Universitäten, der Regierung und Öffentlichkeit weiterhin wie aus einer Hand schreiben: dass die am 24. April 1915 festgenommenen dichter, Intellektuellen und Minister eigentlich Personen aus dem Untergrund sind, die schutzlose türkische Frauen und Kinder gemordet haben? Oder wäre es möglich die höchstens 10-15 jährige Massengräber als Gräber türkischer Bevölkerung zu identifizieren?

Wenn es gegenwärtig der türkischen Regierung so leicht fällt die Geschichte zu verfälschen, liegt es daran, dass sie nicht wie das deutsche Reich eine Niederlage erlitten haben. Es liegt daran, dass die Täter der Ittihat Terakki bei der Gründung der türkischen Republik mitgewirkt haben, dass sie wichtig Posten in der neuen Regierung übernommen haben. Darum ist es möglich die Schuldgebiete vor neugierigen Blicken der Welt zu verstecken, darum ist es möglich die anatolische Bevölkerung vor einer tief greifenden Konfrontation zu schützen.

Es ist schon traurig, dass das ende nicht das menschliche Gewissen, sondern die Waffen bestimmen. Denn das menschliche Gewissen ist –anders als die vorgegebenen Eigenschaften von Augenfarbe und Augenbrauenfarbe –etwas das was mit Wissen gefüttert werden muss. eine Menge von Personen sind jedoch nicht bereit ihr gewissen ohne einen Stoß von Außen weiter zu entwickeln.“



Wenn man in der Türkei lieber davon nicht hören will, was dann?

Weil es zu erwarten ist, Anlass 90. Jahrestag die Diskussionen über den Völkermord an den Armeniern beginnen, schrieb Mehmet Ali Birand ** einen Artikel, dessen Titel lautete „Steht stramm, bald kommt der armenische Tsunami“…

Dieser Journalist ist heute sehr beliebt in der Türkei, sogar unter den Linken.

Der Leiter der Menschenrechtsstiftung Yavuz Önen ist für die EU-Mitgliedschaft der Türkei, aber gegen die Diskussion über den Völkermord: Er hat erklärt, dass seine Stiftung nicht zum Thema „Armenisches Problem“ arbeitet. Zudem sagte er, dass ihm die internationale Kritik zu diesem Thema nicht gefiele.

Unser hoch Intellektuell Murat Belge nimmt auch selber Position bei diesem Thema: Der Westen, die Europäer sind frech, sie dürfen uns nichts fragen über die Genozid an den Armeniern: „Er äußerte, dass „der sogenannte Völkermord an den Armeniern auf internationaler Basis ständig der Türkei vorgehalten werde, bestärke nur die Thesen der Konservativen Kräften in der Türkei. Ferner ergänzte er, dass all die Arroganz der westlichen Welt schon kennen. Die haben auch ihre Menschenrechtsproblem, sie brauchen uns nicht daherkommen und vom Völkermord an den Armeniern zu erzählen.“ (14.12.04, Radikal)

Wann und wie darf man uns, den Türken überhaupt eine Frage über die Vergangenheit fragen?

Eine typische Antwort lautet, wenn man von uns nichts fordert:

Mehmet Yilmaz, der Kolumnist, der für die als links-oppositionell geltende Zeitung Radikal schreibt, votierte dafür, Tabus zuzugeben, wenn sie politisch irrelevant geworden sind. In diesem Sinn schrieb er über den derzeit in der Türkei viel diskutierten Spielfilm „Die Perlen der Frau Salkim“:

„Niemand wird heutzutage die Türkische Republik wegen der Vergehen der Regierung von 1942 zur Rechenschaft ziehen. Deshalb spricht nichts dagegen, dass die Verfilmung des Romans „Salkim Hanimin Taneleri“ vom türkischen Staatsfernsehen TRT gesendet werden kann.“

In diesem Film ging es um die Sondervermögensteuer gegen Juden und andere Nichtmuslime. (Siehe den Rundbrief der BGW e.V. 1/2005) Zuerst setzte man eine ungerecht hohe, fast unbezahlbare Steuer fest, für die man eine Frist von 15 Tagen hatte. Wenn sie diese nicht bezahlen konnten, wurden sie in Lager verschleppt, in denen 21 Menschen (offizielle Zahl) starben, alle waren Nichtmuslime. Es war nicht Ausnahme, wenn man von den Muslime so was hört: "Wann wird man euch vertreiben, damit wir eure Wohnungen, eure Autos kriegen"…

Nach diesem Gesetz Sondervermögensteuer (11.11.1942) hat der türkische Staat Kleidung und Schuhe für die Beamten verteilt, kostenlos (13.11.1942).[1] Nichtmuslime ins Lager, dagegen bekommen Muslime Geschenk vom Staat. Trotzdem redet man immer gerne davon, dass 99% der Bevölkerung der Türkei Muslime seien. Das finde ich sehr peinlich, bedauerlich. Das Mehrheits-Sein bedeutet die Kraft und Macht gegenüber den Nichtmuslime, Nichttürke, Nichtsunniten.

"Wie glücklich, wer sagen darf, ich bin ein Türke!" Durch die kurdische Oppositionelle ist nun bekannt, dass dieser grausame Stolz in der Türkei herrscht. Wenn dieser Slogan irgendwo nicht funktioniert, wird behauptet, es habe eine Diskriminierung gegenüber den Türken. Islamisierung und Türkisierung hat meinem Herkunftsland viel geschadet, etwas Ähnliches darf nicht verbreitet werden.

Wenn die Täternachfolge glücklich mit dem Unglücklich der Opfer sind, was nun?

Nachdem ich Rede über unsere Genozid in Europa hielt, konnte ich nicht mehr zu Hause bleiben. Nun muss ich hier die Frage von einer in Deutschland geborene Türkin beantworten: „Was haben Sie denn so schlimmes getan, dass Sie gezwungen waren zu flüchten?“

Es gibt viele solche Junge Dame in Deutschland. Denn diejenigen türkischen Vertreter, die sehr darauf bedacht sind, in Deutschland und in Europa sich selbst als Minderheiten Gehör zu schaffen, versuchen Diskussionen über die Verletzung der Minderheitenrechte in der Türkei zu verhindern. Die Mehrzahl der Türken, auch im Ausland erkennt den Völkermord an den Armeniern nicht an. Es ist quasi ein Teil ihrer kulturellen Identität, das sie hierher mitgebracht haben. Die türkischen Vertreter sagen, sie lehnen es ab, wie die armenische Nationalisten die Ereignisse in den Jahren 1915-1917 als Völkermord zu bezeichnen. Mehr noch behaupten sie, dass dieses Thema in der BRD, wo 2,5 Millionen Türken leben, Spannungen verursachen könnte. Das ist nicht anders als Bedrohung.