Grubenunglück Türkei: Wut, Hoffnung, Gebet, Beerdigung

Grubenunglück

In Soma hat sich die Zahl der Todesopfer des Grubenunglücks erhöht. Taner Yildiz korrigierte die Zahl der Todesopfer auf 282. Die Such- und Bergungsarbeiten nach den rund 120 vermissten Kumpeln werden fortgesetzt. Die genaue Zahl der Menschen, die noch unter Tage eingeschlossen sind, ist auch am heutigen Tag (15.05.) unbekannt.

Mit starken Ventilatoren versuchen Hilfskräfte seit gestern saubere Luft in die Grube zu pumpen. Unterdessen warten Familien und Angehörige der Kumpel weiterhin voller Erwartung nach Lebenszeichen vor der Grube.

Identifizierung der Leichen und Gebet

Bisher sind in Soma 102 Opfer des Grubenunglücks identifiziert worden. Bei der Autopsie der Leichen wurde der Tod durch Rauchvergiftung festgestellt. Die Identität der Kumpel wurde erst nach der Autopsie bekannt gegeben. Die Leichen werden an die Familien übergeben. Zur Aufbewahrung der Leichen sind gestern und heute insgesamt 20 Lkw-Ladungen mit Kühlsystem eingetroffen.

Für die Opfer des Grubenunglücks wurde in der Merkez Moschee von Soma gebetet. Mehmet Görmez, Vorsitzender des Präsidiums für Religionsangelegenheit, ist vor Ort und betet für die verstorbenen Menschen. Im Bezirk Manisa wurde für die Toten ein Flurstück auf dem Bezirksfriedhof abgetrennt, um dort später ein Denkmal zu errichten. Gestern Nachmittag wurden bereits drei Kumpel in Gräbern, die in einer Reihe liegen, beerdigt.

Gesundheitsminister Mehmet Müezzinoglu gab die Zahl der Verletzten, die im Krankenhaus ärztlich versorgt werden, mit 27 Personen an.

Politiker in Soma

Abdullah Gül verzichtet auf einen Staatsbesuch in China und eilt heute mit Parlamentspräsident Cemil Cicek nach Soma. Wegen Staatstrauer hat die Regierung angeordnet, Parlamentssitzungen und eine offizielle Feier für die Jugend abzusagen.

Der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei Kemal Kilicdaroglu und die Co-Vorsitzende der Partei der Demokratie des Volkes, Sabahat Tuncel, reisten gestern nach Soma. Der Vorsitzende der Nationalistischen Bewegungspartei, Devlet Bahceli, reist heute ebenfalls nach Soma. Generalstabschef Necdet Özel und der Vorsitzende des Präsidiums für Religionsangelegenheiten, Mehmet Görmez, veröffentlichten eine Kondolenzbotschaft.

Regierungschef Recep Tayyip Erdogan in der Kritik

Gestern auf einer Pressekonferenz in Soma relativierte der türkische Regierungschef Erdogan das schwere Grubenunglück. Erdogan sagte: Ein Unglück wie das in Soma gehöre zum Bergbau dazu.

„So traurig es uns auch macht, das Unglück ist in erster Linie ein Betriebsunfall, der auch in anderen Betrieben des Landes passieren kann.“

Nicht nur wegen der rücksichtslosen Ansprache des türkischen Ministerpräsidenten zum schlimmsten Grubenunglück in der Geschichte der Türkei spürt er nun den Zorn des Volkes. Sondern auch der Versäumnisse in puncto Arbeitssicherheit, die maßgeblich zum Unglück führten.

An vielen Orten der Türkei gingen Menschen auf die Straße. In Istanbul wurden die Demonstrationen mit Wasserwerfern aufgelöst. Wege zum Taksim Platz wurden mit Tränengas versperrt. Gruppen, die in gestern in den Abendstunden zum Taksim Platz gehen wollten, wurden durch die Polizei gestoppt. Auch die Demonstrationen in Ankara wurden durch Sicherheitskräfte mit Tränengas und Wasserwerfen aufgehalten. Das Grubenunglück erschüttert die Türkei auch in Städten wie Artvin, Adana, Eskisehir und Tunceli. Dort spielten sich gleiche Szenen ab.