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Alt 30.10.2012, 13:08
xAurumx
 
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Goldenes Zeitalter (altgriechisch χρύσεον γένος chrýseon génos ‚Goldenes Geschlecht‘, lateinisch aurea aetas oder aurea saecula ‚Goldenes Zeitalter‘) ist ein Begriff aus der antiken Mythologie. Er bezeichnet die als Idealzustand betrachtete friedliche Urphase der Menschheitsgeschichte, die durch die entstehende Zivilisation beendet wurde.

Dem griechischen – später von den Römern übernommenen – Mythos zufolge waren die sozialen Verhältnisse damals ideal und die Menschen hervorragend in ihre natürliche Umwelt eingebettet. Kriege, Verbrechen und Laster waren unbekannt, die bescheidenen Lebensbedürfnisse wurden von der Natur erfüllt. Im Verlauf der folgenden Zeitalter (Silbernes, dann Ehernes [d.h. Bronzenes], sodann Zeitalter der Heroen) trat jedoch ein moralischer Verfall bis hin zum heutigen Eisernen Zeitalter ein, Macht- und Besitzgier wurden immer stärker, und die Lebensbedingungen verschlechterten sich drastisch. In der Gegenwart (der Lebenszeit des Mythenerzählers) ist diese negative Entwicklung extrem geworden. Manche römische Autoren verkündeten aber den Anbruch einer neuen Epoche des Friedens und der Eintracht als Erneuerung des Goldenen Zeitalters.

In mancher Hinsicht andersartige, aber in wichtigen Aspekten vergleichbare Ideen waren im Altertum auch im Nahen und Mittleren Osten verbreitet. Aus den verschiedenen überlieferten Versionen lassen sich die Grundzüge eines Urmythos asiatischen Ursprungs rekonstruieren. Zumindest hinsichtlich einzelner Motive unterscheidet sich dieser Urmythos nicht von der europäischen Tradition, zu der auch der biblische Paradies-Mythos (Garten Eden) und die Vertreibung aus dem Paradies (Sündenfall) gehören.

In der Neuzeit wandten sich zahlreiche Schriftsteller und Dichter diesem Thema zu. Den antiken Vorbildern folgend idealisierten sie oft das Goldene Zeitalter und sehnten seine Rückkehr herbei. Bei manchen Autoren trat zu den traditionellen Merkmalen der mythischen Urzeit ein neues Motiv hinzu, nämlich das Ideal erotischer Unbefangenheit und Freizügigkeit. Kritiker bewerteten jedoch dieses angestrebte einfache Leben im Einklang mit der Natur als statisch und fortschritts- und kulturfeindlich.

In übertragenem Sinn wird der Begriff „Goldenes Zeitalter“ für eine Blütezeit verwendet. Gemeint ist oft eine Epoche höchster Entfaltung einer Kultur oder eine Glanzzeit einer bestimmten Form des Kulturschaffens. Zusätzlich oder alternativ kann es sich auch um eine Periode wirtschaftlicher Prosperität oder politischer Vormachtstellung handeln.


Hesiod [Bearbeiten]
Der erste europäische Autor, der den Mythos erzählt, ist der Dichter Hesiod (spätes 8. oder frühes 7. Jahrhundert v. Chr.). Er spricht aber nicht von einem Goldenen Zeitalter, sondern nur von einem „goldenen Geschlecht“, einer Menschengattung, die in ferner Vergangenheit lebte. In seinem Lehrepos Werke und Tage schildert Hesiod die Zeit des goldenen Geschlechts, das die unsterblichen Götter geschaffen hatten. Damals herrschte im Himmel der Gott Kronos, der Vater des Zeus. Die Menschen lebten sorglos wie Götter in ungestörtem Frieden, frei von Kummer, Plagen und Jammer, hüteten ihre großen Viehherden und genossen ihre üppigen Mahlzeiten. Ein Hauptmerkmal jener Zeit war, dass die Erde von sich aus die benötigte Nahrung reichlich hervorbrachte. Daher war anstrengende Landarbeit unnötig. Die Menschen waren mit den Göttern befreundet und kannten kein Unheil. Ihre Körper alterten nicht, ihr Tod war ein Einschlafen. Später wurden sie von Zeus in wohlwollende Geister verwandelt, die in den folgenden Zeitaltern die Sterblichen behüteten und beschenkten. Diese Aufgabe nehmen sie weiterhin wahr.[1]

