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Alt 09.09.2009, 09:11
damia
 
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Standard "Vor der eigenen Haustüre kehren"

"Im Juli 2005 wurde in einer Resolution des Deutschen Bundestages der Deportation der Armenier von 1915 gedacht. Man fragt sich, warum sich die Abgeordneten bemüßigt fühlten, eines historischen Ereignisses zu gedenken, das andere Nationen betrifft, anstatt vor der "eigenen Haustüre zu kehren". In der internationalen Diplomatie gilt es generell als schlechter Stil, sich in die Angelegenheiten fremder Staaten einzumischen. Es ist der Absicht geschehen, einen "Beitrag zur Versöhnung der Türken und Armenier" zu leisten und der Türkei "eine Lektion der Erinnerungskultur" zu erteilen, schreibt ein deutscher Historiker anmaßend. Doch vor genau 60 Jahren, im Jahre 1945, fand eine andere Vertreibung statt, die der Bundestag, die Vertretung des deutschen Volkes, erstaunlicher Weise völlig ignorierte: Die gewaltsame und blutige Vertreibung von Millionen Deutschen aus ihrer angestammten Heimat in den ehemaligen deutschten Ostgebieten.

Wäre es nicht naheliegender und angemessener gewesen, in eigener Sache eine Bundestagsresolution zu verkünden und der Deportation von 15 Millionen Landsleute zu gedenken, um auf diese Weise den Nachbarländern Tschechien und Polen eine Lektion in Erinnerungskultur" zu erteilen, die beide die Vertreibung der Deutschen bis heute weder historisch noch moralisch aufgearbeitet haben? Warum dies unterlassen und stattdessen an die Armenier-Deportation erinnert wurde, darüber kann man nur spekulieren. In der Tat hätte es dem deutschen Bundestag besser angestanden, der Vertreibung der eigenen Landsleute zu gedenken, anstatt in geheuchelter Empörung eine Resolution zu einem 90 Jahre zurückliegenden historischen Ereignis in einem anderen Land zu verfassen. Es ist reiflich naiv anzunehmen, dass eine solche Einmischung in die inneren Angelegenheiten einer souveränen Nation diese zum Umdenken in einer hochemotionalisierten, strittigen Frage bewegen könnte. Der Wille zur Aufarbeitung eines tabuisierten historischen Kapitels kann nicht von außen aufgezwungen werden, sondern muß sich von "innen" aus eigener Überzeugung entwickeln.
Es wirkt kontraproduktiv und ist kein Zeichen politischer Klugheit, einer anderen Nation Lektionen im Umgang mit ihrer Geschichte erteilen zu wollen, zumal dann, wenn man als deutscher Bundestag eine Nation vertritt, die sich selber mit der Aufarbeitung dunkler Kapitel der eigenen Geschichte sehr schwer getan hat.
(...) "