Ausnahmezustand in der Türkei und die Folgen

Ausnahmezustand in der Türkei

Am Mittwoch (20.07.2016) ist nach dem gescheiterten Putschversuch zum ersten Mal der Nationale Sicherheitsrat unter Erdogan zusammengekommen. Im Anschluss tagte das Kabinett und beriet über Maßnahmen im Kampf gegen die Bewegung  des Predigers Fethullah Gülen. Die regierende AK-Partei macht die Bewegung des in den USA lebenden Fethullah Gülen für den Putsch verantwortlich.

Seit dem 15.07. geht die Regierung in Ankara gegen mutmaßliche Anhänger von Gülen hart vor. Zehntausende Staatsbedienstete wurden abgesetzt und über 8500 Menschen festgenommen. Von der Abgesetzung betroffen sind 7.900 Polizisten, 2.750 Richter und Staatsanwälte sowie 15.200 Lehrer. Beim türkischen Geheimdienst wurden 100 Personen entlassen, bei der Religionsbehörde DITIB traf es 492 Imame und Angestellte. Ausserdem soll 21.000 Lehrern von Privatschulen die Erlaubnis entzogen werden.

Ausnahmezustand in der Türkei und die Befugnisse

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, nach Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates, hat Erdogan den Ausnahmezustand für die Türkei verkündet. Der Ausnahmezustand gibt der Tageszeitung Hürriyet zufolge Behörden beispielsweise die Möglichkeit Ausgangssperren zu verhängen, Versammlungen zu untersagen und die Berichterstattung der Medien zu kontrollieren oder zu beschneiden. Zudem habe der Ministerrat die Möglichkeit Gesetze in Form von Dekreten zu erlassen. Hierbei entfällt die lange Prozedur der regulären Gesetzgebung. Mutmaßliche Straftäter können während der Zeit bis zu vier Tage in Untersuchungshaft gehalten werden, ohne einem Richter vorgeführt zu werden. Auch Geldkonten könne die Regierung einfrieren oder beschlagnahmen.

Der Ausnahmezustand ist im Amtsblatt (Resmi Gazete) veröffentlicht worden. Er ist um 01.00 Uhr Ortszeit am 21. Juli für 90 Tage in Kraft getreten. Das Kabinett hat gemäß Paragraf 3 des Ausnahmezustandsgesetztes 2935, des Artikels 120 der Verfassung den Ausnahmezustand verhängt.

Außenminister Steinmeier mahnt zu Rechtsstaatlichkeit

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Türkei aufgefordert, den Ausnahmezustand auf möglichst kurze Zeit zu begrenzen. Zudem mahnte er: „Bei allen Maßnahmen, die der Aufklärung des Putschversuchs dienen, müssen Rechtsstaatlichkeit, Augenmaß und Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.“

Ob die türkische Regierung den Ausnahmezustand nutzen wird, um Ausgangssperren zu verhängen, bleibt offen. Bei dem Putsch im Jahr 1980 wurde über Monate eine Ausgangssperre in der Nacht verhängt.