Als das goldene Geschlecht ausgestorben war, folgte nach Hesiods Darstellung das „viel geringere“ silberne, das dem goldenen körperlich und geistig weit unterlegen war. Es handelte sich um eine von den Göttern neu geschaffene Menschengattung, der es an Vernunft und Maß fehlte und die bereits dem Leid unterworfen war. Nach relativ kurzer Zeit ging dieses Geschlecht zugrunde. Im nächsten Zeitalter, in dem wiederum eine andere Menschenart lebte, trat weiterer Niedergang ein. Es folgte die Ära der Heroen. In der fünften und letzten Epoche, der des eisernen Geschlechts, haben sich sowohl der Charakter der Menschen als auch ihre Lebensverhältnisse drastisch verschlechtert. Die Gegenwart bildet den Tiefpunkt der bisherigen Entwicklung. Für die Zukunft ist noch Schlimmeres zu erwarten. Schließlich wird Zeus die Menschheit vernichten.[2]

Orphik [Bearbeiten]
Die Orphiker waren eine aus Thrakien stammende religiöse Bewegung, die sich ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. im griechischen Sprachraum ausbreitete. Sie vertraten ähnliche Vorstellungen wie Hesiod. Auch sie benannten die Geschlechter (Menschengattungen) nach Metallen. Ihre Weltalterlehre setzt die chronologische Struktur des von Hesiod erzählten Mythos voraus, doch betonten sie nicht die zeitliche Aufeinanderfolge der Menschengeschlechter, sondern deren unterschiedliche charakterliche Qualität. Ihr Anliegen war eine Einteilung der Menschheit in drei Klassen nach dem Kriterium der Tugendhaftigkeit. Unklar ist, ob sie von Hesiods Darstellung ausgingen oder unabhängig von ihm – vielleicht durch direkten Rückgriff auf eine orientalische Überlieferung – zu ihrer Kenntnis des Metallmythos gelangten.[3]

Bei den Orphikern waren unterschiedliche Versionen des Mythos verbreitet. Nach einer Variante regierte wie bei Hesiod zuerst Kronos, nach einer anderen war der Herrscher zur Zeit des goldenen Geschlechts der Gott Phanes und die Epoche des Kronos war die anschließende Zeit des silbernen Geschlechts; dann kam Zeus an die Macht und schuf das dritte Geschlecht, das der Titanen.[4] Die Orphiker teilten Hesiods Ansicht, wonach in ältesten Zeiten eine konsequente Friedfertigkeit geherrscht hatte. Platon berichtet, dass bei ihnen Fleischnahrung und Tieropfer verpönt waren, da sie jedes Blutvergießen für unfromm hielten, und dass die Überzeugung verbreitet war, die gewaltlose „orphische“ Lebensweise sei einst allgemein praktiziert worden.[5]

Empedokles [Bearbeiten]
Im 5. Jahrhundert v. Chr. verkündete der Philosoph Empedokles, ein Vorsokratiker, einen kosmologischen und kulturhistorischen Mythos, der Übereinstimmungen mit dem Weltaltermythos Hesiods und der Orphiker aufweist. Wie Hesiod vertrat er die Idee einer ursprünglichen Friedfertigkeit, Unschuld und Eintracht in der gesamten Natur einschließlich der menschlichen Gesellschaft. Auf ein ideales Zeitalter folgte eine Periode zunehmenden Verfalls, die zu den gegenwärtigen Verhältnissen geführt hat. Die Verschlimmerung wird sich zwangsläufig weiter fortsetzen und schließlich zu einem Zustand maximaler Zwietracht führen. Dann muss ein Umschwung einsetzen, der eine Entwicklung in die Gegenrichtung einleitet. Es handelt sich um einen Kreislauf, der mit der Wiederherstellung des ursprünglichen Idealzustands enden wird. Der zyklische Wandel manifestiert sich sowohl kosmisch-naturgeschichtlich als auch kulturgeschichtlich. Als Triebkraft der zyklischen Entwicklung betrachtet Empedokles die Auseinandersetzung zweier abwechselnd dominierender Urkräfte, die er „Liebe“ und „Streit“ nennt.[6]

Ein Unterschied zwischen dem Modell des Empedokles und dem Weltaltermythos Hesiods und der Orphiker besteht darin, dass bei Empedokles nicht von verschiedenen nacheinander auftretenden Menschengeschlechtern und ihnen zugeordneten Metallen die Rede ist. Empedokles unterscheidet in der Geschichte des Universums vier Phasen: die Periode der Vorherrschaft der Liebe, die Periode der zunehmenden Macht des Streits, die Periode der Vorherrschaft des Streits und die Periode der zunehmenden Macht der Liebe. Seine eigene Epoche ordnet er der zweiten Phase zu, in welcher die trennende und die vereinende Kraft miteinander ringen und der Streit die Oberhand gewinnt. In der Zeit, in der die Liebe dominiert, regiert nicht wie bei Hesiod Kronos, sondern die Liebesgöttin Kypris (Aphrodite). Die Überlieferung, der zufolge Kronos in dieser Phase herrscht, lehnt Empedokles ausdrücklich ab.[7]