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Alt 29.02.2004, 23:28
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Standard Die Schätze der Weiblichkeit

In alter Zeit wurde der weibliche Körper - insbesondere die Gebärmutter, die Vagina und die Menstruation mit ihrem Blut, als heiliger Aspekt der Göttin und Frau verehrt.
Auch die weibliche Brust als Sinnbild für Nähren und Genährtwerden stand in hohem Ansehen. In manchen Traditionen, wie etwa im Taoismus und im Tantra, kommt diese Verehrung der Frau noch heute zum Ausdruck.

Wie groß die Verehrung der Frau einst war, zeigen zahlreiche Ausgrabungen von Schreinen, Reliefs und Figuren von Göttinnen mit rot bemalter Vagina, Brüsten und anderen Symbolen der Weiblichkeit.
So finden wir in Spanien, Frankreich und im Mittelmeerraum, in Osteuropa, Russland und im nahen Osten Figuren, die aus Ton und Asche geformt und gebrannt oder aus Knochen, Horn und Elfenbein geschnitzt worden waren. Die Archäologin Marija Gimbutas hat in einem umfangreichen Werk die vielen Variationen von Gefäßen, vulvischen Schalen und Kesseln, Göttinnenfiguren, weiblichen Idolen, Symbolen für Fruchtbarkeit, Blut und Geburt, aber auch weibliche Macht dargestellt. Der letzte große Fund wurde erst in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts in Catal Hüyük in der Türkei gemacht. Die Blütezeit der dortigen Kultur lag etwa zwischen 6500 und 5700 v. unserer Zeitrechnung. Besonders interessant ist, dass dort über acht Jahrhunderte hinweg anscheinend weder Kriege geführt noch Waffen hergestellt wurden. Nichts von diesen Funden deutet auf irgendeine Form von Gewalt hin.

Die Verehrung der Gebärmutterie Gebärmutter wurde in den alten Kulturen der Welt hoch verehrt und bildreich beschrieben. Sie hatte viele Gesichter und Namen.

In der chinesischen Tradition zum Beispiel hieß sie „Blutsee“, „schützender Palast“ oder „himmlischer Palast“ und wurde als eine Art selbständiges Wesen betrachtet. Sie wurde etwa mit einem wilden Tier verglichen, das sich lustvoll bewegt: Im ekstatischen Lustrausch öffnet es seinen Mund (Muttermund), um den Samen zu verschlingen. Dieser Vorgang wurde mit so unvergleichlich tiefer Lust erlebt, dass der ganze Körper bebte.

Aber auch im westlichen Teil der Welt wurde die Gebärmutter verehrt. Hier wurde sie mit dem Bauch von Mutter Erde gleichgesetzt und durch Höhlen symbolisiert. Aus diesem Grund galten bestimmte Höhlen damals als heilig und wurden von frühester Zeit an als Orte symbolischer Wiedergeburt und Schauplätze für weibliche Rituale aufgesucht.

In vorchristlicher Zeit wurde die Gebärmutter als Kessel dargestellt. So bewahrten zum Beispiel die Kelten den magischen Kessel der Wiedergeburt auf dem Meeresgrund auf. Von dort wurde er von „Bran, dem Gesegneten“ jedesmal hervorgeholt, wenn Männer während einer Schlacht umgekommen waren, um sie wieder zum Leben zu erwecken. Dieser Kessel stellte die Gebärmutter der großen Göttin dar. Die Menschen waren fest davon überzeugt, dass sie nur durch diesen Kessel wiedergeboren werden konnten. Diesem Gefäß wohnte in ihren Augen die Magie inne, sie neu erschaffen zu können.
Mit der Verbreitung des Christentums wurde den Heiden verboten, Kessel zu heiligen Kulten mitzunehmen. Aber in manchen Gegenden wurden solche Rituale im Geheimen dennoch über viele Jahrhunderte hinweg weiter durchgeführt, wie zum Beispiel in Schottland. Noch im Jahre 1791 wurde eine heilige Höhle mit einer Quelle in der Nähe des Ortes Dunksey für magische Heilbehandlungen aufgesucht. Die Menschen kamen beim Mondwechsel dorthin, um in den „Wassern der Gebärmutter“ zu baden.

Auch in der Verehrung des Brunnens kam die Bedeutung der Weiblichkeit zum Ausdruck.

Im Mittelalter stellten sich die Geistlichen jedoch gegen diese Rituale, da es sich dabei offenkundig um einen sexuellen Akt handelte, der das weibliche Prinzip feierte. Sie spürten, wie stark der Volksglaube noch immer war, was ihrem christlichen Missionierungswunsch ganz und gar nicht entsprach. Im Gegensatz zu denjenigen, die an die Kraft des „heiligen Brunnens“ glaubten und dort Fruchtbarkeit zu erlangen suchten, bezeichnete die Kirche solche Plätze als „teuflische F0tze“.

Auch heute noch steht an wichtigen Stätten, in Parks oder im Zentrum eines Ortes oft ein Brunnen, der die Gebärmutter symbolisiert. Solch ein Brunnen stellt einen Mittelpunkt dar, der dem Ort zugleich Kraft und Ruhe verleiht.

aus
Gabriele Pröll:
Meine Tage - Quelle weiblicher Kraft und Intuition