Liest mal das ?
die grossen unbekannten
Made in Turkey
Waschmaschinen, Autos, Fernseher: Viele Deutsche kaufen Produkte von Koç – ohne es zu wissen. Der türkische Industriekonzern drängt nach Westeuropa
"ÇELIK" heißt der Spielzeugroboter, der für die Koç-Tochter Arçelik wirbt
© DZ
Wenn Bülend Özaydýnlý aus dem Fenster schaut, blickt er nach Europa. Auf einen Teil des Kontinents, der jünger wird statt älter und der wächst statt stagniert.
Der Blick von einem Hügel auf der asiatischen Seite der Stadt ist atemberaubend: Frachter und Fähren ziehen über das glitzernde Wasser des Bosporus, auf der gegenüberliegenden Seite der Meerenge, auf dem europäischen Ufer, ragen die Minarette der Hagia Sophia in den Himmel, etwas weiter rechts die Bürotürme des modernen Istanbul. Diesen Zipfel Europas beherrscht Özaydýnlý schon. Die Taxis, die sich dort hupend durch die Gassen drängeln, stammen fast alle aus seinem Imperium, ebenso die Kühlschränke und Klimaanlagen, die in den Wohnungen der Zwölf-Millionen-Stadt surren, oder die Fernseher, auf denen sich ihre Einwohner an diesem Abend das Fußballspiel Galatasaray Istanbul gegen Olympiakos Piräus anschauen werden. Das Bier dazu kaufen sich viele in einem Laden aus Özaydýnlýs Reich, mit Geld, das sie bei einer seiner Banken abgehoben haben. Özaydýnlý ist der mächtigste Manager dieses Landes, er führt die Koç Holding.
Koç (gesprochen: Kodsch) ist in der Türkei, was in Deutschland Siemens, Metro, BMW, die Commerzbank, Hapag-Lloyd und noch ein paar Fleisch- und Milchproduzenten gemeinsam wären. Rund 55000 Menschen arbeiten für Koç, mehr als dreieinhalb Prozent des türkischen Bruttosozialprodukts stammen von dieser Firmengruppe. Praktisch in jedem türkischen Haushalt findet sich ein Produkt von einer der 100 Tochterfirmen. Jeder kennt ihre Marken.
(c) DIE ZEIT 22.01.2004 Nr.5
|