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Alt 14.06.2005, 12:00
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Standard Aufruf zum Boykott

Von: DTF [mailto:info@dtf-online.de]
Gesendet: Dienstag, 14. Juni 2005 09:46
An: info@dtf-online.de
Betreff: Presseschau



Presseschau




Nr. 105/14.06.2005




Integration:



Berliner Zeitung



Amtlicher Brief verunsichert Deutsch-Türken

Behörden fahnden nach Doppelpass-Inhabern

Ein amtliches Schreiben verunsichert derzeit zahlreiche Deutsch-Türken. Der
Brief fordert den Empfänger auf, Auskunft über die Staatsangehörigkeit zu
erteilen. Denn seit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 1.
Januar 2000 verliert automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, wer eine
zweite angenommen hat. Die Behörden schätzen, dass deutschlandweit etwa 50
000 türkischstämmige Personen davon betroffen sind und zwei Pässe besitzen.

Für den Staat ist das Problem vor allem im Hinblick auf die bevorstehenden
Bundestagswahlen von Interesse. Bis Mitte August müssen die Innenministerien
der Länder die Wählerverzeichnisse bereinigt haben. Denn wer nach 2000 einen
zweiten Pass erhalten hat und somit nicht mehr als deutscher Staatsbürger
gilt, darf nicht wählen. Wird dies dennoch getan, könnte die Wahl
angefochten werden. Der Vorsitzende der türkischen Gemeinde, Hakki Keskin,
hat bereits vor einer möglichen "Annullierung der Bundestagswahl" gewarnt,
sollte nicht endlich Klarheit darüber geschaffen werden, was die Betroffenen
erwartet, wenn sie sich freiwillig bei den Behörden melden.

Aufruf zum Boykott

Noch immer sind die Ämter auf freiwillige Angaben angewiesen. Denn die
türkischen Behörden verweigern bislang Auskunft darüber, wer sich seit 2000
wieder in die Türkei eingebürgert hat. So kam man in Nordrhein-Westfalen
bereits vor der Landtagswahl im Mai auf die Idee, mehr als 74 000
möglicherweise Betroffene anzuschreiben. 70 400 haben tatsächlich reagiert.
5,6 Prozent davon, knapp 4 000, gaben an, die türkische Staatsbürgerschaft
nach 2000 angenommen zu haben. Damit verloren sie den Rechtsstatus als
Deutsche. Wer das rückgängig machen möchte, dem kann ein neuer
Aufenthaltstitel erteilt werden. Vorausgesetzt, er meldet sich binnen sechs
Monaten, nachdem er vom Verlust seines deutschen Passes erfahren hat. So
steht es im Aufenthaltsgesetz vom 1. Januar 2005. Wer dann auf die türkische
Staatsbürgerschaft verzichtet, kann wieder eingebürgert werden. Über das
genaue Prozedere herrscht allerdings Uneinigkeit in den Ländern.

Bereits die Fristen zur Rückmeldung variieren vom 30. Juni über den 7. Juli
bis Ende August. Auch die Wiedereinbürgerung kann von "einigen Wochen" bis
hin zu "acht Jahren, nach dreijähriger Wartezeit" dauern. Harald Winkels von
der Türkischen Gemeinde Hamburg kritisiert die Unterschiede: "In den
Bundesländern herrscht ein riesiges Wirrwarr." Die Betroffenen seien
zutiefst verunsichert.

Auch der Gemeindevorsitzende Keskin nennt die Lage "rechtlich völlig
unklar". Wer eine Wiedereinbürgerung anstrebe, dem drohe der Verlust des
Aufenthaltsstatus. "Sie werden behandelt, als ob sie neu nach Deutschland
eingereist seien." Zusammen mit anderen türkischen Organisationen empfiehlt
er daher, nicht auf die Briefe zu antworten. Zudem sei es eine
Diskriminierung, dass nur Türken angeschrieben werden. Damit würden "nicht
nur alle Integrationsbemühungen zunichte gemacht, sondern auch die Wahlen
überschattet."