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Alt 04.05.2004, 17:12
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grecos grecos ist offline
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Standard eine grosse diskussion

Bevor ich zu Makarios komme, kurz etwas zu deinen ersten Ausserungen ueber das Thema: Extremisten gibt es sowohl in der Tuerkei als auch in Griechenland. Auch das gleiche gilt fuer gr- und tr-ZYpern. Das heisst immer noch nicht dass eine Symbiose und eine Widereverinigung NICHT moeglich ist, vor allem wenn beide Voelkerteile WIRKLICH wollen. Das Referendum hat ein Ergebniss gezeigt das relativ deutlich war, allerdings mit vielen Tuecken, und wenn du genau hinguckst was im Moment in den hoeheren Kreisen der EU und der UN los ist, dann wirst du sehen, dass der Anan-Plan nicht tot ist. Ich bin mir sicher dass es ein zweites Votum geben wird, wann weiss icht nicht, aber bis Dezember koennte es durchaus etwas geben.

Und jetzt zu den den "Progromen": Makarios war nicht daran schuld. Ich weiss nicht was in der Tuerkei euch berichtet wird, ich sage dir nur wie die Sache in Wirklichkeit hat. 1963 wollte Makarios 13 Punkte von der Verfassung von 1960 aendern. Die tr-zyprioten wollten dies nicht, was auch verstaendlich war. Sowohl Makarios als auch Dr. Fazil Kuecuek waren einigermassen verhandlungsbereit, es gab aber viele kreise sowohl bei den gr- als auch bei den tr-zyprioten die radikale Loesungen wollten. Gr-und tr-zypriotische paramilitaerische Truppen haben angefangen uebereinander herzufallen, und so kam es zu den Unruhen von 1963/64. Da weollte uebrigens die Tuerkei intervenieren, wurde aber von den USA scharf angewiesen ruhig zu bleiben. Leider hat die Tuerkei beschlossen alle griechische Untertanen die in der Tuerkei lebten des Landes auszuweisen, das ist aber eine andere Geschichte, die wir ein anderes Mal besprechen werden.
Nach diesen Unruhen wurde es wieder ruhig auf der Insel, Makarios hat die 13 Punkte nicht geaendert. Es war aber eine Ruhe vor dem Sturm: beide Gemeinschaften ruesteten sich auf. Die tr-zyprioten lagen hier im Vorteil wegen der kuerzeren Entfernung zur Tuerkei, womit auch kleinere Schiffe aus Mersin ZYpern erreichen konnten (womit der Schmuggel einfacher war). Andererseits waren auch die gr-zyprioten nicht schlecht bewaffnet. Aber fuer 5 jahre gab es Ruhe auf der Insel.

Alles aenderte sich ab 1967: in AThen kam die Militaerjunta an die Macht. Die Militaers waren starke Verfechter einer Vereinigung der Insel mit Griechenland (der ENOSIS). Dafuer haben sie wieder die alte Widerstandsbewegung gegen die Englaender ins Leben gerufen, die EOKA B", nur dass dieses Mal der Gegner nicht die englische Eroberer, sondern die tr-zyprioten waren und...Makarios!! Tatsaechlich, Makarios war den Militaers absolut verhasst, und das aus zwei Gruenden: 1) er war ein Gegner der ENOSIS 2)er verfolgte eine relativ milde pro-sowjetische Politik und brachte somit AThen in verlegenheit gegenueber den NATO-Allierten Griechenlands. Nach langem Hin und Her beschlossen die Militaers in Athen Makarios zu stuerzen, durch einen Staatsstreich, im Jahre 1974. Das sollte auch ein Ablenkungsmanoever um die griechische Bevoelkerung von der explosiven Situation im Inneren griechenlands abzulenken (erst im SOmmer 1973 war die Studentenrevolte an der Technischen Hochschule in Athen blutig niedergeschlagen worden, und die Gemueter der Bevoelkerung waren heiss). Die Militaers haben dabei einen KARDINALFEHLER begangen: sie haben damit gerechnet dass die Amerikaner den Tuerken wieder eine Intervention verbieten wuerden (wie 1964) und sie haben wahrscheinlich auch nicht mit einer Reaktion der Tuerkei gerechnet. So kam es 1974 zum Staatsstreich gegen Makarios. Sampson wurde President, er war ein starker Verfechter der ENOSIS, und kurz danach landetetn tuerkische Truppen in Kerinia. Den Rest der Geschichte kennen wir, mit einer Ausnahme: ihr wisst nicht dass die Amerikaner dieses Mal den Griechen eine Intervention verboten haben. Das Ergebniss kennen wir, es ist heute in Griechenland immer noch eine grosse Frage was passieren wuerde wenn griechenland interveniert haette. Ich finde diese Frage jedoch ueberfluessig und rhetorisch: Griechenland hat nicht interveniert, Schluss.

War Makarios an all dem schuld? Nun, ja und nein. Er wollte eine Verfassung aendern, hatte aber nicht fuer genuegen Rueckhalt aus Griechenland gesorgt. Er kam staendig in Konflikt mit AThen, und dadurch war er immer allein. Dagegen war Dr. Kuecuek sich der Unterstuetzung der Tuerkei immer sicher, und das war der endgueltige Vorteil der tuerkischen Seite. Die Zypern-Frage (abgesehen von dem Traum der gr-zyprioten) hat der griechsichen Aussenpolitik etwas ganz wichtiges beigebracht: dass nur durch gemeinsamen Aktionen griechenlands und gr-zyperns die Interessen der gr-zyprioten beschuetzt werden koennen. Diese lehre haben die griechen immer noch nicht vergessen.